Beyond the Face
Kletterstars werden oft nur anhand ihrer Siege in Erinnerung behalten. Ein neues Buch von Heiko Wilhelm stellt jetzt die Persönlichkeiten hinter den Erfolgen vor.
Lynn Hill und die Nose im Yosemite-Valley, David Lama und der Cerro Torre, Jakob Schubert und der WM-Sieg in Paris 2012 – allzu oft werden die Stars der Kletterszene an ihren begangenen Routen und an den Graden gemessen. Doch welche vielseitigen Persönlichkeiten stecken hinter diesen Erfolgen?
Das Buch Beyond The Face von Heiko Wilhelm liefert Antworten. Besser gesagt, 39 Kletter und Kletterinnen tun es in ausführlichen Interviews. Deshalb haben wir nun Heiko Wilhelm ein paar Fragen gestellt.
Bergwelten: Was erzählen uns deine Porträts?
Heiko Wilhelm: Mit Hilfe der Interviews möchte ich die unterschiedlichen Persönlichkeiten im Kletterzirkus beschreiben und so vor allem die Menschen mit ihren Stärken und Schwächen in den Mittelpunkt stellen. Bislang erinnert man sich in Bezug auf die Athletinnen und Athleten vor allem an ihre Leistungen.
Mich interessieren aber mehr die Motivation fürs Klettern, der persönliche Werdegang und die bunte Einstellung zum (Kletter-)Leben. Daher habe ich auch den Titel Beyond The Face gewählt.
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Wieso treten gerade diese 39 Persönlichkeiten für dich aus der großen Zahl der Wettkampfkletterer hervor?
Dies war mitunter die schwierigste Entscheidung während des ganzen Buchprojektes! Die zentrale Fragestellung war hier: Welche Athleten haben in den letzten 30 Jahren den Klettersport signifikant geprägt?
Dabei war es mir wichtig, den Sport aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Nicht nur die Athleten und Athletinnen mit den meisten Titeln sollten porträtiert werden, sondern auch jene, die schon sehr lange dabei sind, sehr jung sind oder solche, die nur sehr wenig Wettkämpfe an künstlichen Wänden klettern, aber beispielsweise am Fels sehr erfolgreich sind.
Und natürlich auch internationale Stars wie David Lama, die dem Wettkampf den Rücken gekehrt haben und nun erfolgreiche Alpinisten sind. Selbstverständlich spielten auch persönliche Kontakte eine große Rolle. Dadurch habe ich mir erhofft, dass die Interviews an Tiefe gewinnen können.
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Ist dir das gelungen? Oder andersrum gefragt: Hast du auch Absagen bekommen?
Ich war erstaunt, wie offen die Protagonistinnen und Protagonisten unserem Projekt gegenüber waren. Da es im Moment nichts Vergleichbares in Buchform gibt, wollten alle gerne die eigenen Erfahrungen wiedergeben – positive wie negative.
Hast du als Insider selbst auch neue Seiten an deinen Interviewpartnern während der Gespräche kennenglernt?
Auf jeden Fall! Die beiden russischen Kletterer haben mich persönlich zum Beispiel sehr überrascht. Wirken sie bei den Wettkämpfen doch immer sehr zurückhaltend, so haben sie sich in den Gesprächen sehr offen präsentiert. Dimitry Sharafutdinov hat erzählt, dass er vor jedem Wettkampf in die Kirche geht, bei Rustam Gelmanov überzeugt ihr euch mit dem Buch am besten selbst von seiner Offenheit (schmunzelt).
Klettern ist Leidenschaft wie Obsession zugleich - vor allem, wenn man im Wettkampf drinnen steckt. Und es ist sehr schwer, von dieser Obsession wieder wegzukommen. Darin sind sie sich einig. Zuerst ist es Passion, dann kommt zu der Leidenschaft die vollkommene Besessenheit dazu Jerry Moffat sagte einmal: „I was a prisoner of climbing.“ (dt.: „Ich war ein Gefangener des Kletterns").
Siehst du dein Buch als eine Art Fortsetzung von Heinz Zaks „Rock Stars“?
In gewisser Weise hat mich Heinz Zak inspiriert. Ich werde ihm noch ein Exemplar schicken (lacht)!
Im Vorwort des Buches steht, du willst die flüchtigen Momente einfangen. Was sind denn solche deiner Lieblingsmomente?
Eigentlich gibt es viele. Das sind die Momente, die auf der persönlichen Ebene stattgefunden haben: Als Athleten und Athletinnnen aus meinem Team den Weltmeistertitel geholt haben. Auch die Niederlagen sind immer solche Momente, die mich sehr stark berühren. Für mich ist dies alles mein Lebensinhalt!
Wen hättest du gerne porträtiert, hast es aber nicht geschafft?
Tomàs Mrazek, weil er exzentrisch-interessant und zudem ein geheimnisvoller und extrem erfolgreicher Kletterer ist. Vielleicht bekommt er ja in der Fortsetzung seinen Platz.
Wie lange hast du am Buch gearbeitet und wer hat dich unterstützt?
Von der Idee bis zum fertigen Buch haben wir circa drei Jahre lang gearbeitet. Unterstützt haben mich Thomas Schrott, Tim Hatch, Elias Holzknecht, Ben Lepesant und Stewart Watson.
Info: Heiko Wilhelm ist seit 2007 Coach des Österreichischen Kletternationalteams. Mit seiner Kamera hält er die vielen Gesichter und Emotionen im Kletterzirkus fest.
Das Buch „Beyond the Face“ kann man um EUR 39,00 zum Beispiel hier kaufen.