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Wie der Gipfel zum Kreuz kam

Alpingeschichte

2 Min.

26.09.2024

Foto: Mauritius/Bernd Ritschel

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von Christina Geyer und Simon Schöpf

Das Kreuz ist das Gipfelzeichen par excellence. Aber war es immer schon da – und wenn ja, warum? Die (relativ kurze) Geschichte des religiösen Symbols auf den Bergen der Alpen.

Rund 4.000 Kreuze stehen auf Österreichs Berggipfeln. Ihre Errichtung ist eine kulturelle Innovation der Zeit um 1800: Das erste dokumentierte Gipfelkreuz im deutschsprachigen Alpenraum wurde 1799 am Kleinglockner errichtet, initiiert von Fürstbischof Salm. Ein Jahr später folgte ein Kreuz auf dem Gipfel des Großglockners. Dass die unzähligen Kreuze auf den Kogeln und Kuppen auf dem gleichen religiösen Fundament stehen wie jene in den Kirchen, deutet der alte Bergsteigerwitz an: „Wenn Jesus ertränkt worden wäre, müsste auf jedem Gipfel ein Aquarium stehen.“

Die Blütezeit des Gipfelkreuzes beginnt aber erst mit Ende des 2. Weltkriegs: zum Dank für die Heimkehrer, zum Gedenken an die Gefallenen; oft errichtet von jungen Kriegsteilnehmern. Eine Tiroler Statistik besagt: Rund 95 Prozent aller datierbaren Gipfelkreuzaufstellungen wurden zwischen 1900 und 1955 getätigt, der Großteil davon stammt aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Nur fünf Prozent der Gipfelkreuze wurden im 19. Jahrhundert errichtet. So gesehen sind Gipfelkreuze eine recht junge Erscheinung.


Symbolik: Zwischen Religion und Aufklärung

Die Symbolik des Gipfelkreuzes ist jedoch nicht nur religiöser Natur. Mit dem Aufschwung des Alpinismus im 19. Jahrhundert wurden die Gipfelkreuze auch zu Zeichen der Aufklärung: Mit Blitzableitern und wissenschaftlichen Messinstrumenten ausgestattet, symbolisierte das Gipfelkreuz eher eine Verneigung vor den menschlichen Leistungen als vor einem Gott. Zudem beschränkt sich die Vielfalt religiöser Symbole in den Bergen nicht nur auf Gipfelkreuze. Die Präsenz von Gebetsfahnen, Buddha-Statuen und anderen religiösen Symbolen in den Bergen zeigt die kulturelle Vielfalt und spirituelle Offenheit, die in diesen Regionen vorhanden ist. Diese Symbole können sowohl historische als auch moderne Bedeutungen haben und bieten Raum für unterschiedliche Interpretationen.


Ursprünge des Kreuzkults

Der Beginn der bis heute andauernden Popularität des Kreuzes an sich geht bis ins 4. Jahrhundert nach Christus zurück. Damals ließ Helena, die Mutter des römischen Kaisers Konstantins, nach den Überresten des Kreuzes Jesu graben. In den Jahrhunderten darauf wurde das Kreuz immer häufiger zur Krönung von Kirchen, Dachfirsten und Friedhöfen verwendet. Neben Beweisen für die Frömmigkeit symbolisierten Kreuze auch einen Hoheitsanspruch, erinnern an überirdische Wunder oder tragische Unglücke. Die ersten Kreuze auf Gipfeln wurden im späten 13. Jahrhundert errichtet, naturgemäß in den katholisch geprägten Regionen der Alpen. Im 16. Jahrhundert fungierten die Kreuze auch als Markierung von Alm- und Gemeindegrenzen. Auf die hohen Gipfel schafften es Gipfelkreuze, wie wir sie heute kennen, aber erst um einiges später.


Das Gipfelkreuz als „Humbug“

Der Werdegang des Gipfelskreuzes könnte abgeschlossen sein – ist er aber nicht. In Reinhold Messner hat das Gipfelkreuz seinen erbittertsten Gegner gefunden: „Humbug“ seien die Markierungen, wird Messner nicht müde zu behaupten. Die Kreuze würden die Gipfel für religiöse Zwecke instrumentalisieren und missbrauchen. Die Berge aber gehören der ganzen Welt – und nicht nur einer Weltanschauung, so Messner. Er plädiert darum immer wieder dafür, die Gipfel von den religiös aufgeladenen Symbolen zu befreien und leer zu halten.

Wir können, müssen aber keine religiöse Botschaft im Gipfelkreuz erkennen. Ganz gleich, ob am Gipfel nun Kreuze, Gebetsfahnen oder Steinmännchen stehen: Es liegt an uns, ihre Bedeutung für uns persönlich zu interpretieren. Das Gipfelkreuz kann so auch einfach nur Sinnbild für das Erreichen eines Ziels sein. Fernab von religiöser Intention.

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