Freeride-Star Nadine Wallner im Interview
Foto: Josef Mallaun / Red Bull Content Pool
von Sissi Pärsch
Von Kopf bis Fuß: Stärker als je zuvor fühlt sich Freeride-Doppelweltmeisterin Nadine Wallner nach ihrer schweren Verletzung. Uns gibt sie die besten Trainingsübungen an die Hand – und spricht über offene Brüche, dicke Schädel und steile Wände.
Die Freeride World Tour umfasst fünf Stopps und stellt die Weltmeisterschaft der Freerider dar. Von Chamonix über Andorra und Fieberbrunn geht es bis nach Alaska und schließlich zum großen Finale nach Verbier in die Schweiz. Nadine Wallner entschied die Tour 2013 und 2014 für sich und ist damit Freeride-Doppelweltmeisterin.
Bei allem Talent, idealen Voraussetzungen durch ihre Heimat am Arlberg und den hervorragenden Genen (der Vater ist Bergführer) ist Nadines Leben aber keineswegs ein einziger Lauf. Narben hat die 27-jährige einige vorzuweisen. Nach einem Sturz beim Alpin-Training wurde ihr 2004 die Milz entfernt, im April 2014 zog sich Nadine bei Dreharbeiten in Alaska offene Brüche im linken Schien- und Wadenbein zu. Der riesige Stift, der in ihrem Unterbein steckte, wurde erst im Herbst 2016 wieder entfernt.
Wir haben Nadine im Olympiazentrum in Innsbruck getroffen. Mit Coach Christoph Ebenbichler hat sie speziell für Bergwelten 4 Wintertrainingsblöcke zusammengestellt – und uns einen Rück- und Ausblick gewährt.
Bergwelten: Nadine, wie ist das Gefühl vor dem Saisonstart?
Nadine Wallner: Sehr gut. Eine übermächtige Vorfreude. Ich scharre mit den Skiern. Ich freue mich vor allem darauf, einfach wieder viel Ski zu fahren. Jetzt wo man mich von dem 40 cm langen Stift in meinem Unterschenkel befreit hat, kann ich hoffentlich auch meinen Kopf wieder frei fahren. Das ist eines der zentralen Punkte: ein befreiter Kopf.
Jetzt wo es wirklich wieder in den Wettkampf-Schnee geht: Wie waren die letzten zwei Jahre?
Es war ein Cut, der mir wirklich viel gebracht hat. Physisch wie charakterlich. Ich fühle mich heute besser als je zuvor. Rundum. Ich bin stärker, top trainiert, mein Körpergefühl war noch nie so gut, mein Geist passt. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass ich alles gewinnen werde!
Bist du der Typ, der schnell wieder nach vorne schaut?
Ja, wahrscheinlich schon. Ich dachte mir: Das hast du selbst kaputt gemacht, jetzt schau', wie du es wieder hinbringst. Es waren zwei brutal wichtige Lehrjahre für mich.
Am 28. Januar startet die Freeride World Tour in Chamonix. Dein erstes großes Ziel?
Was Wettkämpfe anbelangt: Auf jeden Fall. Ich freue mich schon gewaltig. Es hat sich ja ein bisschen was getan seit meinem Ausfall. Es gibt viele neue Gesichter, aber auch viele altbekannte. Die Stimmung ist immer der Wahnsinn und die Kulisse am Mont Blanc sowieso.
Abgesehen vom Reha-Training, was hast du den Sommer über getrieben?
Eine der spannendsten Unternehmungen war meine Reise mit Silvie Moser (Freeriderin aus Italien) nach Peru. Wir haben eisige Nordwände bestiegen und waren viel klettern. Unter anderem hatte ich dort auch meine erste Big Wall-Kletterei.
Ist das Bergsteigen eine zweite Leidenschaft von dir, die dich auch skifahrerisch weiterbringt?
Absolut. Das Alpinklettern macht mir zum einen total Spaß. Zum anderen ist es aber natürlich auch ein gutes Training für Oberkörper und Koordination. Und für mich ist es zudem eine große mentale Herausforderung. Ich kenne es zwar seit meiner Kindheit, aber trotzdem gibt es noch so viel Neues. Neue Situationen, Gegebenheiten, mit denen ich noch nicht selbstverständlich umgehen kann.
Und das reizt dich?
Mir geht es nicht nur um den Aufbau meiner Physis. Ich will ja auch an meiner mentalen Stärke arbeiten. Und da hilft mir die Alpinkletterei sicherlich. Es geht viel um Bereitschaft – um das Commitment, wenn du so willst. Ob auf dem Ski oder an der Wand: Man zweifelt immer wieder für Millisekunden. Aber wenn du diesem Zweifel nachgibst und zögerst, dann hast du verloren. Du musst in diesem Moment voll dabei bleiben und dich zu 100% fokussieren.
Wo holst du deine mentale Stärke sonst her?
Ähm, es gibt Menschen, die sagen, ich wäre schon immer sehr kopfstark gewesen.
Sagt das zufällig deine Mama?
Ja...
Klingt nach Dickschädel?!
Mei, wenn ich was will, dann schau ich eben, dass ich es durchsetzen kann. Aber ich bin schon grundsätzlich ein umgänglicher Typ.
Vielen Dank, Nadine! Wir wünschen dir eine Top-Saison – mit viel Pulver-Runs und bitte ganz ohne Verletzungen!
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