Laura Horvat: „Ein Bus steht für Freiheit“
Foto: Laura Horvat
von Robert Maruna
Laura Horvat, 29, hat sich für ein Leben im Campervan entschieden. 12 Monate im Jahr verbringt sie auf knapp 9m2 Fläche. Warum ein mobiles Zuhause Einschränkungen mit sich bringt, aber dafür Freiheiten ermöglicht, die ein stationäres Eigenheim nicht bieten kann, erzählt sie uns im Gespräch.
Die junge Niederösterreicherin hat sich schon früh für ein Leben abseits des Alltäglichen entschieden: Nach Abschluss der Matura zieht es sie hinaus in die weite Welt und von der wollte sie erst gar nicht recht zurückkehren. Sie bereist die Vereinigten Staaten, Indien und Australien, bis es sie schließlich nach Süd-Ost-Asien verschlägt. Mit zarten 21 Jahren beschließt sie in der tropischen Urlaubsdestination Thailand ein Superfood-Café zu eröffnen – nicht zuletzt, um die kalten Wintermonate der Alpen langfristig zurückzulassen. Vier Jahre später kehrt sie wieder nach Österreich zurück und sucht nach einer Möglichkeit ihren nomadischen Lebensstil mit einem fixen Wohnsitz zu vereinen. Nach einigen Versuchen muss sie allerdings feststellen, dass beides nicht möglich ist – ein Widerspruch lässt eben selten praktikable Kompromisse zu. Doch wo ein Wille, da auch ein Weg.
Eine Lösung findet die praktizierende Yoga-Lehrerin im mobilen Zuhause auf vier Rädern. Konkret in einem Kastenwagen vom Typus Fiat Ducato, dem sie gemeinsam mit ihrem Freund Markus neues Leben einhaucht. Der handwerkliche Allrounder und autodidaktische Baubiologe hat schon viele Busse ausgebaut und Tiny-Häuser errichtet: von der statischen Belastung eines Dachgiebels bis hin zu sanitären Installationen und elektronischen Stromkreisläufen – Markus weiß, wo und wie Hand anzulegen ist, damit ein Haus steht und ein Leben im Bus funktioniert. Gemeinsam haben sie ein rollendes Zuhause erschaffen, in dem Laura das gesamte Jahr über lebt. Bergwelten traf die sympathische Aussteigerin zum Gespräch, um herauszufinden, ob ein Leben im Bus wirklich immer so einfach ist, wie gedacht.
Bergwelten: Liebe Laura, was macht das Leben auf vier Rädern so reizvoll?
Laura Horvat: Reisen hat in meinem Leben schon immer eine zentrale Rolle gespielt. Wer allerdings viel unterwegs ist und gleichzeitig die Miete für eine Wohnung daheim bezahlt, hat enorme Kosten zu stemmen. Während meiner Reise nach Indien letzten Jahres, habe ich dann den Entschluss gefasst, dass es auch anders gehen muss. Zuerst kam mir die Idee eines Tiny-House, doch im Zuge der Recherche wurde schnell klar, dass ein Bus oder Campervan – also ein mobiles Eigenheim – meinen Bedürfnissen wohl eher entspricht, als ein stationäres Zuhause. Im Grund wollte ich einen flexiblen Wohnort, um viel zu reisen und dabei gleichzeitig Kosten einzusparen.
Ein Freund hat einmal zu mir gesagt, wenn du dir einen Bus zulegst, bekommst du dafür nicht nur ein Zuhause auf vier Rädern, sondern ein paar Flügel mit dazu. Stimmst du dem zu?
Auf jeden Fall, ein Bus steht für Freiheit!
Und Freiheit steht wofür…?
Dafür, dass ich in der Lage bin mein Leben aktiv zu gestalten. Dass ich selbst entscheiden darf, was ich machen will, wo und mit wem ich sein will. Jetzt habe ich eben die Freiheit mein Zuhause dort aufzustellen, wo ich kann und will. Dadurch brauche ich mir keine Gedanken mehr darüber machen, wie ich eine Reise finanziere und gleichzeitig meine Fixkosten daheim decke. Diese Entscheidungsfreiheit bedeutet ebenso mich von gesellschaftlich und persönlich auferlegten Zwängen zu lösen und herauszufinden wer ich wirklich bin und was ich wirklich mit diesem Leben machen will.
Zurück zum Bus: Was gilt es denn so grundsätzlich beim Kauf eines Busses zu beachten?
Bei einem Freizeitmobil kommt es natürlich auf die Größe, Baujahr, Kilometerstand, Antrieb, Gewicht, allgemeinen Zustand, usw. an. Aber die größte Frage ist mit Sicherheit, „was will ich mit diesem Bus eigentlich machen?“. Also abhängig vom jeweiligen Vorhaben, kommen dann in der Planung und beim Ausbau eines Busses viele unterschiedliche Komponenten zusammen, die die Entscheidung des Kaufes vorab beeinflussen. Eine allgemein gültige Formel gibt es dafür nicht, es hängt eben sehr vieles vom Vorhaben ab. Du musst einfach wissen wohin du mit diesem Bus fahren willst und was du unbedingt mitnehmen möchtest.
Ist das eigentlich dein erster Campervan und wie lange habt ihr denn für den Ausbau gebraucht?
Das ist tatsächlich mein erster Bus und dafür ist er ganz gut geworden, oder? (lacht) Von der Planung bis zur Fertigstellung waren es insgesamt 3,5 Monate.
Ist dir das handwerkliche Geschick in die Wiege gelegt worden oder hast du dir das im Zuge des Ausbaus angeeignet?
Also ich bin jetzt kein weiblicher Tim Taylor, aber Handwerk war schon immer sehr präsent in meinem Leben. Ich denke, dass ich ein ganz gutes räumliches Vorstellungsvermögen besitze und in weiterer Folge die Dinge dann auch so umzusetzen kann, wie geplant. Aber ohne die Hilfe von Markus wäre der Bus sicher nicht so geworden, wie er heute dasteht. Markus hat einfach unglaublich viel Erfahrung auf diesem Gebiet und ein umfangreiches, technisches Wissen…
Auch in Bezug auf die Verwendung ökologischer Baustoffe, oder? Ihr habt ja sehr viel Wert auf die Verarbeitung nachhaltiger Materialien gelegt..
Die Innenausstattung besteht zu einem Großteil aus Fichten- und Pappelsperrholz, um so ein angenehmes Raumklima zu schaffen. Auch beim Finish haben wir ausschließlich natürliche Materialien verwendet, also alles auf Öl-Basis und ohne Lacke. Wenn du auf so kleinem Raum lebst, ist es total essentiell sich auf biologische Werkstoffe zu beschränken. In einem Haus verteilt sich die Schadstoffbelastung ja weit mehr, als es in einem 9 m2 fassenden Bus der Fall ist.
Warum eigentlich ein Bus und kein Wohnmobil?
Individuelle Gestaltungsfreiheit. In einem Wohnmobil habe ich nicht die Möglichkeit den Innenraum so zu gestalten, dass es genau auf meine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Und eben die Verwendung ökologischer Baustoffe: In einem Wohnmobil bist du umgeben von allen möglichen Kunststoffen, da würde ich auf Dauer nicht drinnen leben wollen. Aber natürlich ist mein Bus auch nicht zu 100% Öko, abgesehen von der nicht-ökologischen Fahrerkabine muss auch bei der Dämmung im Bus auf die richtige Wahl des Materials geachtet werden und diese ist in dem Fall nicht öko.
Einerseits Nachhaltigkeit, andererseits reist du mit dem Bus um die halbe Welt und steigst hin und wieder auch noch in ein Flugzeug. Hast du schon jemals deinen ökologischen Fußabdruck gemessen?
Ehrlich gestanden, nein. In diesen Kontext fließen allerdings auch noch ganz viele andere Entscheidungen mit ein. Natürlich lege ich sehr viel Wert auf meine Umwelt, aber ich bin kein fundamentaler Ökologe, der nur mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs ist. Ich versuche einfach meinen restlichen Lebensstil so nachhaltig wie möglich zu gestalten, um den Dieselverbrauch meines Busses zu kompensieren. Ich glaube, dass allein die Entscheidung in einem Bus zu leben zu einem solch drastisch reduzierten Lebensstil geführt hat, dass ich meinen Schadstoffverbrauch kompensieren kann. Am Ende des Tages kann ich meine Art zu leben vor mir und vor der Umwelt verantworten, und darum geht es für mich auch letztlich.
Eine abschließende Frage noch: Ist das Leben im Bus wirklich immer so easy-going bzw. was sind denn die größten Hürden, wenn man sich dafür entscheidet in einem Bus zu leben?
Die Entscheidung es zu tun – ganz klar. Also der Entschluss, in einem Bus zu leben – mit all den Konsequenzen, die damit einhergehen – ist sicher die größte Hürde. Man muss einfach loslassen und sich auf das Unbekannte einlassen. Doch darum geht es doch eigentlich auch, oder?
Lauras Gründe für ein Leben im Bus:
- Die Freiheit sein Zuhause dort zu parken, wo man will
- Reisen und dabei Kosten sparen
- Jeden Morgen woanders aufzuwachen
- Sich auf das Ungewisse einzulassen
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