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Klettersteige

Klettersteig-Basics: 11 Fragen, 11 Antworten

• 29. April 2024
5 Min. Lesezeit

Was müssen Klettersteig-Anfänger wissen, bevor es losgeht? Wir geben elf Antworten auf die wichtigsten elf Fragen.

Seilbrücke des Peter-Kofler-Steigs in Tirol
Foto: Elias Holzknecht
Seilbrücke des Peter-Kofler-Steigs in Tirol
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Text: Uwe Grinzinger und Klaus Haselböck

1. Ein Klettersteig – was ist das genau?

Klettersteige sind für ambitionierte Wanderer gedacht, die die Vertikale erleben möchten. Moderne Steige haben immer eine durchgehende Sicherung in Form eines Drahtseils, außerdem erleichtern Trittstifte, Eisenbügel oder Leitern das Klettern doch erheblich. Auf diese Weise kommt man auch ohne jahrelanges Training durch senkrechte oder sogar überhängende Felswände, balanciert über ausgesetzte Grate oder turnt durch tosende Klammen. Ein bequemer Weg ist ein Klettersteig trotzdem nicht.

Klettersteigsicherung
Foto: Andreas Jakwerth
Die Sicherung erfolgt über ein durchgehendes Stahlseil

2. Wie fit muss ich sein?

Das hängt sehr von der Schwierigkeit und Länge des Klettersteigs ab: Für Anfänger-Steige (bis Schwierigkeitsgrad B/C) reichen durchschnittliche Kraft und Ausdauer. Man muss kein Muskelpaket oder Marathonläufer sein, um diese gut zu bewältigen. Bei anspruchsvollen Routen (ab Schwierigkeitsgrad D) ist mehr Kraft, aber vor allem eine ausgefeilte Technik entscheidend. Schwindelfreiheit, Trittsicherheit und Beweglichkeit sind jedoch auf allen Steigen wichtig.

3. Wo finde ich geeignete Klettersteige?

Auf bergwelten.com/klettersteige und in spezialisierten Klettersteig-Führern. Bevor es losgeht, ist es wichtig zu wissen, wo Zu- und Abstieg verlaufen, wie lange die Bewältigung der gesamten Tour dauert und welche Schwierigkeiten am Klettersteig zu erwarten sind.

4. Gibt es Klettersteigkurse?

Alpine Vereine und Alpinschulen bieten spezielle Ausbildungen an. Schnuppertage kosten rund 70 Euro, Grundkurse etwa 150 bis 300 Euro (zwei Tage) bzw. ca. 750 Euro (eine Woche). Hier wird die richtige Ausrüstung vorgestellt und das selbständige Gehen von Klettersteigen in einem sicheren Rahmen trainiert. Für Einsteiger ist das Bergwelten-Klettersteig-Camp in Ramsau am Dachstein ideal, bei dem genau diese Grundlagen vermittelt werden. Das Camp findet vom 30. August bis zum 01. September 2024 statt (Anmeldeschluss ist am 16. August).

5. Wie kann ich die Schwierigkeit von Steigen richtig einschätzen?

Die Anforderungen an das Kletterkönnen werden auf Klettersteigen in Österreich und zum Teil auch in Deutschland mit Buchstaben von A bis F beurteilt. In der Schweiz wird die Hüsler-Skala mit den Kategorien K1 bis K6 verwendet. Am besten beginnt man mit kurzen, einfachen Klettersteigen, die in Talnähe liegen und auch einen kurzen Zustieg haben. Vom Schwierigkeitsgrad her sollten sie zwischen A (leicht) und C (schwierig) liegen. Zum Start sind spezielle Übungsklettersteige (z. B. bei der Gaudeamushütte am Wilden Kaiser) empfehlenswert, bei denen man die Sicherungstechnik ohne Absturzgefahr üben kann. Später tastet man sich langsam zu schwierigeren Steigen vor. So entwickelt man ein Gefühl für das eigene Können und die Bewertung von Klettersteigen.

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Das Klettersteig-Alphabet

A - Leicht

Einfache, gesicherte Steige. Meist nicht sehr steiles Gelände mit guten Griffen und Tritten. Einzelne Stellen ausgesetzt (soll heißen: mit viel Luft unter den Sohlen), aber einfach zu begehen (etwa ein waagrechtes Felsband in einer Wand). Für Einsteigerinnen und Einsteiger sowie Kinder/Jugendliche sehr gut geeignet.

B - Mäßig schwierig

Steileres Gelände, teilweise ausgesetzt oder nur mit kleinen Tritten. Senkrechte längere Leitern, Klammern oder Trittstifte möglich. Manche Passagen kraftraubend. Für Einsteigerinnen und Einsteiger sowie Kinder/Jugendliche meist noch gut geeignet.

C - Schwierig

Steiles bis sehr steiles Felsgelände. Großeils kleine Tritte, die oft sehr weit auseinanderliegen und für kleinere Personen schwer erreichbar sein können. Senkrechte bis überhängende Leitern, Klammern und Trittstifte. Fast immer ausgesetzt. Oft nur Stahlseil ohne künstliche Tritte. Stellenweise sehr kraftraubend. Für Einsteigerinnen und Einsteiger sowie Kinder/ Jugendliche nur noch bedingt geeignet.

D - Sehr schwierig

Längeres senkrechtes, oft auch überhängendes Felsgelände. Meist sehr ausgesetzt, oft keine Tritte, sondern nur mit einem Stahlseil gesichert. Hohe Anforderungen an Klettertechnik, Armkraft und Psyche. Klettererfahrung von Vorteil. Für Einsteigerinnen und Einsteiger sowie Kinder/Jugendliche nicht mehr geeignet.

E - Extrem schwierig

Wie D, nur ist das Felsgelände großteils überhängend und die Tritte nur sehr spärlich vorhanden. Die Anforderungen an die Armkraft, die Technik und den Mut sind noch höher. Nur für erfahrene Klettersteig-Profis.

F - Extrem plus

Die ultimative Leistungsgrenze im KIettersteiggehen. Neben maximaler Rohkraft und hoher psychischer Stärke ist auch eine ausgefeilte Bewegungstechnik notwendig, wie sie nur durch viel Erfahrung in schwierigen Sportkletterrouten erreicht werden kann. Für sehr kräftige Felskletterer jenseits des Schwierigkeitsgrades VII.

6. Was berücksichtige ich bei der Planung?

Bei der Auswahl eines Klettersteigs muss der Gesamtanspruch einer Tour mitbedacht werden. Denn nicht nur die Schwierigkeit und Länge des Steigs, auch Zu- und Abstieg sollten zum eigenen Können passen. Bei der Zeitplanung ist die Wetterentwicklung – vor allem eine mögliche Gewittergefahr – ebenso ein wichtiger Faktor.

7. Welche Ausrüstung brauche ich?

Standard-Equipment für jeden Klettersteig ist ein Klettergurt, ein modernes Klettersteigset (bestehend aus zwei Karabinern, Bandfalldämpfer und einer Verbindung zum Gurt) sowie ein Steinschlaghelm; im Set ist das ab 150 Euro erhältlich. Dazu braucht es stabile Bergschuhe und Klettersteighandschuhe. Als Notfallausrüstung kommen Erste-Hilfe-Paket, Biwaksack, Stirnlampe, Mobiltelefon und je nach Steig noch Flüssigkeit, Proviant und entsprechende Bekleidung mit. Beim Packen sollte man daran denken, dass man das Gewicht über senkrechte Felsen schleppen muss.

Klettersteig-Packliste
Foto: Bergwelten
Klettersteig-Packliste

8. Wie sichere ich mich auf einem Klettersteig?

An dem durchgehenden Stahlseil klinkt man seine beiden Klettersteigkarabiner ein und führt diese dann mit der Hand mit. Um längere Stürze zu verhindern, ist das Seil alle paar Meter durch Ankerpunkte unterbrochen. Dort muss man auch die Karabiner umhängen – immer einen nach dem anderen, damit man stets gesichert ist. Wie das genau aussieht, erfahrt ihr in diesem Video.

Klettersteig-Absicherung
Foto: Andreas Jakwerth
Stets bleibt ein Karabiner zur Sicherung am Stahlseil, während der andere umgehängt wird

9. Kann ich Kinder mitnehmen?

Kinder lieben es zu klettern und haben oft einen viel natürlicheren Zugang zum Fels als Erwachsene. Sie müssen aber mit dem passendem Material ausgerüstet sein, damit problemlos umgehen können und vor allem das Umhängen der Karabiner konsequent anwenden. Die Einschätzung, ob sie schon so weit sind, fällt ebenso in die Verantwortung der Erwachsenen wie die Auswahl der passenden Schwierigkeit und die Länge der Route. Auf dem Weg zum selbständigen Klettersteiggehen werden Kinder zusätzlich mit dem Seil gesichert. Wer mit Kindern unterwegs ist, sollte sich daher mit der Seiltechnik auskennen und langjährige Erfahrung im Begehen von Klettersteigen haben.

Klettersteiggehen mit Kindern
Foto: Csaba Szepfalusi
Klettersteiggehen mit Kindern

10. Worauf kommt es bei der Technik an?

Wichtig ist es, möglichst kraftsparend zu klettern: Also überlegt auf Tritte im Fels oder auf künstliche Tritthilfen steigen und nur wenig mit den Armen ziehen (Bild). Die Karabiner hängt man in stabiler Position mit gestreckten Armen um. Wichtig ist es, Abstände gut einzuhalten: Pro Sicherungssegment darf maximal eine Person unterwegs sein. In steilen Passagen ist ein Abstand von zwei Segmenten sinnvoll. Denn Klettersteiggeher können sich gegenseitig gefährden, wenn sie Steinschlag auslösen, stürzen oder beim Überholen kritische Situationen provozieren.

Klettersteig-Technik
Foto: Pommes
Kraftsparendes Klettern

11. Kann es auch gefährlich werden?

Mitunter schon. Denn trotz der Sicherheitsausrüstung sind etwa bei einem Absturz ernste Verletzungen möglich. Gefährlich wird’s auch, wenn man sich überschätzt und einem mitten am Steig die Kraft ausgeht. Nicht alle Klettersteige haben Fluchtwege für solche Situationen. Auch das Wetter kann Probleme machen: Schon leichter Regen macht den Fels rutschig und damit den Steig viel schwieriger. Bei Gewitter sind Klettersteige sowieso tabu, da man sonst den Blitzableiter direkt in der Hand hat. Und die Tour ist auch mit dem Ende der Seilsicherung nicht vorbei – auch beim Abstieg ist auf rutschige Stellen und Steinschlag zu achten.

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