Audienz bei König Ortler
Foto: Marco Demuth / Men'sHealth
von Daniel Kubera
Majestätisch steht er da und wacht über sein Königreich: der Ortler, mit 3.905 Metern die höchste Erhebung Südtirols. Zu seinen Füßen liegt der kleine Ort Sulden, in dem der Outdoor-Ausstatter Salewa seine gleichnamige Ortles-Kollektion präsentierte und die Möglichkeit bot, diese gleich zu testen – bei einer Besteigung des Eisriesen. Bergwelten-Redakteur Daniel Kubera war dabei.
„Quanto basta“ – genau richtig
Die Ortles-Linie wurde als funktionelles Komplettsystem – von der Haube bis zum Schuh – für anspruchsvolle Bergsteigerinnen und Alpinisten konzipiert. Das Erfolgsrezept: „Quanto basta“, italienisch für „genau richtig“. Heißt: Es wird auf unnötigen Schnickschnack verzichtet und nur das geboten, was man für anspruchsvolle Bergtouren braucht. Nicht mehr, nicht weniger. Zumindest wenn man Thomas Moe, dem Product Director von Salewa, glaubt.
So viel zur Theorie. Aber hält die Kollektion in der Praxis, was sie verspricht? Um das herauszufinden, können wir ausgewählte Kleidungsstücke ausleihen und sie in der Umgebung testen, für die sie entwickelt wurden: im hochalpinen Gelände am Ortler.
Der Ortler im Portrait
Bergportrait: Ortler (3.905 m)
Ascendio – Wir steigen in die Höhe
Wir packen unsere Hochtourenrucksäcke und machen uns auf den Weg zur Julius Payer Hütte (3.029 m). Bereits nach den ersten Metern wird mir klar: Von meinen Bergbegleitern ist einer fitter als der andere.
In nicht einmal 90 Minuten überwinden wir die 6 km und 730 hm zur Tabarettahütte (2.556 m). Während ich auf der Terrasse noch durchschnaufe, verkündet Thomas Aichner, Marketing Director von Salewa, bereits: „Da das Wetter morgen schlecht wird, haben wir in Absprache mit unseren Bergführern entschieden, dass wir jetzt gleich auf den Gipfel gehen. Wir wollen in vier Stunden oben sein.“
Der Normalweg im Detail
Auf den Ortler
Das sind noch einmal 1.400 hm, wobei die letzten 900 hm durch äußerst anspruchsvolles Gelände führen – und ich bin nicht akklimatisiert. Das übersteigt meine konditionellen Fähigkeiten, so ehrlich muss ich sein. Ich passe schweren Herzens.
Es finden sich jedoch zehn motivierte Mitstreiter, die es versuchen. Ich ziehe heute noch meinen Kletterhelm vor den vier Kollegen, die es letztendlich geschafft haben. In 5 Stunden vom Tal auf den Gipfel des Ortlers – beeindruckend!
Der Rest von uns steigt in gemächlicherem Tempo bei herrlichem Wetter zur Julius Payer Hütte auf, die Drehort für einen „Harry Potter“-Film sein könnte. Magisch klebt sie wie ein Schwalbennest auf dem Felsgrat, der Ortler im Hintergrund komplementiert das hollywoodreife Panorama.
Die Julius Payer Hütte im Detail
Julius Payer Hütte
Beim Abendessen erfahren wir, dass morgen eine weitere Gruppe den Aufstieg versuchen wird. Das Wetter wird zwar alles andere als gut und die Chancen, den Gipfel zu erreichen, stehen schlecht – ein kleines Wetterfenster schürt dennoch Hoffnung. Ich bin im Zwiespalt, entscheide mich aber, mitzugehen. Zu sehr würde ich es bereuen, wenn es klappt und ich es nicht probiert hätte.
Gipfeltag – oder?
Gegen 06.00 Uhr starten wir mit Stirnlampen bei fantastischer Morgenstimmung. Der Nebel liegt im Tal, während wir emsig Richtung Gipfel steigen. Langsam geht die Sonne auf und färbt den Horizont und das Wolkenmeer unter uns rot. Egal, ob wir es auf den Gipfel schaffen oder nicht, alleine dieser Anblick war es wert.
Der erste Teil des Normalweges besteht aus Felskletterei bis in den III. Grad. Bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt bewegen wir uns frohen Sinnes auf den Gipfel zu. Anders geht es meiner Kamera ... ihr ist scheinbar ziemlich kalt und sie weigert sich, zwei Stunden lang Fotos zu machen. Zum Glück war eine Drohne inklusive Pilot mit von der Partie, die etwas kälteresistenter war.
Gegen 07.15 Uhr erreichen wir den zerklüfteten Gletscher. Wir legen Steigeisen an und bahnen uns den Weg durch das Spalten-Labyrinth zum Biwak. Kurz vor der Steilstufe auf 3.400 Metern bewahrheitet sich der Wetterbericht. Leider sogar früher als prognostiziert: Es beginnt zu schneien und der Wind frischt auf. Wir beraten uns mit unserem Bergführer und entscheiden – so wie alle anderen Seilschaften bis auf eine – umzudrehen.
Mit jedem Schritt nach unten zieht es über uns weiter zu, während unter uns die Wolken aus dem Tal immer höher gedrückt werden. Als wir wieder am Fels sind, ist der Weg – vor allem im unteren Bereich – angezuckert und ziemlich rutschig. Eisige Stellen, die beim Aufstieg noch gut erkennbar waren, sind mit Schnee bedeckt. Eine heikle Situation, Ausrutschen könnte hier fatale Folgen haben. Wir klettern umso behutsamer ab und sind froh, als wir wieder bei einem Tee in der gemütlichen Stube der Julius Payer Hütte sitzen.
Wir wärmen uns kurz auf, bevor wir am Wanderweg weiter ins Tal spazieren. Etwas unterhalb der Hütte geht der Schneefall in Regen über, der uns den restlichen Abstieg über ein treuer Begleiter bleibt.
Abschließende Gedanken
Die Tour am Ortler hat mir wieder einmal die Grenzen des Bergsteigens aufgezeigt. Die selbst- wie auch fremdbestimmten. Aber was wären die Gipfelsiege ohne Rückschläge? Die Tage mit wolkenlosem Himmel ohne jene mit Sauwetter? Sie gehören dazu und sind die bittersüßen Wermutstropfen, die ein gelungenes Rezept geschmacklich abrunden. Alles ist gut. Genau richtig. Quanto basta!
Video vom Ortler
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Fazit zur Ausstattung
Ich durfte eine Weste als Midlayer, darüber die geliehene „Ortles 3L Powertex“-Jacke und -Hose als Außenschicht testen. Trotz -2 °C war mir nicht kalt – die Hardshell hält den Wind draußen und die Wärme drinnen. Trotzdem ist sie äußerst atmungsaktiv und sorgt für ein angenehmes Körperklima. Erst in der warmen Dusche gelangte körperfremde Feuchtigkeit an meine Haut. Beim Klettern ermöglicht die Kombi eine gute Bewegungsfreiheit und bleibt immer da, wo sie sein soll.
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