6 Bergträume und wie man sie sich erfüllt
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Du bist noch auf der Suche nach dem nächsten Reiseziel? Vielleicht können wir dich inspirieren! Zwar verbringen auch Bergwelten-Redakteurinnen und -Redakteure die meiste Zeit vor dem Büro-Rechner – doch wenn sie mal ausschwirren, geht es oft hoch hinaus. Von den eisigen Gipfeln der peruanischen Anden bis zu den einsamen Tälern des Großen Kaukasus: Sechs Bergträume und wie man sie sich erfüllt.
1. Huascaran-Nationalpark, Peru
Bergträume kann man sich in den peruanischen Anden viele erfüllen. Wer gern alleine unterwegs ist, sollte den Süden des Landes um die alte Inka-Stadt Machu Picchu meiden und stattdessen den wilden Norden erkunden. Auf einer viertägigen Trekkingtour durch den Huascaran-Nationalpark in der Gebirsgkette Cordillera Blanca kämpft man sich auf bis zu 4.700 m Seehöhe vorbei an türkisen Bergseen und den höchsten Gipfeln des Landes. Ein einmaliges Erlebnis, das allerdings fast zum Berg-Albtraum geworden wäre, als ein Mitglied unserer Trekking-Gruppe für mehrere Stunden verloren ging und eines der Zelte beinahe abbrannte. Glücklicherweise waren die Berge, die die Inka einst als Götter verehrten, gnädig und alles ging gut aus. Große Gefühle sind in den peruanischen Anden auf jeden Fall gewiss.
Kathi Löffler, Redakteurin
Bergtraum erfüllen: Ausgangspunkt für Treks im Huascaran-Nationalpark ist die Stadt Huaraz in Nordperu.
2. Auf den Dom, Schweiz
Die Idee, auf den Dom zu gehen, kam mir wegen einem Bergwelten-Event mit Simon Messner an dem ich gerne teilnehmen hätte wollen. Dieser höchste ganz in der Schweiz liegende Berg (im Kanton Wallis/Valais) misst stattliche 4.545 Meter. Die Tour sollte das Weihnachtsgeschenk an meinen Freund sein. Allerdings hat der Termin dann mit einer anderen Urlaubsbuchung nicht zusammengepasst. Da nun aber Geschenk Geschenk ist, habe ich dieses Abenteuer letztlich eigenständig organisiert und einen Bergführer für den folgenden Juni gebucht.
Leider hatte ich das Pech, mir vier Wochen vor Tourbeginn zwei Bänder im Sprunggelenk zu reißen. Bis zum Wochenende unmittelbar vor der Abreise war nicht klar, ob ich die Tour mitmachen kann. Aber es hat dann doch geklappt – mein Bein hat gehalten. Und dann hatten wir auch mal Glück: Das Wetter war uns wirklich gewogen. Die Anstrengung des Aufstiegs wurde mit einem unglaublichen Sonnenaufgang belohnt.
Der Mond stand noch riesig über dem Matterhorn. Es ist immer ein magischer Moment, wenn nach einem langen Marsch im Dunkeln die anderen Gipfel im Umfeld langsam sichtbar werden. Die immer steiler werdende Nordwestflanke unmittelbar vor dem Gipfelkreuz hat mich dann sehr viel Kraft gekostet, weil ich versucht habe, das noch immer schwache Sprunggelenk mit verstärktem Einsatz des anderen Beins zu entlasten. Die letzten Meter waren dann noch einmal extrem steil, bevor es über einen schmalen Grat zum Gipfelkreuz ging. Dass ich nicht aufgegeben hatte, bescherte mir ein unglaubliches Gefühl – und ich war echt stolz auf mich. Die Aussicht war einfach grandios – für mich eine wahre Energie-Ladestation.
Wir standen ganz allein auf viereinhalbtausend Metern – weit unter uns waren noch zwei kleine Gruppen, also mussten wir den Platz nicht so schnell räumen. Erhebend war der Ausblick, der sich uns bot, und ich konnte mich gar nicht satt sehen. Irgendwann mussten wir uns dann doch von dieser Aussicht lösen und den Abstieg antreten – aber voller Vorfreude auf neue derartige Erlebnisse.
Isabella Russ, Leitende Fotoredakteurin
Bergtraum erfüllen: Mit dem Autoreisezug in sechs Stunden von Wien nach Feldkirch. Von dort mit dem Auto in fünf Stunden nach Randa im Mattertal (bei Zermatt). Adresse fürs Navi: Täsch-Randa, 3928 Randa, Schweiz.
3. Rund um den Chimborazo, Ecuador
Mit der Höhe ist es ja eine spannende Sache: Man kann natürlich die körperlichen Grundlagen trainieren, man kann Ausdauersport betreiben und man kann sich vor hohen Touren akklimatisieren. Aber trotzdem weiß man beim ersten Mal in großen Höhen immer noch nicht, wie der Körper damit umgehen kann. So ist es mir bei einer Reise nach Ecuador dann auch passiert, dass ich es nicht über eine Höhe von etwa 4.200 Metern hinaus geschafft habe. Mein Ziel war gar nicht der Chimborazo, Ecuadors höchster Berg, den man hier am Foto sieht. Ich wollte bloß zu einem Aussichtspunkt auf knapp 5.000 Meter. Doch weil ich am Weg dorthin schon starken Schwindel verspürt habe, ist daraus nichts geworden. Ich bin zwar nicht unglücklich darüber, doch irgendwann würde ich gerne noch einmal die hohen Berge Ecuadors besteigen. Oder zumindest die etwas höheren.
Mara Simperler, Chefin vom Dienst Digital
4. Vulkan Barú, Panama
„Wir können uns nicht entscheiden, ob der Aufstieg oder der Abstieg schlimmer war“ und „Es war schrecklich“ machten uns dann doch stutzig. Ich und mein Freund waren in Bajo Boquete, einem kleinen Ort im Westen Panamas. Unser Ziel: den Vulkan Barú zu besteigen, der mit 3.477 Höhenmetern der höchste Berg des Landes und zugleich der einzige Punkt Mittelamerikas ist, an dem man Atlantik und Pazifik gleichzeitig sehen kann. Trotz der negativen Erfahrungsberichte entschieden wir uns für den Aufstieg, bei Sonnenaufgang wollten wir am Gipfel stehen.
Um ein Uhr nachts wanderten wir los: 13,5 Kilometer und rund 1.800 Höhenmeter durch panamaischen Nebelwald, dessen Geräuschkulisse bei Nacht durchaus beängstigend sein kann. Viele Serpentinen unf Pausen später erreichten wir gleichzeitig mit den ersten Sonnenstrahlen den Gipfel. Und wirklich: In der Ferne blitzen die beiden Ozeane hinter der Nebeldecke hervor – ein unvergesslich schöner Moment.
Judith Steinkellner, Redakteurin
Bergtraum erfüllen: Die Region Boquete mit dem Nationalpark Vulkan Barú liegt im Westen Panamas, rund 25 Kilometer von Costa Rica entfernt. Dort kann man nicht nur der tropischen Sommerhitze des Tieflands entfliehen, sondern sich definitiv auch so manchen Wandertraum erfüllen.
5. Region Kazbegi im Kaukasus, Georgien
Träume können auch im Nachhinein entstehen. Ich flog ohne große Erwartungen nach Tbilisi – eine Freundin nahm mich zur Hochzeit eines Freundes mit. Schnell wurde uns klar, dass man in Georgien Feste zu feiern versteht – und ein großes Herz für Gäste hat.
Danach hingen wir noch eine Woche dran, um das Land zu erkunden. Die letzte Wegstrecke führte uns nach Kazbegi ins Gebirge – im rostigen Kleinbus über dramatische Pässe. Ich weiß noch, wie fremd dort oben alles schien, am Fuße des Kasbek, der erste Fünftausender, den ich jemals aus der Nähe sah.
Nach einigen Tagen war die Landschaft allmählich ins Unterbewusstsein gesickert. Auf unseren Wanderungen – zum Kasbek-Gletscher und ins abgelegene Juta-Tal an der Grenze zu Tschetschenien – sind sie uns immer vertrauter geworden: Die wuchtigen Bergrücken und grasgrünen Knitterfalten, als hätten Riesenhände eine Schatzkarte zerknüllt und einfach liegengelassen. Die tiefziehenden Wolken und verstreuten Schatten, wie Balsam für den Geist. Dazwischen ein einsamer Reiter, der auf seinem weißen Gaul einen Trampelpfad entlangritt, ungewiss, woher er kam und wohin er unterwegs war.
Bis es uns endlich dämmerte. Vielleicht ist der Große Kaukasus kein Ort, sondern ein Zustand. Eine Topografie der Seele. Ein wunderbarer Taumel zwischen Traum und Wirklichkeit, den man nie wieder vergisst und eines Tages wiedererlangen möchte.
Martin Foszczynski, Redakteur
Bergtraum erfüllen: Mit der Georgian Airways nonstop nach Tbilisi (3,5 Stunden ab Wien), vom Busbahnhof mit öffentlichen Minibussen („Marschrutki“) nach Kazbegi (Fahrzeit rund 3 Stunden).
6. Gerlitzen in den Kärntner Nockbergen, Österreich
Es gibt höhere Berge, bekanntere sowieso und ja, auch eine ganze Menge, die eindrucksvoller in der Landschaft stehen. Die Gerlitzen ist gerade einmal 1.909 Meter hoch und eine der südlichsten Erhebungen der Kärntner Nockberge. Ihr Gipfel ist nicht markant, sondern sogar ziemlich unscheinbar und es gibt auch keine alpinistischen Abenteuergeschichten, die man über sie erzählen könnte.
Auf den allermeisten Bucketlists dürfte die Gerlitzen also eher nicht stehen. Und doch ist sie für mich ein Sehnsuchtsort – und das gar nicht mal wegen ihrer wirklich schönen Lage über dem Ossiacher See, oder den tollen Ausblicken Richtung Karawanken und Karnische Alpen. In den späten 1990er Jahren habe ich dort im Winter gefühlt jeden freien Tag verbracht, um mit Freunden zu snowboarden. Während der Schulferien und an Wochenenden trafen wir uns morgens am Bahnhof, fuhren mit dem Zug zur Talstation der Kanzelbahn und dann mit der Gondel hinauf. Oben ging es meist nur kurz auf die Pisten, dafür bald in die freien Flächen abseits von ihnen. Wenn es frisch geschneit hatte, konnte man die ersten Spuren durch den Tiefschnee ziehen. Oder man suchte zwischen verschneiten Baumgruppen einen guten Platz, um mit Snowboards und Händen einen Kicker zu bauen und dort einen Gutteil des Tages zu verbringen.
So ging es bis in den Frühling. Wenn vom Tal aus irgendwann kein Schnee mehr oben zu sehen war, bekamen die Seen unten Badetemperatur. Diese Korrelation kann ich natürlich nicht durch harte Wissenschaft belegen, aber sie lässt sich bis heute verlässlich beobachten. Die Gerlitzen steht für mich also nicht nur für die sehr feinen, weitgehend unbelasteten Winter meiner Schulzeit – sondern jedes Jahr für den eigentlichen Beginn des Sommers.
Benjamin Koffu, Chef vom Dienst
Bergtraum erfüllen: Mit dem Zug nach Villach und weiter nach Annenheim, wo die Talstation der Kanzelbahn praktischer Weise beim Bahnhof liegt.