Was ist eigentlich Firnschnee?
Foto: mauritius images / Bernd Ritschel
Für viele Ski(hoch)tourengeher ist eine Abfahrt im glitzernden Firn mindestens genauso genussvoll wie im staubenden Pulver. Aber was genau ist Firnschnee und wie entsteht er? Das haben wir den Alpinwissenschaftler und Bergführer Walter Würtl gefragt, der als Experte für das Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit tätig ist.
Bergwelten: Was genau ist Firn?
Walter Würtl: Als Firn wird Schnee bezeichnet, der mindestens eine Ablationsperiode überdauert hat – das bedeutet, er muss einen Sommer überstanden haben. Somit findet man echten Firn nur im vergletscherten Gelände oder auf permanenten Schneefeldern, beispielsweise in den schattigen Karen der Kalkalpen.
Aus mehrjährigem Firn entsteht im Lauf der Zeit Gletschereis. Der Name „Ferner“ für Gletscher weist auf den Firnschnee als Ursprung hin. In der Schweiz werden Gletscher teilweise überhaupt als „Firn“ bezeichnet, wie der Jungfraufirn im Berner Oberland, der den größten alpinen Gletscher – den Aletschgletscher – nährt.
Aber bei Frühlingsverhältnissen sind doch alle – auch abseits der Gletscher – im Firnschnee unterwegs?
Ja, weil im Volksmund Firn als Synonym für Sulzschnee verwendet wird. Dabei handelt es sich um den klassischen Frühjahrsschnee, der durch die Schmelzumwandlung seine „firnigen“ Eigenschaften erhält.
Wie entsteht also dieser Sulz- oder Firnschnee?
Bei Frühlings- bzw. Sommerverhältnissen wird tagsüber die gesamte Schneedecke durchfeuchtet. In klaren Nächten gibt die Schneeoberfläche ihre Wärme durch Abstrahlung in die Atmosphäre ab und die Oberfläche gefriert. Durch das wiederholte Auftauen und Wiedergefrieren der oberflächlichen Schneeschicht entsteht in der Nacht ein tragfähiger Schmelzharschdeckel, der mit zunehmender Tageserwärmung wieder weich und feucht wird. Die Schneekörner sind dabei typischerweise über einen Millimeter groß und in Clustern verbunden.
Und was ist ein „Firnspiegel“?
Wenn bei Schönwetterperioden dieser Gefrier- und Schmelzprozess über mehrere Tage hinweg erfolgt, dann entsteht an der Oberfläche eine dünne, glasig glänzende Eisschicht. Diese reflektiert das Sonnenlicht so stark, dass sie auch aus großer Entfernung als glänzende Spiegelfläche wahrgenommen werden kann.
Wie tief friert die Schneeoberfläche?
Je tiefer die Temperaturen in der Nacht und je besser die Abstrahlung – also je wolkenloser der Himmel –, desto dicker ist diese harte Oberfläche, maximal kann sie ca. 20 cm stark werden. Um einen Skifahrer zu tragen, reichen aber schon 3 bis 5 cm. Darunter bleibt die Schneedecke Tag und Nacht weich und feucht.
Was muss man bei Firnverhältnissen beachten?
Lawinensicherheit und Abfahrtsgenuss sind nur gewährleistet, wenn eine tragfähige Schmelzharschschicht vorhanden ist – man also nicht durchbricht. Bei kontinuierlicher Erwärmung verändert sich die Situation schlagartig: Aus den „bombensicheren“ Firnverhältnissen entsteht ein dramatisches Nassschneeproblem. Dabei können nasse Lawinen bis zum Boden abgehen. Diese sogenannten Grundlawinen sind geradezu typisch für die Frühjahrszeit.
Die gute Nachricht ist, dass diese Gefahr leicht zu erkennen und einzuschätzen ist. Ein früher Start mit Zeitreserve und rechtzeitiges Abfahren sind der Schlüssel für genussvolle und sichere Firntouren.
Tipp
Weil man bei Frühjahrs-Skitouren auf einer hartgefrorenen Schneeoberfläche aufsteigt, darf die Gefahr des Abrutschens mit den Fellen nicht unterschätzt werden. Gerade bei „sicheren“ Frühjahrsverhältnissen ist man gerne auch in steilerem Gelände unterwegs, wo ein solches Wegrutschen oft den Absturz über den ganzen Hang zur Folge hat. Deswegen nicht vergessen: Immer rechtzeitig die Harscheisen anlegen!
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