Knotenkunde: 6 Tipps für den richtigen Knoten
Foto: Adobe Stock/Jovana Milanko/Stocksy
von Peter Plattner
Egal, ob beim Sportklettern oder auf der (Ski-)Hochtour: Sobald ein Seil im Spiel ist, müssen wir die entsprechenden Knoten beherrschen. Die Bergführer und Sachverständigen Peter Plattner und Walter Würtl verraten in ihrer Serie, worauf es dabei ankommt.
Knoten gibt es schon ewig. Während anfangs zusammengedrehte Pflanzenfasern für den Bau von Werkzeugen verwendet wurden, erreichte die Knotenkunde zu Zeiten der großen Segelschiffe ihren Höhepunkt. So überrascht es nicht, dass fast alle Knoten, die wir im Bergsportbereich einsetzen, aus der Seefahrt stammen. Dort sind sie meistens unter einem anderen Namen bekannt, zum Beispiel als Webeleinstek (Mastwurf) oder Kuhstek (Ankerstich). Das Standardwerk zu diesem Thema ist das Ashley-Buch der Knoten. Es wurde 1944 vom Seemann und Zeichner Clifford Ashley veröffentlicht, ist über 600 Seiten dick und zeigt über 2.000 verschiedene Knoten.
Es gibt also für jeden Zweck den perfekt passenden Knoten. Die Seil- und Sicherungstechnik fürs Bergsteigen ist im Vergleich dazu recht einfach, sodass man mit weniger als einem Dutzend Knoten locker auskommt. Diese sollten dafür blind beherrscht und in jeder Situation schnell und richtig angewendet werden können.
Das könnte dich auch interessieren
Praktische Apps am Berg
Denn: Knoten sind die Visitenkarte einer Bergsteigerin. Nicht umsonst kennt jeder Alpinist den Spruch: „Zeig mir deinen Knoten und ich sage dir, wer du bist.“ (Aleister Crowley zu Guy Knowles, 1902 am K2, angeblich …)
Folgende allgemeine Tipps sollten bei jedem Knoten – egal, in welcher Anwendung – beachtet werden:
1. Der richtige Knoten passend zur Anforderung
Jeder Knoten hat seine Vor- und Nachteile und dementsprechend seinen individuellen Anwendungsbereich. Im Bergsport begnügen wir uns mit sehr wenigen Knoten, dafür sollte es jedem gelingen, den jeweils richtigen auszuwählen. Zum Beispiel empfiehlt sich für das Anseilen grundsätzlich der Achterknoten. Natürlich könnte man sich auch mit einem Sackstich oder Bulin-Knoten anseilen – wofür es sogar ganz gute Argumente gibt –, insgesamt betrachtet überwiegen dann aber die Nachteile. Deshalb sollten Einsteiger und Gelegenheitskletterer beim Achterknoten bleiben. Tatsächlich verwenden auch die meisten Experten diesen „einfachen“ Knoten – ganz einfach, weil er gut ist.
Übrigens: Wenn man gleich den richtigen Knoten verwendet, muss er auch nicht mit einem weiteren Knoten abgesichert werden. Sollte dies nämlich notwendig sein, wurde der falsche Knoten gewählt!
Eine Übersicht der wichtigsten Knoten findest du hier:
Knotenkunde: Die 6 wichtigsten Knoten
2. Nur Knoten verwenden, die man auch kann
Blöderweise passiert es immer wieder, dass Knoten verwendet werden, die nicht einwandfrei beherrscht werden. Nur weil ein Knoten so ähnlich aussieht wie der gewünschte Knoten, heißt das noch lange nicht, dass er auch so funktioniert. Insbesondere die verschiedenen Klemmknoten haben hier großes Potenzial, vermischt und verwechselt zu werden – was schließlich zu Fehlfunktionen führen kann.
3. Knoten sauber schürzen
Knoten dürfen nicht verdreht sein. Und zwar kein bisschen verdreht! Das betrifft am häufigsten den Achterknoten beim Anseilen: Alle Stränge müssen parallel laufen. Verdrehte Knoten halten zwar nicht zwangsläufig weniger gut, bei Belastung ziehen sie sich allerdings oftmals derart ungünstig zu, dass sie kaum mehr gelöst werden können. Auch lassen sich verdrehte Knoten beim Partnercheck nicht so leicht kontrollieren, denn ihr Knotenbild entspricht nicht dem „gewohnten“ Anblick.
Außerdem: Sauber gemachte Knoten sehen einfach schöner aus und sind Zeichen einer professionellen Arbeitsweise. Oder hat jemand schon einmal einen Bergführer mit verwurschteltem Knoten gesehen?
4. Knoten gut festziehen
Damit sich ein Knoten nicht von selbst lockert oder löst, ist es wichtig, ihn ordentlich festzuziehen. Locker geknüpfte Knoten sind eine echte Gefahrenquelle und können nicht akzeptiert werden. Damit dieses „Knoten-Festziehen“ auch weniger kräftigen Personen gelingt, müssen die Stränge einzeln angezogen werden. Alle Stränge wohlgemerkt und von denen gibt es immer vier!
5. Die Längen der Seilenden
Bei starken Belastungen ziehen sich Knoten nicht nur fest, sondern wandern immer auch ein Stück nach außen. Ein entsprechend langes Seilende hinter dem Knoten erfüllt daher eine wichtige Funktion. Insbesondere beim Sackstich ist das unbedingt zu beachten!
Ein anderes Problem sind auch zu lange Seilenden hinter einem Knoten: Zunächst einmal sehen sie hässlich aus, sie können einen aber auch behindern und dazu verleiten, das falsche (aus dem Seilverbindungsknoten herausstehende) Seil weiterzuverwenden – beispielsweise beim Abseilen, wo es mehrere entsprechende Unfälle gab.
Das könnte dich auch interessieren
Berg-Know-How: Alpiner Notruf
Als Anhaltspunkt für die Länge der überstehenden Seilenden gilt ein circa 10-facher Seildurchmesser. Das heißt in der Praxis: Beim Anseilen sollte das Seilende rund 10 cm (oder eine Handbreit) lang sein. Die einzige Ausnahme stellt der Sackstich dar: Wird er als Verbindungsknoten beim Abseilen verwendet, sollten die Seilenden 30 bis 40 cm überstehen.
6. Das passende Auge
Das Auge, also die Öffnung eines Knotens, wird meistens zu groß gewählt. Als Konsequenz baumelt der Knoten dann irgendwo in der Gegend herum. Das ist lästig und stört, verleitet aber ebenfalls zu Fehlanwendungen. Deswegen sollte das Auge so klein als möglich gehalten werden.
- Berg & Freizeit
Seilschaftsablauf I: Vorbereitung und Vorstieg
- Berg & Freizeit
Seilschaftsablauf II: Standplatz und Nachstieg
- Berg & Freizeit
Orientierung im Gelände: Wo bin ich?
- Berg & Freizeit
Wildschwimmen – alles, was du wissen musst
- Anzeige