Bergportrait: Marmolata (3.343 m)
Die „Königin der Dolomiten“, wie die Marmolata gerne genannt wird, ragt 3.343 Meter in den italienischen Himmel und rund um sie ranken sich zahlreiche Sagen und Geschichten – nicht zuletzt weil sie vor kurzem erst Schauplatz eines tragischen Unglücks wurde.
Höhe und Lage
Mit ihren 3.343 Metern ist die Marmolata, oder auf italienisch: Marmolada, der höchste Berg der Dolomiten. Sie liegt in der Marmolatagruppe, die sich zwischen den Provinzen Trentino und Venetien aufbaut. Genau genommen ist der Dreitausender ein Gratrücken, bestehend aus der Punta Penia (höchster Punkt, 3.343 m), der Punta Rocca (3.309 m), der Punta Ombretta (3.230 m), dem Pizzo Serauta (3.035 m) und der Punta Serauta (3.069 m). Die „Königin der Dolomiten“ fällt im Süden steil ins Ombrettatal ab, während sie im Norden in sanfter Neigung zum Passo Fedaia hin ausläuft. Auf dieser Seite befindet sich auch der Ghiacciaio della Marmolada, der einzige größere Gletscher der Dolomiten.
Direkt am höchsten Punkt der Marmolata, auf der Punta Penia, befindet sich die Schutzhütte Capanna Punta Penia, die bereits im Ersten Weltkrieg von einer österreichischen Garnison erbaut wurde. Wer hier schon nicht einkehrt, sollte zumindest das stille Örtchen aufsuchen – aufgrund der ausgesetzten Lage wird das Geschäft am Berg zum Erlebnis.
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Geschichte und Geschichten
Bereits im Jahr 1802 kamen drei Priester, ein bischöflicher Richter und ein Chirurg dem höchsten Punkt der Marmolata sehr nahe – sie gelangten bis zum Höhenkamm bei der Punta di Rocca (3.309 m). Im Abstieg verunglückte einer der Priester, was die Mythen und Sagen wieder neu befeuerte.
Der Legende nach gab es in früheren Zeiten nämlich gar keinen Gletscher am höchsten Berg der Dolomiten, sondern lediglich ertragreiche Almwiesen. Eines Sonntags sollen zwei Bauern nicht mit ins Tal zum Gottesdienst gekommen zu sein, um die Heuernte noch vor dem nächsten Niederschlag ins Trockene zu bringen. Weil sie die Feiertagsruhe missachtet hatten, begann es heftig zu schneien – so lange, bis die gesamte Alm von einem riesigen Gletscher bedeckt war. In einer anderen Fassung der Sage erzählt man sich, dass die Bauern von einer gottlosen Gräfin zur Arbeit gezwungen wurden. Als es zu schneien begann, konnten sich die armen Bauern in Sicherheit bringen, während die Gräfin unter den Schneemassen begraben wurde.
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Kein Wunder also, dass sich erst 54 Jahre später wieder jemand an die Marmolata-Besteigung wagte. Am 25. August 1856 brach eine Sechsergruppe bestehend aus drei Priestern (andere als beim ersten Versuch), einem Adelsspross, einem Führer und einem Gamsjäger vom Passo Fedaia Richtung Punta di Rocca auf. Sie beanspruchen die Erstbesteigung des zweithöchsten Punkts der Marmolata für sich, ohne dass in ihrem Bericht etwas darüber zu lesen war.
Als der Mitbegründer des Österreichischen Alpenvereins, Paul Grohmann, im Juli 1862 dort oben ankam, konnte er keinerlei andere Aufstiegsspuren finden. Der Österreicher war es auch, dem mit den beiden Bergführern Angelo und Fulgenzio Dimai die Erstbesteigung der 34 Meter höheren Punta Penia gelang.
Im Ersten Weltkrieg war die Marmolata dann Grenzberg zwischen Österreich-Ungarn und Italien. In diese Zeit der Gebirgskriege fällt auch eines der größten Lawinenunglücke der Alpingeschichte, bei dem rund 300 österreichische Soldaten in einer riesigen Nassschneelawine den Tod fanden. Insgesamt kamen in Südtirol an diesem Tag mehrere Tausend Soldaten in dutzenden Lawinen ums Leben. An manchen Frontabschnitten starben sogar mehr Soldaten durch Lawinen als durch feindlichen Beschuss.
Der Gletschersturz 2022
Am 3. Juli 2022 kam es am Gipfel-Gletscher der Punta Rocca zu einem tragischen Unglück. Ein großer Teil des Gletschers brach ab und donnerte als Eislawine über den Nordhang auf die Normalroute zum Gipfel hinab. Dabei kamen elf Menschen ums Leben, weitere acht wurden teils schwer verletzt. Experten führen den Gletscherabbruch auf den Klimawandel zurück: Durch die hohen Temperaturen der vorhergegangenen Tage, gepaart mit dem zu warmen und niederschlagsarmen Winter, konnte sich Schmelzwasser unter dem Eis sammeln, das für weniger Reibung am Fels sorgte.
Man geht davon aus, dass sich solche – bisher äußerst seltenen – Ereignisse in Zukunft häufen könnten. Wie sich die Berge verändern und was wir tun können, um sie zu schützen lest ihr im Bergwelten-Dossier „Die Zukunft der Berge“.
Gut zu wissen
Ihren Namen hat die Marmolata angeblich ihrem Aussehen zu verdanken – der Fels sehe ähnlich aus wie Marmor.