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Speed-Alpinist Markus Amon: „Ich zieh dann mein Ding durch“

Menschen

4 Min.

27.10.2015

Foto: Markus Amon

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von Klaus Haselböck

So schnell wie möglich rauf und noch schneller wieder runter: Wenn Markus Amon auf die höchsten Berge der Welt steigt, dann tickt die Stoppuhr. Der Salzburger über Körpergefühl, die Nabelschnur seiner Lagerkette und die Perspektiven einer Rettung auf Achttausendern.

Bergwelten: Mit deinen schnellen Besteigungen am Denali, dem höchsten Berg Nordamerikas, oder am 7.509 Meter hohen Muzstagh Ata in China hast du Weltbestleistungen aufgestellt. Auch Achttausender – wie den Manaslu – machst du als Tagestour. Wie wird man Speedalpinist?

Markus Amon: Ich komme ursprünglich aus dem Ausdauerbereich. Bei Langlauf-Wettkämpfen war ich schon in meiner Jugend immer vorne dabei. Später habe ich gemerkt, dass ich mich in großer Höhe sehr gut akklimatisieren und die Leistung auch dort bringen kann. Und das ist nicht jedem vergönnt.
 
Du warst einige Jahre als Zeitsoldat beim österreichischen Bundesheer. Welche Rolle hat das Militär bei deiner alpinistischen Entwicklung gespielt?

Das Bundesheer war für mich eine super Möglichkeit quasi als Profibergsteiger zu leben und zu trainieren. Ich konnte im Grundwehrdienst während der Dienstzeit die Sanitätsausbildung und später, in Saalfelden, die Ausbildung zum Heeresbergführer absolvieren. Das brachte mir nicht nur sehr viel an Erfahrung für das Bergsteigen, sondern auch den Grundstock für die späteren Expeditionen. Das Lagerleben und das Organisieren einer Tour für mehrere Personen sind mir durch die Zeit beim Heer total vertraut.
 
Heute machst du deine Rekord-Besteigungen meist solo. Warum?

Ich habe 2004 und 2006 an Expeditionen am Nanga Parbat teilgenommen. Dort haben wir manche Möglichkeiten am Berg versäumt, weil eine größere Gruppe oft zu wenig schlagkräftig und unflexibel ist. Wenn du auf einen Zweiten schaust, wirst du langsamer. Du vergibst Chancen, weil du nicht mehr auf dich fokussiert sein kannst.
Es muss da jeder zu seinem Stil finden – meiner ist es schnell hinauf zu steigen und wieder hinter zu kommen, um so das Restrisiko in der Höhe möglichst zu minimieren.
 

Bei deinen Besteigungen werden sogar Achttausendern zu Tagestouren. Wie legst du die Höhenanpassung an?

Ich akklimatisiere mich bei hohen Gipfeln sehr traditionell und das kann – wie beim klassischen Höhenbergsteigen – Wochen dauern. Über Aufstiege und Abstiege lerne ich in der Kleingruppe den Berg möglichst genau kennen und lege – stets ohne Flaschensauerstoff und Sherpa-Hilfe – Depots an. Das ist die Nabelschnur, die ich später bei einer Speedbegehung brauche und die mir – wenn es nicht nach Plan läuft – auch einen Rückzug ermöglicht. Sehr wichtig ist es mir in dieser Phase zwar möglichst hoch hinauf zu kommen, dann aber weit unten zu schlafen. Das ist für die Regeneration optimal und senkt auch das Risiko für Höhenkrankheit deutlich. So bereite ich mich ganz gezielt auf den Tag X vor. Mit meiner Gruppe ist es im Vorfeld schon abgesprochen, dass ich „mein Ding“ durchziehe, wenn ich die Chance dazu sehe.
 
Flaschensauerstoff vermeidest du dabei gänzlich?

Ja, genauso wie Medikamente. Das würde den Ist-Zustand meines Körpers verändern und die Signale, die ich dann von ihm bekomme, wären nicht mehr echt. Auf meinen Körper zu hören, ist für mich bei solchen Unternehmungen ganz essentiell.
 
Wie sieht dein Training für Speedbegehungen aus?

Da steht Laufen, vor allem im Gelände, im Mittelpunkt. Ich nehme regelmäßig an Ultramarathons wie dem Grossglockner- oder dem Eiger-Ultratrail teil, die beide über Distanzen jenseits der 100 Kilometer führen. Dort dabei zu sein macht enorm kopfstark und ich weiß nachher, dass mir die Nacht und das Quälen des Körpers nichts ausmacht und die Reserven des Körpers viel größer sind als man glaubt (lacht). Das ist eine Erfahrung, die ich perfekt beim Bergsteigen umsetzen kann.
 
Was ist dir bei der Ausrüstung wichtig?

Leichtigkeit ist natürlich gut, aber auch nicht alles. Der Muzstagh Ata ist siebentausend Meter hoch und keine Spielwiese wie die Mountain Attack (Wettkampf im Skibergsteigen in Saalbach Hinterglemm/Salzburg, Anm.). Ich gehe nicht im Rennanzug auf einen Siebentausender – das wäre Selbstmord. Ich will ja wieder runterkommen. Die Auswahl meiner Ausrüstung muss zum Regelwerk des Alpinismus passen. Hohen Bergen soll man mit dem nötigen Respekt begegnen, und das spiegelt sich auch in der Tourenplanung und Ausrüstung wider. So ist der Wärmeschutz beim Höhenbergsteigen essentiell und da macht es keinen Sinn übertrieben beim Gewicht sparen zu wollen. Bei der Skitouren-Ausrüstung – die ich wegen der Möglichkeit zu schnellen Abstiegen sehr schätze – ist das Gewicht schon ein Thema an dem man sinnvoll schrauben kann.
 
Kannst du auf deinen Expeditionen überhaupt soviel essen wie dein Körper da verbrennt?

Ich habe mich vor einiger Zeit bioenergetisch austesten lassen und danach meine Ernährung grundlegend umgestellt. Ich esse heute viel Obst und Gemüse, aber fast kein Brot und keine Milchprodukte mehr. Wichtig ist für mich, dass ich meinem Körper auf Expedition das gebe, was er auch zu Hause bekommt. Deshalb nehmen wir auch immer denselben Koch mit, der auch hygienisch auf westlichen Standards arbeitet. Bei einem Rekordversuch habe ich dann ohnehin nur hochkalorische Gels und Elektrolyt-Getränke dabei. Denn feste Nahrung kann der Körper in großer Höhe und bei der Anstrengung dann nicht mehr umsetzen.
 
Apropos große Höhe: Du bist ja ein ausgebildeter Bergretter und im Zivilberuf Chef der Christophorus Flugretter des ÖAMTC. Wie realistisch ist eine Rettungsaktion auf einem Achttausender?

Das ist eine große Illusion, aber nicht nur für Solo-Bergsteiger. Auch eine Gruppe hat kaum Chancen gerettet zu werden. Dort oben kann dir niemand helfen. Wenn du dir einen Fuß brichst, dann hast du ein Problem. Eine klassische Rettungskette mit Hubschraubern und Bergrettern, wie wir sie aus den Alpen kennen, gibt es in den Bergen des Himalaya nicht. Das muss einem bei der Besteigung von hohen Bergen trotz GPS und Satelliten-Handys immer bewusst sein.
 
Rennst du eigentlich in den Ostalpen auch auf die Gipfel?

Nein (lacht). Ich bin genauso gern mit meiner Familie und dann sehr gemütlich unterwegs. Gäste, die mich als Bergführer buchen, sind manchmal besorgt, dass sie mein Tempo gehen müssen. Aber die Berge ganz entspannt zu genießen gibt mir genauso viel wie Speed-Besteigungen.
 


Infos:


Alles zu Leben, den Expeditionen und Höchstleistungen von Markus Amon gibt es auf seiner Homepage.
 
Im Bergwelten Magazin (04/2015) zeigt der Salzburger Alpinist, was er an Ausrüstung bei seinen Speed-Begehungen stets dabei hat.
 

Je steiler, desto lieber: Der geprüfte Bergführer und Bergretter fühlt sich im hochalpinen Terrain pudelwohl.