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Das war meine 24 Stunden Burgenland Extrem-Wanderung

Aktuelles

5 Min.

05.03.2019

Foto: 24 Stunden Burgenland

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Was führt einen Bergfreak wie unsere Autorin ins flachste Bundesland Österreichs? Die Neugierde! Sie möchte unter winterlichen Bedingungen 60 Kilometer um den größten See des Landes wandern. In der endlosen Weite der Pannonischen Tiefebene ist für sie zwar kein Berg in Sicht, dafür muss sie dem eisigen Wind die Stirn bieten und sogar durch die „Hölle“ gehen. Warum ihr dabei trotzdem warm ums Herz wurde, lest ihr hier.

Bericht: Yvonne Tremmel

Unter dem Motto „LIVE LOVE MOVE“ riefen die Organisatoren von 24 Stunden Burgenland Extrem auch diesen Jänner wieder zur mittlerweile jährlichen Grenzerfahrung ins winterliche Burgenland auf. Extrem- und Ultrasportler, Pilgergeher, Weitwanderer, Freizeitsportler, Bewegungsstarter, Frauen und Männer aus allen Regionen und Nationen – ob jung oder alt – folgten ihrem Ruf.

Ein Event, das 2012 mit 60 Teilnehmern und Teilnehmerinnen geboren wurde, gilt 2019 mit 5.100 Anmeldungen als größte Wintersportveranstaltung und Herausforderung der Region. Zugegebenermaßen war ich nicht die Allererste beim Anmelden. Als leidenschaftlicher Bergfreak hatte ich das flache Burgenland zunächst nicht wirklich auf meinem Radar. Als sich kurz vor dem Anmeldeschluss die Möglichkeit ergab, bei der an sich schon ausverkauften Veranstaltung noch einen Startplatz zu ergattern, schlug ich zu. Meine Neugierde auf diese Grenzerfahrung war geweckt.

Und nochmals zugegeben, ich hatte den Winter über kaum trainiert – mein Körper lag noch ziemlich im Winterschlaf, während mein Kopf schon an den Frühling dachte. Aber ist nicht genau das ein Ansporn, wieder auf die Beine zu kommen? Wieder die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit zu spüren, seine Willenskraft zu testen und in einer Gemeinschaft mit vielen anderen, aber doch für sich alleine, einen extremen Weg zu gehen? Ich war bereit!


Für 60 Kilometer gerüstet

Den Original-Trail mit seinen 120 Kilometern um den ganzen See traute ich mir diesesmal allerdings noch nicht zu. Kein Problem – das Event ist sehr flexibel ausgerichtet. Jeder Teilnehmer hat bei der Anmeldung die Möglichkeit aus 3 Distanzen und Startorten auszuwählen. Als Geher, Läufer oder Walker. Für mich schien der „Final-Trail“ mit 60 Kilometern und Start in Apetlon mit Ziel in Oggau als geeignetste Variante. Gangart: Gehen!

Viele Fragen gehen mir in den Tagen vor dem Start durch den Kopf: Wie wird das Wetter? Was benötige ich an Verpflegung? Was muss unbedingt ins Gepäck? Was machen, wenn ich den Weg nicht bis zu Ende gehen kann? Wo bekomme ich in der ausgebuchten Region noch eine Unterkunft?

Gestartet wird bei jedem Wetter! Die Vorhersage eines sehr kalten und windigen Tages macht die Packliste zu einer echten Herausforderung. Jedes Gramm zählt, wenn du deinen Rucksack eine solch lange Distanz am Rücken trägst. Die winterlichen Bedingungen füllen meinen Rucksack sehr schnell, das Zwiebelprinzip hat sich wie immer toll bewährt.
Stirnlampe für die Nachtstunden, Erste-Hilfe-Kit und Warnweste für die Straßenabschnitte.

Eine gut gefüllte Wasserflasche und ein paar Snacks kommen noch dazu, damit der kleine Hunger zwischendurch nicht nervt. Für den größeren Hunger sind auf den Wegstrecken Labstationen eingerichtet – dort kann man sich auch mit warmem Tee und Kaffee verköstigen. Dafür werden Mehrweg- anstatt Wegwerf-Becher zur Verfügung gestellt.

Auch ein vom Veranstalter angebotener Shuttle-Dienst zum Zielort, sollte man doch früher abbrechen müssen, kann in Anspruch genommen werden, was ich aber nicht vorhabe.

Eine weitere Frage: Wo werde ich nach meinen absolvierten Kilometern schlafen? Mein Wohnort Wien ist nur eine Auto-Stunde entfernt. Mit müden und schweren Beinen ist eine Rückfahrt dennoch anstrengend, die Region aufgrund der hohen Teilnehmerzahl Unterkunfts-mäßig bereits ausgebucht. Meine Lösung: Ich beschließe die Strecke entweder sehr langsam zu gehen, um die Nacht durchzumaschieren. Oder sie in Rekordtempo zu absolvieren, um den letzten Zug nach Wien zu erwischen. Wir werden sehen.


Startschuss!

Es geht los! Um 09:30 heißt es in Apetlon Startpaket abholen. Es herrscht eine tolle, stressfreie Stimmung, die ich mit mehreren hundert anderen Startern genieße. Man fühlt sich nicht allein zwischen unbekannten Gesichtern. Zudem stellen sich einige Freunde von mir ebenfalls der Herausforderung – so setzten wir gemeinsam die ersten Schritte nach dem offiziellen Startschuss!

Es dauert nicht lange, bis sich die Menschenmasse aufteilt – jeder findet sein eigenes Tempo. Allen voran die Läufer.
Auch meine Freunde und ich verlieren uns nach den ersten Kilometern aus den Augen. Zwei weit vorne, zwei weit hinten und ich irgendwo in der Mitte. Die lange Menschenschlange bewegt sich an der Bundesstraße entlang. Entgegen des Wetterberichtes versucht sich die Sonne ihren Weg durch die Wolken zu bahnen.

Das Wissen, mit zig anderen Menschen zu gehen, die dieselbe Leidenschaft teilen, lässt ein warmes Gefühl aufkommen.
Diese bunte Mischung aus allen Altersstufen, Anfängern und Profis, Alleingeher und Gruppen lässt tatsächlich den von den Veranstaltern versprochenen „Spirit“ aufkomen. Polizisten in Ausbildung sind ebenso dabei wie Wegbegleiter auf vier Rädern oder vier Beinen.


Frierend durch die Hölle

Spätestens am Eingang in den Illmitzer Ortsteil „Hölle“ wird die Wettervorhersage Realität. In der baumlosen weiten Tiefebene fegt der Wind besonders eisig um unsere Ohren. Mehrere Kilometer lang waren nur vermummte und frierende Wanderer zu sehen, die versuchten ihm zu trotzen.

Für meine Kamera endet das Fotografieren nach einem starken Windstoß auf dem harten Betonboden. Der Akku meines Handys ist in kürzester Zeit auf 5 Prozent gesunken. Doch rückblickend muss ich sagen: das war ein Glücksfall! Jetzt erst begann der beste Tel des Weges! Nur aufs Gehen konzentriert, ohne Ablenkung durch Technik oder Motivsuche, wurden mein Kopf frei und meine Beine unermüdlich.

Es geht immer tiefer hinein ins UNESCO-Welterbe, vorbei an den Labstationen, vorbei am Schilfgürtel, Salzlacken und Weingärten. Der gerade Weg durch die ebene Weite ist für mich ungewohnt, bevorzuge ich sonst doch steile Bergwanderungen. Doch der ständige Wind vertreibt alle Zweifel und machte den Kopf irgendwie frei.

Langsam dem Sonnenuntergang entgegen gehend, entstehen tolle Stimmungen und fast kitschige Bilder. An meinen Füßen erkenne ich aber nicht das geringste Anzeichen von Müdigkeit. Es fühlt sich an, als würde sich jede einzelne Muskelpartie plötzlich daran erinnern, dass sie gebraucht wird und betätigt werden muss. Ich muss an ein Zitat der Organisatoren Michael, Tobias und Josef denken: „Wir wollen Menschen in Bewegung bringen und sie das gute Gefühl der wohltuenden Erschöpfung wiederentdecken lassen. Selbstbestimmt an seine Grenzen zu gehen heißt auch, seine Grenzen zu kennen“.

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Entscheidungen sind zum Treffen da!

17:30 Uhr! Kurz vor der Ortschaft Purbach hole ich meine beiden Bekannten vom Start ein. Einer von ihnen ist schon sehr müde und humpelt mit schmerzenden Füßen den Weg entlang.

An einer der Labstationen stärken wir uns mit einer warmen Suppe. Es ist der Zeitpunkt, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Er ist nicht mehr bereit weiterzugehen. Für die Über-Nacht-Variante war ich die letzten Stunden zu schnell unterwegs. Für die letzten 15 Kilometer würde ich nur noch ca. 3 Stunden benötigen. Dies würde bedeuten, dass ich um spätestens 21:00 Uhr im Ziel bin. Was tun die ganze Nacht ohne Unterkunft und somit die Möglichkeit, nach all den Strapazen die Beine auszustrecken und schlafen zu können? Keine motivierenden Aussichten. Schweren Herzens entscheide ich mich dazu, einen der letzten Züge nach Wien zu nehmen.

Mein Tipp an dieser Stelle: Gleich nach der Anmeldung sollte man sich auch eine Unterkunft in der Region suchen und buchen. Beim nächsten Mal werde ich das garantiert beherzigen. Eine Alternative wäre auch die Bildung einer Fahrgemeinschaft.

Die Organisation des Events selbst ist großartig und trotz der großen Teilnehmerzahl bemüht man sich um eine sehr persönliche und familiäre Betreuung. Obwohl ich am Ende des Tages keinen Zieleinlauf verbuchen kann, bin ich sehr stolz darauf, diese Teilstrecke gegangen zu sein. Was ich statt einer Finisher-Medaille mit nachhause nehmen darf sind bereichernde Gespräche mit anderen Teilnehmern, tolle Eindrücke der winterlichen Landschaft am flachsten Punkt Österreichs und ein einzigartiges Gemeinschaftsgefühl.

Was ist aus meinem anderen Bekannten geworden? Er ist mit viel Zuspruch und Unterstützung seiner Freunde im Ziel eingelaufen! Der Spirit von „Live Love Move“ ist definitiv auf ihn übergesprungen!

Danke an die Veranstalter von 24 Stunden Burgenland Extrem für die Einladung! Das nächste Event findet im Januar 2020 statt.

Zur Autorin: Wandern und Trekking sind die großen Leidenschaften der gebürtigen Wienerin und Mitarbeiterin im Red Bull Media House. Das Erleben, Entdecken und Fotografieren in der Natur hält Yvonne auf ihrem Blog sicht-weise.at fest.

Yvonne Tremmel ist glücklich über ihre Teilnahme an 24 Stunden Burgenland Extrem