7 Bergseen und ihre Sagen
Die mitunter klarsten Gewässer in unserer Natur sind oftmals doch recht undurchdringlich – und regen als geheimnisvolle Spiegel seit jeher die Phantasie der Menschen an. Drachen, Vulkane und schwarze Reiter – hier lest ihr 7 Sagen zu 7 prächtigen Alpen-Bergseen, samt Tourentipps.
Zireiner See – Wo Lehm zu Gold wird
Tirol/ Rofangebirge
Das „blaue Auge des Rofan“ auf 1.799 m ist ein beliebtes Fotomotiv. Kein Wunder – einen schöneren Bergsee als dieses fast kreisrunde Gewässer mit seinem glasklaren – aber auch sehr kalten – Wasser, kann man sich kaum vorstellen.
Alle Wanderer, die – überwältigt von so viel Schönheit – an seinem Ufer einschlafen, seien an dieser Stelle aber gewarnt: Die zieht das Auge nämlich erbarmungslos in die Tiefe!
Einer anderen Sage nach hütete einst ein Hirte sein Vieh über dem Zireiner See. Nichts wünschte er sich sehnlicher als einen Batzen Lehm, um die Mauern seiner kleinen Hütte abdichten zu können. Ein kleines Mädchen zeigte ihm eine Stelle, wo er genügend Lehm finden konnte. Er besserte damit seine Mauern aus – als er am folgenden Tag aufwachte, hatte sich der Lehm in pures Gold verwandelt. Das Lehmvorkommen oberhalb der Hütte hingegen war für immer verschwunden.
Beliebt auf Bergwelten
Karersee – Nix mit der bezirzten Nixe
Südtirol/ Dolomiten
Der Karersee in Südtirol, in dessen türkisblauem Wasser sich der Gipfel des Latemar spiegelt, darf aus Umweltschutzgründen nicht betreten werden – auf einem Wanderweg lässt sich das Naturjuwel aber in circa einer Stunde umrunden.
Einer Sage zufolge lebte im See einst eine wunderschöne Wasserjungfrau, in die sich der Hexenmeister von Masaré verliebte. Um ihre Gunst zu gewinnen, empfahl ihm die Hexe Lanwerda sich als Juwelenhändler zu verkleiden und einen Regenbogen vom Rosengarten bis Latemar zu schlagen. Die Nixe aber erschrak vor der ganzen Aktion und verschwand für immer im See. Der Hexenmeister war so wütend, dass er die Juwelen in den See warf – und die Regenbogenstücke gleich dazu. Gut für uns – so schimmert der See noch heute in prächtigen Regenbogenfarben.
Auch beliebt
Lünersee – Der griesgrämige Vulkan
Tirol/ Rofangebirge
Hoch über dem Dörflein Brand im Vorarlberger Rätikon breitet sich auf 1.970 m der Lünersee als tiefblauer Spiegel aus. Rund zwei Stunden braucht man, um ihn zu umwandern. Er ist von hohen Felswänden eingekesselt, die nur im Norden eine schmale Öffnung freilassen.
Kein Wunder, dass dieses besondere Naturjuwel auf die Menschen stets geheimnisvoll wirkte. Die Vorarlberger erzählen sich, dass im Lünersee allerhand Geister hausen, die Kapuziner und fromme Priester hineinverbannt haben. Es wird auch prophezeit, dass er eines Tages ausbrechen werde. Sein Wasser soll dann bei der Bludenzer Kirchenstiege bis zur siebenten Stufe hinaufreichen und der ganze innere Walgau wird überschwemmt sein.
Das es bisher noch nicht dazu kam, läge einzig an einem ungeheuren Felsblock, der mittels mächtiger eiserner Klammern an die unterirdische Öffnung angeschmiedet ist und so den Ausbruch hemmt.
Wildsee – Party in der Bergkirche
Steiermark/ Seetaler Alpen
Der Wildsee in der Steiermark liegt etwas abseits der Hauptwanderroute auf den beliebten Zirbitzkogel auf rund 2.000 m.
Vor Zeiten stand an seiner Stelle ein Bergkirchlein, in dem die Senner und Sennerinnen der umliegenden Almen die Sonntagsmesse besuchen konnten. Einmal aber geschah es, dass die Burschen und Mädchen im Übermut ein Trinkgelage abhielten und in den heiligen Mauern zu tanzen begannen.
Da stand plötzlich eine unbekannte alte Frau in der Kirche. Sie verwünschte das freche Treiben der jungen Leute und begann aus einem Gefäß, das sie bei sich trug, Wasser auszugießen. Das Wasser stieg höher und höher, bis nicht nur alle Frevler ertranken sondern das ganze Kirchlein in den Fluten des sich bildenden Sees versank. Nur die Spitze des Kirchturms stand noch ein wenig aus dem Spiegel heraus.
Dem nicht genug: Jahre später versuchte ein frommer Landwirt mittels zwei Stieren die Kirche wieder aus dem Wasser zu ziehen. Dazu schlang er eine lange Kette um die Turmspitze. Im letzten Moment aber, als schon die Schwelle der Kirchentür zum Vorschein kam und es nur noch eines kleinen Ruckes bedurfte, ging den Tieren die Kraft aus und die Kirche versank – dieses Mal einschließlich der Turmspitze – für immer auf den Grund des Sees.
Walchensee – Die bayerisch-portugiesische Achse
Bayern/ Bayerische Voralpen
Mit einer maximalen Tiefe von 190 Metern zählt der Walchensee zwischen Garmisch-Partenkirchen und Bad Tölz zu den tiefsten Alpenseen Deutschlands. Seit den 1930er-Jahren ist er ein beliebtes Ausflugsziel der Münchner.
Die einheimische Bevölkerung fühlte sich seit jeher eng mit dem See verbunden – auch an erstaunlichen Erzählungen mangelt es nicht. Unerhörtes ereignete sich z.B. am Allerheiligentag des Jahres 1755: als in Portugal die Stadt Lissabon von einem Erdbeben größtenteils zerstört und vom Meer verschlungen wurde, begann auch der ferne Walchensee im Bayerischen zu brodeln und warf ein paar Fischer mittels haushoher Wellen in die Höhe. Klar, dass sie alsbald zum Kurfürsten nach München beordert wurden, um ihm Bericht zu erstatten.
Viellicht lag es ja daran, dass der See (in dem auch ein ungeheurer Waller hausen soll) durch eine Ader mit dem Meer in Verbindung steht, wie man munkelt. Deshalb sei er auch unergründlich. So habe man schon mehrmals die schwersten Steine an langen Seilen in den See hinabgelassen, am Boden angekommen sind die aber nie.
Gosausee – Schwarze Reiter mit Flossen
Oberösterreich/ Dachsteingebirge
Der Gosausee liegt im oberösterreichischen Salzkammergut am Fuße des Dachsteins.
Zwischen 1712 und 1715 – zur Zeit der Gegenreformation – kam es hier, im Herzen des Salzkammergutes, zu schweren Zusammenstößen zwischen katholischen und evangelischen Christen. Um Frieden zu stiften, sandte der Kaiser mehrere Kompanien Soldaten ins Krisengebiet. Nicht wenige Protestanten begannen daraufhin auszuwandern, um Strafgerichten zu entgehen.
Eines besonders strengen Winters machten sich wieder mehrere evangelische Familien aus Gosau und Umgebung ins steirische Ennstal auf. Dort, in Ramsau, hatten schon viele ihrer Glaubensgenossen eine neue Heimat gefunden. Die kleine Schar zog bei eisigem Winterwetter schweigend über den zugefrorenen Vorderen Gosausee dahin – doch ihre Flucht wurde verraten. Schon bald waren die „schwarzen Reiter“, wie man die dunkelgekleideten Soldaten überall nannte, hinter ihnen her. Die Eisdecke hielt der Belastung der über den See galoppierenden Rösser aber nicht stand – die Pferde brachen ein und rissen ihre Reiter mit in die Tiefe. Dort wurden sie nach dem Volksglauben in kurze schwarze Fische verwandelt.
Die „Schwarzreiter“ (oder auch „Schwarzreuter“) gibt es – nur hier im Gosausee – bis heute: sehr schmackhafte kleine Seesaiblinge mit schwarzem Rücken. Und gleiten sie an drückend heißen Sommertagen bis zum Wasserspiegel empor, dann sagen die Gosauer: „Siagst sie dort? Die schwarzen Reiter lassen sich a wieder amal anschaun!
Meerauge – Der Grenzen überschreitende See
Kärnten/ Karawanken und Bachergebirge
Das Meerauge liegt im idyllischen Bodental in Kärnten auf 1.052 m Seehöhe. Es handelt sich dabei um ein in der Eiszeit durch einen Gletscher erzeugtes Toteisloch.
Der Sage nach ist es damit freilich noch längst nicht getan: Es heißt, dass das Meerauge unterirdisch mit anderen Gewässern, ja, sogar mit dem Meer verbunden sein soll. So soll einmal dem Bodenbauer bei der Heuernte das voll beladene Ochsengespann durchgegangen und in das Meerauge gestürzt sein. Als der Bauer wenige Minuten später am Ufer ankam, konnte er nur noch tatenlos zusehen, wie die der Wagen samt Ochsen versank. Mehrere Wochen später soll man am Veldeser See im heutigen Slowenien, auf der anderen Seite der Karawanken, das Joch des Gespanns schwimmend gefunden haben. Sowas nennt man wohl eine völkerverbindende Geschichte.
Das Meerauge ist heute durch einen gut gesicherten Steig erschlossen. Vom Gasthof Bodenbauer, der am Ende des Bodentals liegt, ist es bequem aus zu erreichen.