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Ein Blick hinter die Wand

Menschen

2 Min.

13.05.2015

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Reinhard Fichtinger schraubt bei großen Boulder-Wettbewerben Routen – so auch bei der EM 2015 in Innsbruck (14.-16. Mai). Wir haben ihm vor dem großen Boulder-Fest die Geheimnisse der Routensetzer entlockt.

Bergwelten: Reini, du schraubst Boulder, aktuell bei der Boulder-EM am Marktplatz in Innsbruck. Fallen dir diese Routen eigentlich manchmal im Traum ein?

Ja, hin und wieder wirklich! Vor allem wenn ich viel unterwegs bin, um bei verschiedenen Wettkämpfen zu schrauben – dann träume ich davon und meistens kann ich mich am nächsten Tag noch an die Linie erinnern.

Was steckt hinter deinen Kletterrouten? Erzählen sie eine Art Geschichte?

Die Boulder erzählen keine Geschichte, sie stellen vielmehr ein Rätsel dar. Die KletterInnen versuchen beim Bewerb dieses Rätsel innerhalb von 5 Minuten zu lösen. Das ist die Herausforderung an die AthletInnen.

Wie schaut das speziell bei einer Boulder-EM aus, wird da vorher getestet?

Wir sind ein internationales Team von Routensetzern und wir testen wirklich alle unsere Boulder vorab. Die müssen ja viele Ansprüche erfüllen. Zum einen müssen wir auf die AthletInnen eingehen: Die Boulder müssen schwierig genug aber auch fair sein (vor allem die Größe der KletterInnen spielt hier eine wichtige Rolle). Andererseits wollen wir natürlich dem Publikum eine super Show bieten und keine langweiligen Linien an die Wand schrauben.

Wie läuft denn so ein Testvorgang ab?

Da wir uns die Routen selbst ausdenken, wissen wir natürlich um die Schwierigkeiten des Boulders. Wir testen diesen gemeinsam. Über einzelne Züge erarbeiten wir uns die finale Linie. Jeder im Team hat seine individuellen Boulderstärken, die wir dann auch einsetzen können.

Worin liegt denn deine Stärke?

(Lacht) Ich bin am ehesten der Dynamo-Spezialist im Team. Sprünge und koordinative Boulder liegen mir.

Das heißt, ihr klettert alle Boulder vorab selbst und schafft es, sie komplett durchzusteigen?

Naja. Wir versuchen selten die Boulder durchzusteigen, probieren sie meist in Etappen und können danach abschätzen, ob der Boulder im Wettkampf funktionieren kann.

Dann steht ihr ja den TeilnehmerInnen in puncto Können um nichts nach?

Das lässt sich so nicht beantworten. Wir erarbeiten ja das Problem und kennen die Züge. Die AthletInnen haben hingegen nur 5 Minuten Zeit, um das Boulderproblem zu lösen. Das ist die Schwierigkeit bei einem Wettbewerb.
Die KletterInnen dürfen sich gegenseitig nicht beobachten, sie befinden sich in der „Isolationszone“ und kommen nur für ihren Auftritt zur Wand.
Wir bauen die Griffe vor dem Wettkampf ab und erst kurz vor dem Bewerb werden alle Routen an die Wand geschraubt.

Die Routensetzer klettern allesamt auf einem hohen technischen Niveau?

Ja, wir sind alle schon lange dabei und waren zum Teil selbst aktiv im Wettkampfgeschehen.

Die Routen sind gesetzt – wie geht es dir dann während des Wettkampfs? Ist das Verfolgen des Bewerbs auch für die Setzer ein Nervenkitzel?

Ich bin natürlich aufgeregt und für mich ist es spannend zu sehen, ob die Boulder dem Niveau entsprechen: Wie viele Versuche braucht ein Athlet, um ein Problem zu lösen? Daraus kann ich gute Rückschlüsse ziehen, ob der Boulder zu leicht oder zu schwierig war. Auch die Art der Entschlüsselung ist extrem spannend: Die KletterInnen finden oft sehr unterschiedliche und individuelle Lösungen. Manche haben wir eingeplant, manche überraschen uns hingegen und man denkt sich: „Wow, geniale Lösung!“.

Zur Person: Reinhard „Reini“ Fichtinger wurde 1975 in Zwettl geboren und begann mit 13 an den Granitfelsen des Waldviertels zu klettern. 2001 übersiedelte er nach Innsbruck, wo er heute lebt. Er ist einer der aktivsten Routensetzer in Österreich und schraubt regelmäßig bei internationalen Wettbewerben. Zudem reist er als Fotograf mit den bekanntesten KletterInnen um den Globus und designt in einer kleinen Werkstatt nahe Innsbruck bunte Kunstklettergriffe für Kletterhallen. Bleibt dazwischen noch irgendwann Zeit, geht er natürlich: Klettern.