Janja Garnbret: „Letztlich klettere ich gegen mich selbst“
Foto: Adidas
von Robert Maruna
Die slowenische Sportkletterin Janja Garnbret hat trotz ihres zarten Alters von 20 Jahren so ziemlich alles gewonnen, wovon professionelle Kletterinnen träumen: Wie sich die mehrfache Weltmeisterin im Bouldern, Lead und in der Kombination auf die Olympischen Spiele in Tokio vorbereitet und trotz strikter Trainingspläne den Spaßfaktor hoch hält, lest ihr hier.
Bergwelten: Wieso eigentlich Klettern und nicht beispielsweise Ballet?
Janja Garnbret: Soweit ich zurückdenken kann, bin ich geklettert. Zuerst auf Bäume im Garten oder Schränke, Türen und Kästen im Haus meiner Eltern, später dann an Kletterwänden mit richtigen Griffen. Meine Eltern haben meine Begeisterung für das Klettern erkannt und mich in den lokalen Kletterverein in Velenje eingeschrieben. Mit acht Jahren habe ich an meinem ersten Wettkampf teilgenommen, mit 14 gewann ich die Jugendeuropameisterschaften im Vorstieg und der Rest ist Geschichte. Irgendwie hat eines zum nächsten geführt, aber eigentlich gibt es keinen speziellen Grund dafür, warum ich Klettern so liebe. Es hat sich einfach immer natürlich angefühlt und diesem Gefühl bin ich gefolgt.
Demnach ist Klettern auch das Erste, woran du nach dem Aufwachen denkst?
Eigentlich gilt mein erster Gedanke dem Training (lacht). Wobei das so auch nicht stimmt, ich glaube das erste, was mir in der Früh wirklich in den Sinn kommt, ist Kaffee.
Also frei nach dem Motto: „coffee first!“
Ja, auf jeden Fall. Aber während dem Frühstück denk ich schon an das Training oder spezielle Züge und wie ich sie vielleicht doch lösen könnte. Training spielt in meinem Klettern eine große Rolle, ich trainiere einfach gern und dazu stehe ich auch. Ich hab mit meinem Coach Roman Krajnik einen straffen Trainingsplan bis zu den Olympischen Spielen im Sommer zusammengestellt, den ich gezielt und gewissenhaft verfolge. Ich vertraue Romans Plan voll und ganz.
Und bei all den Trainingsplänen hast du keine Angst, dass der Spaß am Klettern irgendwann auf der Strecke bleibt?
Keineswegs, weil mir das Training einfach wirklich Freude bereitet. Talent alleine ist nicht alles, du musst auch bereit sein hart für deine Ziele zu arbeiten. Ich trainiere jeden Tag und kann dadurch meine Grenzen immer wieder aufs Neue ausloten, meine Schwächen verbessern und versuche mich so immer weiter zu pushen – das gilt sowohl für das physische, als auch mentale Training. Daraus ziehe ich meine Energie und plane so meine Strategie für Wettkämpfe.
Gerade der mentale Aspekt ist für Wettkämpfe entscheidend, du wirkst immer unglaublich fokussiert und beflügelt zugleich. Woher kommt das?
Wenn das Adrenalin während einem Wettkampf durch mein Blut fließt, dann blende ich alles rund um mich herum aus. Ich denke an nichts außer Klettern. Ich fokussiere mich völlig auf das das Hier und Jetzt: das Publikum, die anderen Kletterer, die Stimme der Moderatoren, das verschwindet alles und ich klettere völlig für mich alleine. Auch wenn ich bei Wettkämpfen gegen andere Kletterinnen antrete, letztlich klettere ich nur gegen mich selbst.
Liegt darin für dich deine Faszination von Wettkämpfen?
Ja! Und in der spezifischen Herausforderung, in genau diesem einen Moment, wenn du an der Reihe bist, alles zu geben. Darin liegt der große Unterschied zum Klettern am Fels: Dort entscheide ich für mich allein, wann ich in eine Route einsteige und meine Kräfte für einen Durchstieg bündele. Bei einem Wettkampf bin es nicht ich, sondern jemand anderes, der sagt, wann es soweit ist. Du musst also auf ein Signal von außen reagieren können und gleichzeitig völlig bei dir selbst sein. Dann gibt es nur mich selbst und die Kletterwand. In diesen Momenten habe ich am meisten Spaß und dann schaffe ich es auch über mich selbst hinauszuwachsen.
Lass uns noch über die Olympischen Spiele reden. Was sind deine Gedanken zum Olympischen Kletterformat „Kombination“?
Anfangs war ich sehr skeptisch, weil es in meinen Augen dem Klettersport nicht ganz gerecht wird. Aber im Prinzip ist es so: Wenn du bei den Olympischen Spielen an den Start gehen und dein Land vertreten willst, dann musst du in allen drei Disziplinen – Bouldern, Lead und Speed – stark sein. Auch wenn ich der Meinung bin, dass jede Disziplin für sich eine eigene Wertung verdienen würde. Vielleicht ändert sich das ja bis zu den nächsten Spielen dann in vier Jahren.
Worauf liegt dein Trainigsschwerpunkt bis es nach Tokio geht?
Definitiv im Speed-Klettern – das ist meine größte Schwachstelle im Moment! Hier habe ich noch viel Potential nach oben hin und kann mich noch am meisten verbessern, aber ich trainiere natürlich für alle drei Disziplinen gleichermaßen. Ich möchte nach Tokio fahren und einfach mein bestes Klettern zeigen. Alles andere wird sich ergeben oder eben nicht.
Und nach den olympischen Spielen, wie geht es dann weiter?
Soweit denke ich gerade nicht. Alles, was im Moment zählt ist Tokio und diesem Flow folge ich. Danach werden wir schon sehen, aber vermutlich werde ich einfach mal eine kleine Pause einlegen und am richtigen Fels klettern gehen.
Vielen Dank für das Gespräch Janja und alles Gute für die Olympischen Spiele!
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