Der wilde Stier am Schwarzsee
Der fast 40 Meter tiefe Schwarzsee bei Freiburg im Naturpark Gantrisch birgt ein Geheimnis. Eine Sage erzählt, was an seinem Ufer einst geschah.
- Gebirge: Freiburger Alpen
- Ort: Freiburg
Eines Tages, als die Wangser vor der Fahrt auf ihre Alp den Alpzaun ausbesserten, kam ein unbekannter Mann zu ihnen und bot an, die Sennen im kommenden Sommer unentgeltlich zu unterstützen. Der neue Senn arbeitete fleißig und lebte in bestem Frieden mit seinen Mitknechten. In seinem Benehmen war nichts Befremdliches, einzig dass er recht schweigsam war und nach dem Sennen jedes Mal unter der Kellertüre sein Beil wetzte, ohne es je zu gebrauchen.
Auch im siebenten Jahr hatte es noch keiner von den Knechten gewagt, den Sennen zu befragen, was sein Beilwetzen zu bedeuten habe. Schließlich rückte ein Zusenn mit der langverhaltenen Frage heraus. Der Senn zeigte sich wider Erwarten erfreut darüber und sprach: „Auf diese Frage habe ich schon lange mit Sehnsucht gewartet, und ich werde dir auch gerne darauf antworten, vorausgesetzt, dass wenn du mir zum Schwarzsee hinauf folgst und dort tust, worum ich dich bitte.“
Der See lag in einem wilden Hochtälchen. Als die zwei Hirten in dessen Nähe angelangt waren, hörte man ein Tosen aus den Tiefen des Tälchens herauf, wie wenn ein Gewittersturm im Anzug wäre. Die schwarzen Wellen des Sees wuchsen von Minute zu Minute, spieen ihre weiße Gischt ans Ufer und warfen schließlich auch einen gewaltigen Stier ans Land, der laut brüllend über die steile Halde auf die Hirten zustürmte.
Jetzt überreichte der Senn seinem Begleiter das Beil und sagte: „Wenn du mir zur ewigen Seligkeit verhelfen willst, dann schlage mit höchstens drei Hieben der wütenden Bestie das vordere linke Bein ab. Es wird dir dabei nichts geschehen.“ Kaum hatte er dies gesprochen, war der Stier schon da und wollte über ihn herfallen. Dem kam aber der mutige Zusenn zuvor, indem er dem wutschnaubenden Tier mit einem kräftigen Streich das Bein abschlug. Der Stier kollerte zurück in den See, dessen Wogen sich sogleich augenblicklich legten.
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Nun sagte der Senn zu seinem Kameraden: „Du musst wissen, mein treuer, mutiger Geselle, vor sehr langer Zeit bin ich schon mal Senn in dieser Gegend gewesen. Da tauchte ein Stier auf der Alp auf, der so böse war, dass selbst die Alpknechte sich seiner Angriffe nicht erwehren konnten.
An einem drückend heißen Sommertage waren wir mit dem Vieh hierher auf diese Höhe gezogen, wo beständig ein kühler Windzug herrschte. Am Abend wollten wir eintreiben, doch der Stier trieb wieder sein Unwesen. Ich hatte mein frischgeschliffenes Beil mit und tat, was du heute wiederholtest – doch ohne Erfolg. Ich ließ dabei mein Leben und konnte keine Ruhe finden, bis du mich durch deinen aufopfernden Mut erlöstest. Dafür wirst auch du ein Kind der Seligkeit werden.“
Nach diesen Worten war der Senn verschwunden. Eine weiße Taube flog über den See hinweg und stieg dann zum Himmel auf.
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(Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, www.sagen.at)
Die Sage heute: Es gibt eine andere, weniger martialische Version der Schwarzsee-Sage, wonach sich der Riese Gargantua im See die Füße wusch. Dadurch erhielt der seine schwarze (oder eher dunkelgrüne) Farbe. Der Schwarzsee ist ein beliebtes Wanderziel und liegt im Naturpark Gantrisch, einem der 16 Parks von nationaler Bedeutung der Schweiz. Im rund 37 m tiefen Wasser des Sees tummeln sich Fische wie der Seesaibling, die Forelle oder der Namaycush (Kanadische Lachsforelle). Fischen ist nur mit einem Patent im August und September erlaubt.
Tourentipp: