Als am Anninger um die Meisterschaft gerodelt wurde
Foto: W. Kuntara
von Christian Prügger
Ruinen künden am Anninger noch heute von einer Zeit, als sich Rodler auf der „großartigsten Kunstbahn Österreichs“ duellierten.
Viel Platz findet der Wintersport in Wien und Umgebung nicht gerade vor. Zwar wälzen Medien und Lokalpolitiker immer wieder Pläne, von einer Skisprungschanze und einem Ski-Weltcup-Rennen bei Schloss Schönbrunn ist die Rede, doch konkret tut sich wenig. Dabei zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher, dass es für den Wintersport in vergangenen Zeiten durchaus Möglichkeiten gab.
Wenige Kilometer vor Wien befand sich bei Mödling die Anninger-Rodelbahn, „die modernste und großartigste Kunstbahn Österreichs“ (Illustriertes Sportblatt 7. Januar 1928). Seinen Anfang nahm die Geschichte mit der Gründung des Anninger-Rodelvereins im Jahre 1907. Der Verein baute die Anninger-Straße zur Rodelbahn aus, sodass österreichische Meisterschaften und internationale Rennen auf dem Hausberg der Mödlinger stattfinden konnten.
Konfliktpotential am Berg gibt es aber nicht erst seitdem Tourengeher und Mountainbiker im Aufwind sind, auch „in der guten alten Zeit“ dürften diverse Unstimmigkeiten zwischen den Erholungssuchenden und ihren unterschiedlichen Wünschen aufgekommen sein. Um die Situation zu entschärfen und gleichzeitig den Rodelsport zu stärken wurde 1924 eine eigene Kunstbahn abseits der Straße errichtet.
Schneemangel und erster Sieger
Mit einer Länge von 1.700 Meter führte die Bahn vom ehemaligen „Kaisergerndlhaus, die Anningerstraße auf einer Holzbrücke übersetzend, bis in das Hinterbrühler Kiental“ hinab. Bis die Bahn jedoch endlich ihre feierliche Bestimmung aufnehmen konnte, dauerte es noch einige Zeit. Der banale Grund: Schneemangel. Nachdem die österreichischen Rodelmeisterschaften auf Kunstbahnen mehrmals verschoben wurden, konnte im Jänner 1929 erstmals ein großes Rennen auf der „neuen“ Bahn abgehalten werden. Fred Langer konnte sich als erster Sieger in die Geschichtsbücher eintragen (Badener Zeitung 12.1.1929). In den folgenden Jahren wurden trotz Geldprobleme des Rodelvereins mehrfach Meisterschaften abgehalten.
Eine prominente Rolle spielten auch die Anninger-Rodeln. Hergestellt wurden sie vom Besitzer des Gasthaus Krauste Linde Georg Weiss. Ihr guter Ruf begründete sich in der „Tatsache, dass Mödlinger mit ihren niedrigen Anningerrodeln bei Wettbewerben stets Preise, oft sogar erste, davontragen.“
Tödlicher Rodel-Unfall
Ein tödlicher Unfall sorgte 1935 für eine Verkürzung der Bahn, der zweite Weltkrieg brachte dann das vorläufige Aus für die Rennen am Anninger. Die Steilkurven und die Brücke wurden als Brennholz gebraucht. Erst in den 1960er-Jahren konnte der Rodelsport wieder kurzfristig Fuß fassen.
Nachdem das Rodeln zur olympischen Sportart aufstieg, galt es auch die neuen Richtlinien umzusetzen. Auf der 1.000 Meter langen neuen Strecke konnte 1966 der „Große Preis von Österreich“ ausgetragen werden. Die Renaissance währte jedoch nicht lange an, 1971 fand das letzte Rennen auf der Anningerbahn statt. Ruinen der teilweise betonierten Rodelbahn sind heutzutage noch gut sichtbar.
Offizielle Rennen finden schon lange nicht mehr statt, als Rodelstrecke ist der Anninger aber heute so beliebt wie eh und je. Genügend Schnee vorausgesetzt herrscht auf der Anninger-Straße bis in die späten Abendstunden hinein reger Verkehr. Die Bahn mag zwar nicht mehr das Gefälle von früher bieten, auch Steilkurven gibt es schon lange keine mehr, aber der ständige Gegenverkehr und die berüchtigte S-Kurve bei der Hans-Riffer-Quelle sollte einen auch heute noch zur Vorsicht mahnen.
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