Mauthen – Zwischen Kärntner Schmankerln und Cappuccino
Foto: Gerald Köstl, ÖAV Obergailtal-Lesachtal
von Christina Schwann
Der faszinierende Grenzkamm Karnische Alpen, idyllische Almböden, glasklare Gebirgsseen, 500 Millionen Jahre Erdgeschichte, Römersiedlungen und Kriegsschauplätze – wer das Bergsteigerdorf Mauthen nördlich des Plöckenpasses in Kärnten besucht, hat hinterher viel zu erzählen.
Mauthen ist seit 1958 Teil der Doppelgemeinde Kötschach-Mauthen. Zwischen den beiden Orten bahnt sich die Gail – die „Überschäumende“, wie die Übersetzung aus dem Keltischen lautet – ihren Weg. Mauthen liegt am Fuße der Hohen Warte – im Süden ist es durch die Karnischen Alpen begrenzt, im Norden durch die Gailtaler Alpen, nach Westen durch das Lesachtal und nach Osten durch das Gailtal.
Es muss wohl mit dieser einzigartigen Lage zu tun haben, dass der Ort schon für die Kelten von Bedeutung war. Spätestens durch die Römergeschichte weiß man es gewiss: Mauthen, bzw. „Loncium“, wie es zur Römerzeit hieß, war die erste Siedlung nördlich des Plöckenpasses, der als Übergang aus Italien diente.
Kein Wunder also, dass Mauthen auch im Ersten Weltkrieg eine bedeutende Rolle als Nachschub- und Versorgungslager, aber auch als Lazarett zufiel. Dafür wurde es nicht weniger als 34 mal unter schweren Beschuss genommen. In zahlreichen Häusern kann man heute noch die Einschusslöcher sehen.
Eine starke Alpenvereinssektion
Mauthen war aber nicht nur Kriegsschauplatz, sondern immer auch schon ein Zentrum für Alpinisten. Schließlich stellt es so etwas wie das Tor ins Lesachtal und in die Karnischen Alpen dar. Bereits 1894 wurde die Alpenvereinssektion „Obergailthal “ (damals noch mit „th“) gegründet und die erste Wolayerseehütte am gleichnamigen See errichtet. Allerdings musste die kleine Sektion die Hütte nur 11 Jahre nach dem Bau an die wesentlich finanzstärkere Wiener Sektion Austria, die großes Interesse an den Karnischen Alpen zeigte, abgeben und die Sektion wurde zu einer Ortsgruppe der Sektion Austria.
Diese Sektionsgeschichte ist auf den ersten Blick nicht sonderlich außergewöhnlich, aber wenn man die autarken, selbstbewussten Mauthner und Mauthnerinnen persönlich kennt, dann kann man nachvollziehen, welch große Freude es in Mauthen auslöste, als sich genau 100 Jahre nach ihrer Gründung, nämlich 1994, die Sektion von Wien lösen und seither wieder als selbstständige Sektion „Obergailtal-Lesachtal“ auftreten konnte.
Mit dem ÖAV-Freizeitpark, der als „Ausbildungszentrum Süd“ hochgeschätzt wird und weit über die Grenzen Kärntens hinaus bekannt ist, und der 2006 erworbenen Zollnersee Hütte, konnte sich die Sektion in der Region sehr gut etablieren. Sie spielt eine wesentliche Rolle in Sachen Umweltbildung, Alpinausbildung und Freude an der Bewegung sowie dem Erhalt des Wegenetzes.
Übrigens – kleines Detail am Rande: auf alten Karten liest man eventuell noch Eduard-Pichl-Hütte (anstelle von Wolayerseehütte) oder Dr.-Steinwender Hütte (anstelle von Zollnersee Hütte). Diese Namen gehen auf ehemalige Vorsitzende der Sektion Austria zurück, die allerdings auch mit dem Nationalsozialismus in Verbindung standen. Um einen weiteren Mosaikstein zur Distanzierung von diesem dunklen Kapitel der Alpenvereinsgeschichte zu legen, wurden beide Hütten umbenannt.
Lebensader Plöckenpass
Die Staatsgrenze, die über den Karnischen Kamm verläuft, und der Grenzübergang am Plöckenpass stellte für die Mauthner nie eine Barriere, sondern vielmehr eine Lebensader dar. Schon früh wurde Wein aus Italien im Tausch gegen Tabak und Zigaretten aus den Norden über den Pass transportiert. In Zeiten strenger Grenzkontrollen übernahmen beherzte und äußerst ortskundige Schmuggler den Warenaustausch. Heute genießen Bergwanderer Kärntner Schmankerl auf den Hütten und italienischen Cappuccino am Plöckenpass.
Gleichzeitig ist der Plöckenpass aber auch Mahnmal für die Kriegsereignisse des Ersten Weltkrieges. Der Verein der Dolomitenfreunde betreut das Freilichtmuseum auf dem Kleinen Pal – im Rathaus in Kötschach-Mauthen ist das Plöckenmuseum untergebracht.
500 Millionen Jahre Erdgeschichte
Noch viel weiter in die Geschichte zurück reichen allerdings die außergewöhnlichen geologischen Zeugnisse, die im 830 km2 großen „GeoPark Karnische Alpen“ entlang der Staatsgrenze zu Italien (zwischen Feistritz an der Gail im Osten und Maria Luggau im Westen) zu finden sind. 500 Millionen Jahre Erdgeschichte sind hier praktisch von der Natur „freigelegt“. Neben zahlreichen fossilen Meeresbewohnern, wie etwa den Trilobiten, findet man im so genannten „versteinerten Wald“ von Laas den als Naturdenkmal geschützten Urbaum. Wanderungen entlang diverser „Geotrails“ beeindrucken durch idyllische Bergseen, gepflegte Almlandschaften und die nahezu unverfälschte Kulturlandschaft.
Verwurzelt, autark, verbindend
Heute leben die Mauthner mehr denn je vor, wie wichtig es ist, den eigenen Weg mutig und eigenständig zu gehen. Das Bergsteigerdorf besticht nicht nur durch die Klettersteige und Klettertouren am Plöckenpass, die schönen Wanderungen rund um die Zollnersee Hütte oder die geologischen Besonderheiten am Karnischen Kamm, es legt auch kulturell die Latte hoch: So darf sich die Doppelgemeinde Kötschach-Mauthen „slow-food-Travel-Region“ nennen. In Kötschach gibt es den ersten und wohl auch einzigen „Edelgreisler“ der Region. Die Gastronomie setzt auf erstklassige Alpe-Adria-Küche und verbindet damit regionale Spezialitäten mit den mediterranen Einflüssen, die über den Plöckenpass kommen. Mauthen braut sein eigenes Bier mit dem stolzen Namen „Loncium“ – benannt nach der alten Römersiedlung. Der Verein „energie:autark“ produziert Strom für die Gemeinde aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse und im ÖAV-Freizeitpark werden alpine Kompetenz und Bewegungsfreude gebündelt.
Fakten: Bergsteigerdorf Mauthen, Kärnten
- Ortschaften: Kötschach, Mauthen, Würmlach, Weidenburg, Höfling, Mandorf, Laas, Gentschach, Strajach, St. Jakob, Podlanig
- Seehöhe: 710 m
- Gebirgsgruppen: Karnischer Kamm, Gailtaler Alpen
- Wichtigste Gipfel: Hohe Warte (2.780 m), Kellerwand-Kellerspitze (2.774 m), Kollinkofel (2.691 m), Frischenkofel-Cellon (2.238 m), Polinik (2.332 m), Elferspitz (2.251 m), Gamskofel (2.526 m), Plenge (2.372 m), Mooskofel (2.359 m), Kleiner Pal (1.866 m), Hoher Trieb (2.199 m), Jauken (2.234 m), Reißkofel (2.371 m)
Alpenvereinshütten:
Zollnersee-Hütte
Wolayersee-Hütte
Übernachten (Bergsteigerdorf-Partnerbetriebe):
Links:
Touren
Klettern:
Über Koban-Prunner-Weg und Weg der 26er auf die Hohe Warte
Weg ohne Grenzen (Senza Confine), D, Frischenkofel
Lésteta e il biottico: Klettern am Pal Piccolo
Wandern:
Polinik
Wanderung zur Wolayerseehütte von der Unteren Valentinalm
Wanderung zur Zollnersee-Hütte vom Plöckenhaus
Skitouren:
Von der Unteren Valentinalm auf den Rauchkofel
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