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Berg-Know-How

Wie der Gruß zum Berg kam

• 1. November 2022
2 Min. Lesezeit

„Griaß di!“, oft gehört und immer als selbstverständlich erachtet. Doch habt ihr euch schon einmal die Frage gestellt, warum wir am Berg einander eigentlich immer grüßen? Die Kulturwissenschaftlerin und Alpenexpertin Ingeborg Schmid-Mummert ist der Frage nachgegangen und gewährt uns einen persönlichen Einblick in ihre Gedankenwelt.

Sonnengruß in den Bergen
Foto: mauritius images / Cultura / Rehulian Yevhen
Sonnengruß in den Bergen
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Sie war als Kind eine meiner Lieblingsgeschichten und immer wieder hat man sie mir erzählen müssen: Der Bergführer, der in den späten Nachkriegsjahren am Gipfel stand, als ihn ein soeben oben Angekommener den Gruß „Berg frei“ entgegen warf. Und er genervt zur Antwort gab: „Ja was, da wird wohl Platz sein!“

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  • Erst viel später, als ich beruflich immer tiefer in die Geschichte des Bergsteigens und der alpinen Vereinigungen eingetaucht bin, hat diese Begebenheit mehr und mehr von ihrer Leichtigkeit und Anekdotenhaftigkeit verloren: Aus der Bemühung heraus, einer breiten Bevölkerung naturnahe und kostengünstige Freizeit- und Reiseaktivitäten zu ermöglichen, haben um 1900 die Sozialisten und die Arbeiterbewegung in Österreich die Naturfreunde gegründet. Eine ihrer Ortsgruppen hatte „Berg frei“ zum Gruß ihrer Mitglieder erkoren, der im Laufe der Zeit zur offiziellen Begrüßung des Verbands wurde.

    Hingegen haftet dem Gipfelgruß „Berg Heil“ eine deutschnationale Herkunft an. Angeblich im Jahr 1881 auf dem Ortler entstanden, setzte er sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Alpenverein als Gruß durch. Wie andere Werte der Bergsteigergeschichte speist er sich aus völkischen Traditionen und offenbart, „dass auch die Freizeit kein politik- und gesellschaftsfreier Raum ist.“ (Friederike Kaiser, DAV Panorama 6/2011)

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    Der obligatorische Handshake am Gipfel des Wilden Pfaff in den Stubaier Alpen
    Foto: mauritius images / imageBROKER / Christian Vorhofer
    Der obligatorische Handshake am Gipfel des Wilden Pfaff in den Stubaier Alpen

    Am Berg werden aber nicht nur politik-, sondern auch technikgeschichtliche Zusammenhänge sichtbar, wenn man der Sache etwas nachgeht. Und so wie mancher Kletterer des frühen 20. Jahrhunderts die Entwicklung seiner Ausrüstung von den Seeleuten abgeschaut hat, bin ich schon hier und da bei einer Unternehmung in den Bergen von einem „Ahoi“ überrascht worden. Ja, wie? Schiffe, die auf Bergen landen, kennt man doch eher aus der Bibel? Genaueres Hinhören hat ergeben, dass der Gruß von einer tschechischen Gruppe kam. Seeleute haben ihn wohl in die Sprachen Tschechisch und Slowakisch eingebraucht und dort ist der Gruß „ahoj“ nun einmal alltäglich.

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    „Wie auch immer – Hauptsache, es wird gegrüßt.“ So sagen mir meine Freunde in den verschiedenen Gegenden der Berge, die ich zu diesem Thema befragt habe. Ein Beispiel: „Bei uns im Alpstein sagt man „grüätzi“ oder „grüätzi mitänand“ oder „guätä tag“ oder „hoi“ oder „hoi zämä“ oder gar nichts. Nichts sagt man dann, wenn es klar ist, dass es Ausländer sind …“ Wobei meine Freundin hiermit überhaupt keine fremdenfeindliche Aussage treffen wollte, sondern auf eine gemeinsame Bergtour mit Bekannten aus Deutschland Bezug genommen hat. Als sie dabei, wie bei uns üblich, alle Entgegenkommenden gegrüßt hat, haben die völlig konsterniert nachgefragt, ob sie denn die alle kennen würde? Daraufhin erklärte sie mit bedeutungsvoller Stimme: „Natürlich nicht. Aber in den Bergen grüßt man sich eben.“

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