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Mein erster Klettersteig - September 2021

Die ungebrochene Klettersteig-Faszination

• 20. September 2021
3 Min. Lesezeit
von Daniel Kubera

Der Wind pfeift mir um die Ohren, während sich meine klammen Finger an das kalte Stahlseil klammern. Ich balanciere auf einer wackeligen Nepalbrücke auf 2.800 Meter Seehöhe. Unter mir eröffnet sich ein schwindelerregender Abgrund, in den ich mit einem breiten Grinsen blicke. In diesem Moment muss ich an Herberts Worte von vorgestern denken ... 

Nepalbrücke im Klettersteig auf den Koppenkarstein
Foto: Bergwelten
Die Nepalbrücke des Koppenkarstein-Klettersteigs
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Freitag – Schöne Bilder und Top-Equipment

„Die Faszination Klettersteig ist ungebrochen. Die Eisenwege ermöglichen es, in Regionen vorzudringen, die normalerweise nur Kletterern vorbehalten sind.“ Mit diesen Worten zündet Herbert Raffalt sein Foto-Feuerwerk. Es ist Freitagabend und ich sitze gemeinsam mit 50 Bergbegeisterten im Veranstaltungszentrum Ramsau am Dachstein. Ich darf das erste Mal – stellvertretend für die Bergwelten-Redaktion – das Event „Mein erster Klettersteig“ begleiten. Während ich dem bildgewaltigen Einführungsvortrag des Bergführers und Fotografen Herbert lausche, kann ich die kommenden Tage kaum noch erwarten. In den leuchtenden Augen um mich herum sehe ich, dass es den anderen Teilnehmern genauso geht.

Ramsau am Dachstein – welcher Veranstaltungsort könnte besser passen, als jener, wo 1843 der erste Klettersteig der Alpen errichtet wurde? Seit Friedrich Simony vor rund 180 Jahren den Gipfel des Dachsteins zugänglicher machte, hat sich einiges getan. Heute gibt es in der Region 26 Klettersteige in den unterschiedlichsten Schwierigkeiten.

„Mein erster Klettersteig“ - Tag 1

Einige davon werden wir in den kommenden Tagen selbst erkunden. Davor gibt es noch die Möglichkeit, die dafür nötige Ausrüstung bei unseren Partnern auszuleihen und zu testen – ein großes Dankeschön an dieser Stelle an PETZL, LOWA, SCARPA, SKYLOTEC, LA SPORTIVA, KARPOS und STUBAI.

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Samstag – Der erste Klettersteig mit Angelika Rainer

Bevor es – bei Traumwetter – endlich in die Vertikale geht, werden wir in Gruppen eingeteilt. Insgesamt stehen uns neun Bergführer zur Seite, die für unsere Sicherheit sorgen. Da ich schon einige Klettersteig-Höhenmeter am Buckel habe, schließe ich mich der Gruppe von Bergführerlegende Hans Prugger – der viele Klettersteige am Dachstein gebaut hat – an. Die motivierte Truppe nimmt gleich alle drei anspruchsvollen Steige in der Silberkarklamm in Angriff. 

Denn auch wenn das Event „Mein erster Klettersteig“ heißt, sind einige Teilnehmer bereits zum X-ten mal mit dabei. Die kommen natürlich genauso auf ihre Kosten wie die „echten“ Anfänger, die heute am moderaten Sattelberg unterwegs sind. 

Unterwegs in der Silberkarklamm und am Sattelberg

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Begleitet werde ich übrigens von Angelika Rainer. Die Südtirolerin ist dreifache Weltmeisterin im Eisklettern und Ehrengast des Events. „Normalerweise nutze ich Klettersteige im Abstieg nach Kletterrouten. Sie jetzt einmal in dieser wunderschönen Gegend nach oben zu gehen, ist eine richtig coole Erfahrung und macht Riesenspaß”, erzählt mir die 34-Jährige, während sie wie eine Gams scheinbar mühelos den Siega-Klettersteig empor hüpft. 

Erkenntlich für die Erfahrung zeigt sich Angelika mit einem abendlichen Film-Vortrag über ihre schönsten Reisen und erfolgreichsten Momente als Profi-Sportlerin. Eine inspirierende Präsentation, die noch mehr Lust auf den letzten Tag macht! Zum Abschluss gibt es die Auslosung des Bergwelten-Gewinnspiels.

Vortrag von Angelika Rainer

Sonntag – Hochgefühle am Dachstein

Nach einer kurzen Nacht schließe ich mich mit Angelika einer anderen Gruppe an, für die es heute hoch hinaus geht. „Kommts doch mit uns mit auf’n Koppenkarstein“, wurden wir beim gemütlichen Zusammensitzen am Vorabend eingeladen. Und wer kann da schon Nein sagen? Immerhin zählt der aussichtsreiche Genuss-Klettersteig über den Westgrat auf den 2.863 m hohen Gipfel zu den schönsten der Region. Außerdem wollte ich immer schon einmal über die legendäre Hängebrücke balancieren. Die anderen Gruppen sind heute übrigens – nicht minder spektakulär – am Stoderzinken und wieder in der Silberkarklamm unterwegs.

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Gesagt, getan! Mit der Südwandbahn geht es auf 2.700 Meter und nach einem kurzen Abstieg über den Gletscher erreichen wir auch schon den Einstieg in den Westgrat-Klettersteig. Rund 30 Minuten später stehen wir vor besagter Nepalbrücke, meinem Highlight des Wochenendes. 

Klettersteige am Stoderzinken und Dachstein

Ja, es ist kalt und ja, der Wind pfeift mir um die Ohren. Aber die unbeschreiblichen Aus- und Tiefblicke sind es wert. Ich stehe auf der Nepalbrücke des Koppenkarsteins auf 2.800 Meter Seehöhe und umklammere die kalten Stahlseile. Ich lasse meinen Blick in die Ferne schweifen: vom Toten Gebirge über den Alpenhauptkamm – mit Glockner, Venediger und wie sie alle heißen – bis hin zum Hochkönig. Unter mir eröffnet sich ein schwindelerregender Abgrund.

Es ist einer dieser Momente: Alles fühlt sich richtig an. Alles macht Sinn. Es gibt im Hier und Jetzt keinen Ort, an dem ich lieber wäre. Genau dafür gehe ich in die Berge. Für dieses Gefühl. Eines, das man wahrscheinlich nur verstehen kann, wenn man es selber einmal erlebt hat. Ich stehe da und kann einfach nicht aufhören zu grinsen.

Angelika Rainer im Klettersteig auf den Koppenkarstein
Foto: Bergwelten
Angelika Rainer im Klettersteig auf den Koppenkarstein

Herbert hat Recht: Die Faszination Klettersteig ist ungebrochen – und ich bin mir sicher: Das wird sie auch noch lange bleiben. Die Eisenwege werden weiterhin Generationen begeistern, die auf ihnen durch die Bergwelten wandeln. Danke für das tolle Wochenende. Wir sehen uns nächstes Jahr!

Falls du auch einmal bei einem Bergwelten-Event dabei sein willst: Das nächste steht bereits vor der Tür. Starte gemeinsam mit uns in die Skitouren-Saison:

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