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Zell/Sele – Ein grenznaher Garten zwischen Gipfeln

Aktuelles

3 Min.

05.09.2018

Foto: Gemeinde Zell/Sele

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von Christina Schwann

Steil ragt die Koschuta über eine Länge von 11 km im Süden des Zeller Hochtales auf. Bescheidene Bauernhöfe und Einfamilienhäuser betten sich auf grünen Wiesen zu ihren Füßen, alte und neue Pfarrkirche zeugen von Tradition und Weltoffenheit zugleich. Christina Schwann hat das Bergsteigerdorf Zell (slowenisch Sele) – ein liebenswürdiges Kärntner Kleinod an der Grenze – besucht und ist dabei tief in seine bewegte Geschichte eingetaucht.

Hans M. Tuschar trifft es in seinem Buch „Alpingeschichte Bergsteigerdorf Zell/Sele“ besonders gut: „Ein von hohen Gipfel umrahmter Garten“. Genauso präsentiert sich dieses Hochtal östlich von Ferlach, wenn man der Straße über viele Kehren herauf folgt. Plötzlich liegt das Tal vor einem, rechts die dominante und gleichzeitig wie ein Schutzwall wirkende Koschuta, die kleinen Weiler verstreut am flachen Talboden und rechts hinter der Kirche der Freiberg.


Bewegte Geschichte

Schon immer war dieses von den Kärntnern geliebte Hochtal etwas ganz Besonderes. Das liegt mit Sicherheit an den Bewohnern des Grenzortes, die eine äußerst bewegte Geschichte hinter sich haben. Nach dem Ersten Weltkrieg stimmten im Zuge einer offiziellen Volksabstimmung 97 % der schon seit jeher zweisprachig lebenden Zeller für einen Anschluss an das Königreich Jugoslawien. Da sich aber im gesamten Kärntner Abstimmungsraum in Summe 56 % für den Verbleib bei Österreich aussprachen, wurde daraus nichts.

Durch den „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland verschärfte sich die Situation in Zell zunehmend. Viele begehrten auf, versteckten sich in den Wäldern oder flüchteten ins ehemalige Jugoslawien. Ein Teil verbündete sich mit den Partisanen – wer gefasst wurde, wurde verurteilt und erschossen. Als sie nach dem Krieg in der Kirche wieder slowenische Lieder singen durften, sollen die Zeller geweint haben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Tourismus nur langsam in Schwung, denn in Österreich war das Gebiet südlich der Drau in der Hand der britischen Besatzungsmacht und jeder, der es betreten wollte, brauchte eine Sondergenehmigung. Alles, was jenseits der Staatsgrenze lag, war ohnehin Sperrgebiet – wer hier erwischt wurde, hatte mit saftigen Strafen zu rechnen.


Eigenwillig aber weltoffen

Das alles konnte die Zeller aber nicht davon abhalten, regen Schmuggel mit ihren Nachbarn zu treiben. Auch die Wilderei blühte, denn die undurchdringlichen Wälder boten genug Verstecke, um niemals aufgespürt zu werden. Der Rest Kärntens sah das Zeller Hochtal bald schmunzelnd als eine eigene Republik an, die sich durch Gesetzte und Regeln nicht so leicht unterwerfen ließ.

Bekannt wurde Zell/Sele unter anderem durch die Dreharbeiten und die Ausstrahlung der Familiensage „Das Dorf an der Grenze“ in den Jahren 1982 bis 1993. Auch im Rahmen der Abstimmung um den EU-Beitritt Österreichs 1994 ließ Zell/Sele wieder einmal aufhorchen und bewies dieses Mal seine Weltoffenheit: 83 % der Bevölkerung stimmten mit „Ja“.

Seit 2013 gehört Zell/Sele dem Kreis der Bergsteigerdörfer an. 2015 bewarb sich die Gemeinde im Rahmen der TV-Produktion „9 Plätze, 9 Schätze“ unter dem Slogan „Bergsteigerdorf“. Sie wurde zum Kärntner Landessieger gekürt und konnte sich anschließend einem Millionenpublikum präsentieren.


Kleine Gemeinde, großes Bergsteigerdorf

So klein die Gemeinde Zell/Sele auch sein mag (etwas mehr als 600 Einwohner), als Bergsteigerdorf zeichnet sie sich durch ihre vielfältigen bergsportlichen Möglichkeiten, geologischen Besonderheiten und kulturellen Eigenheiten aus: Die Karawanken sind ein Teil der südlichen Kalkalpen und erstrecken sich auf einer Länge von 120 km in zwei bis drei Ketten von Arnoldstein und Tarvis im Westen bis Windischgrätz im Osten. Für Geologen ist der Gebirgszug aufgrund der erdgeschichtlich alten Gesteinsschichten ebenso interessant wie etwa die Karnischen Alpen und bereits 1984 wurde auf slowenischer Seite ein Geologiepfad angelegt, der später zum symbolträchtigen, grenzüberschreitenden „Geopark Karawanken“ erweitert wurde, dem auch Zell/Sele seit 2011 angehört.

Während in den unteren Bereichen der Karawanken meist brüchiger Muschelkalk vorherrscht, werden die Gipfelbereiche von festem Wettersteinkalk gebildet, was vor allem Bergsteiger und Kletterer sehr zu schätzen wissen. An der Nordseite des Koschutnikturms etwa befinden sich einige interessante Kletterrouten in bestem Fels. Ausgehend vom Koschutahaus der Naturfreunde können durch den Österreichischen Touristenklub und den Österreichischen Alpenverein beschilderte und markierte Wanderwege genutzt werden – heutzutage grenzüberschreitend und ohne jegliche Passkontrolle. Spektakulär präsentieren sich zudem die Klettersteige, zum einen auf den Lärchenturm (D), zum anderen auf den Koschutnikturm (C). Wer den Hochobir besteigt, wird eine atemberaubende Fernsicht zu den Hohen Tauern im Norden und den Steiner Alpen im Süden, an deren Füße sich das erste und mit Zell/Sele seit eher befreundete slowenische Bergsteigerdorf Jezersko befindet, genießen. Im Sommer bieten die Tscheppaschlucht, die Trögener Klamm, die Obir-Tropfsteinhöhle, der beeindruckende 54 m hohe Wildensteiner Wasserfall und der Freibacher Stausee willkommene Abkühlung.

Im Winter, wenn zäher Nebel im Drautal liegt, nutzen viele Einheimische und Gäste die sonnige 3 km lange Langlaufloipe im Zeller Hochtal. Die nordseitigen Kare der Koschuta werden allerdings im Hochwinter kaum von einem Sonnenstrahl gestreift – bester Pulverschnee also, der sich hier über Wochen hält. Und ganz nebenbei mausert sich im Geologie- und Alpincenter mit der 2011 errichteten Kletterhalle in Zell gerade eine zukünftige Kletterelite.

Das Zeller Hochtal, dieser „von hohen Gipfel umrahmte Garten“ ist jedenfalls einen Besuch wert und jeder der einmal hier war, wird vom Zauber dieser Landschaft tief berührt sein.

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Fakten und Infos: Zell/Sele, Kärnten

  • Hauptort: Zell-Pfarre
  • Ortsteile: Zell-Freibach, Zell-Schaida, Zell-Mitterwinkel, Zell-Oberwinkel, Zell-Homölisch, Zell-Koschuta
  • Seehöhe: 950 m
  • Gebirgsgruppe: Karawanken
  • Wichtigste Gipfel: Ferlacher Horn (1.840 m), Loibler Baba (1.968 m), Koschutnikturm (2.136 m), Hochturm (2.066 m), Hajnžturm (2.093 m), Dicke Koschuta (2.059 m), Breitwand (2.124 m), Freiberg (1.923 m), Hochobir (2.139 m)

Schutzhütten

Übernachten (Bergsteigerdorf-Partnerbetriebe):

Links:


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