Warum tun wir uns das Bergsteigen an?
Foto: Jaymantri
von Christina Geyer
Auf echte Bergfexe wirkt das Bergsteigen wie eine Sucht: Sie scheinen einfach nicht genug zu bekommen vom Gipfelstürmen. Sobald es das Wetter zulässt, sieht man sie schon wieder keuchend an Höhe gewinnen - mit überlebensgroßen Rucksäcken bepackt, schwitzend, unerbittlich.
Da darf man schon mal fragen, warum man sich sowas eigentlich freiwillig antut.
Freude macht's, hört man oft als Antwort. Und ohne Zweifel muss das Bergsteigen etwas mit Freude und Lust zu tun haben - sonst hätte wohl ein jeder schon nach der ersten Bergtour wieder genug von der Plackerei.
Fakt ist aber auch: Freude meint eigentlich die Vermeidung von körperlichen und seelischen Schmerzen. Manch ein Philosoph würde sogar noch weiter gehen und behaupten, dass Freude den Verzicht von Verlangen und Begierde voraussetzt.
Der vielfach als genusssüchtiger Lebemann missverstandene Philosoph Epikur etwa behauptete bereits 300 v. Chr., dass der Mensch dann glücklich ist, wenn „er sich niemals etwas vornehmen muss, dessen Erlangung ungewiss ist”.
Die Ungewissheit ist aus den Bergen aber nicht wegzudenken: das Wetter kann umschlagen, die geplante Route gesperrt oder man selbst nicht in konditioneller Topform sein. Die Vermutung liegt nahe, dass gerade die Unberechenbarkeit den Reiz des Bergsteigens zumindest mit ausmacht.
Jeder noch so minutiös ausgearbeitete Plan scheitert im Zweifel an der Naturgewalt.
Epikurs Vision der absoluten Seelenruhe, der „Ataraxie”, ist in der Realität der Bergwelt nicht haltbar - und letztlich auch nicht wünschenswert.
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