Der eiserne Weg auf den Gipfel
Foto: Lea Hajner
von Lea Hajner
Auf die Zugspitze führen viele Wege. Der Klettersteig übers Höllental und den Höllenferner Gletscher gilt als einer der Schönsten. Zu Recht, wie Lea Hajner findet.
Es ist sechs Uhr morgens als wir die Hütte verlassen. Die Felsen am Ende des Höllentals leuchten in der Morgensonne. Schweigend setzen wir Fuß vor Fuß. „Langsam“, mahnt mich David unser Bergführer, „der Weg ist noch lang.“
Der höchste Berg Deutschlands ist in aller Welt heiß begehrt. Er ist sogar so beliebt, dass es auf der Gipfelplattform ein Spezial-Klo für arabische Besucher gibt. Noch viel lohnender als das Ziel ist allerdings der Weg dorthin.
Neben den verschiedenen Seilbahnen und der Bayrischen Zugspitzbahn führen diverse Wege unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades zum Gipfelkreuz. Ein besonders schöner führt von Hammersbach über den Höllental Klettersteig auf die Zugspitze. Die 2.300 Höhenmeter überwinden die meisten Wanderer auf zwei Tage aufgeteilt, mit Übernachtung in der Höllentalangerhütte.
Wir starten die Tour an einem frühen Nachmittag und wandern gemütlich zur Hütte durch die Klamm, in der sich jede Menge Tagesbesucher tummeln. Es ist ein angenehm kühler Ort an einem heißen Sommertag, der den Eintrittspreis von 4 Euro sogar ein wenig rechtfertigt. Das Programm für heute lautet: sich gewöhnen – an den Berg, die Schuhe, den Rucksack. Und sich für den morgigen Aufstieg vorbereiten. Nach zwei Stunden Gehzeit erreichen wir die Hütte.
Eine schlaflose Hüttennacht – aber es geht los!
Die Nacht im Matratzenlager ist kurz, ich bekomme kaum ein Auge zu. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, kein kleines bisschen geschlafen zu haben. Mit neun schnarchenden Wandergenossen im Zimmer finde ich einfach keine Ruhe. Aber jetzt, wo mein Körper gefordert ist, funktioniert er sang- und klaglos.
Am Ende des Tals wartet die erste Kletterpassage auf uns. Eine Leiter und eine Querung auf Stahlstiften, die aus dem Felsen ragen. Ich ziehe den Klettergurt an, montiere das Klettersteig-Set mit den beiden Karabinern und setze den Helm auf. Nach den ersten Metern schwitzen meine Hände und die Knie zittern leicht. Klick-klick machen die Karabiner und es geht stetig voran. Der erste Anstieg ist schneller überwunden als gedacht.
Nun geht es weiter über einen schmalen Schlangenweg. Wir queren ein großes Geröllfeld und erreichen den Auslauf des Gletschers. Für die kurze Strecke über Schnee und Eis packen wir die Steigeisen aus und seilen uns an. Den Großteil der Strecke haben wir jetzt zwar geschafft, doch die Schlüsselstelle steht uns noch bevor. Die Randkluft zwischen Gletscher und Fels ist im Spätsommer tiefer und weiter als sonst und erfordert neben Geschick auch eine große Portion Mut. Ich hole tief Luft und konzentriere mich auf die andere Seite, das Ziel. Den Bruchteil einer Sekunde später habe ich wieder festen Boden unten den Füßen, hänge meinen Karabiner ein und atme tief durch.
Fast 600 Höhenmeter sind es noch auf denen ich die Karabiner ein und aushänge. Ein-Aus, Ein-Aus. In den kurzen Pausen blicke ich zurück ins Tal und hinab auf die andere Seite, auf der der Eibsee wie ein Südsee-Atoll leuchtet. Das Wasser in meiner Flasche neigt sich in der prallen Sonne dem Ende zu. Gegen Mittag ist es soweit. Flasche leer. Das goldene Kreuz am Gipfel blitzt herab und gibt Kraft für die letzten Meter. Auf dem letzten Abschnitt kreuzt sich der Weg mit den Aufstiegsrouten anderer Bergsteiger. Und plötzlich ist richtig was los.
Nun muss alles schnell gehen, Leute vorbeilassen, selbst einen Platz ergattern, Gipfelfoto schießen und wieder Platz machen. Es ist eben kein ruhiger Gipfel, überall wuselt es und der Geruch von frischen Würstel und Brezen steigt von der Plattform des Schneefernerhauses, wohin man auch per Seilbahn gelangt, zum vorgelagerten Gipfel hinüber. Wir queren die letzten Meter zur Plattform.
Ungläubig schaut uns ein Chinese dabei zu wie wir unsere Klettersachen wieder verstauen. „Wo kommt ihr denn her?“ will er wissen. „Aus dem Tal,“ sage ich lachend. Er kann es kaum glauben. Erst als ich ihm einige Fotos auf meinem Handy zeige, nickt er zögerlich und meint: „Du kannst stolz sein, Mädchen.“ Bin ich auch. Jetzt sogar noch ein bisschen mehr.
Details zur Wanderung
Erster Tag: Hammersbach – Höllentalklamm (4 € Erwachsene, 1 € für AV Mitglieder) – Höllentalangerhütte zur Übernachtung. Bis hierher sind es rund 2 Stunden, je nach Schritttempo und Pausen in der Klamm. Die Höllentalangerhütte wird derzeit neu aufgebaut und sollte ab Mitte 2015 wieder offen sein. Alternativ kann man die Tour auch in einem Tag gehen.
Zweiter Tag: Leiter & Brett Klettersteig – Anstieg zum Höllenfernergletscher – Gletscherquerung (Steigeisen empfohlen) – Schlüsselstelle Randkluft – Klettersteig zum Gipfel. Rund 5 bis 7 Stunden. Talfahrt mit der Seilbahn (29 €).
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