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Die beste Physiotherapeutin der Welt

Menschen

2 Min.

01.06.2017

Foto: Martin Kreil

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von Harald Nachförg

„Das kann jetzt ein bissl wehtun“ gehört zu ihren Standardsätzen. Warum unser Autor beim Rücken-Fit-Training seiner Physiotherapeutin gelegentlich in die Knie geht.

Ich will nach Hause!“, sagte ich zu meiner Therapeutin mit weinerlicher Stimme. „Gleich, E.T.“, antwortete sie keck und drückte mir irgendeinen spitzen Gegenstand so in den Muskel, dass ich kurz aufschrie.

Davonlaufen ging nicht. Erstens hinkte ich, weswegen ich mich ja von ihr behandeln ließ. Zweitens lag ich auf einem Massagebett, auf dem sie mich fixierte, als wäre sie von der Sondereinheit WEGA. „In den Schmerz hineinatmen“, hörte ich sie noch kalt sagen. Dann – nach kurzer Hyperventilation durch die Luke im Kopfteil – wurde ich ohnmächtig.

Nicht dass Sie mich missverstehen, ich hab die beste Physiotherapeutin der Welt, nur: Mitgefühl hat sie null. „Das kann jetzt ein bissl wehtun“ gehört zu ihren Standardsätzen und gilt auch seelisch.

Haderst du zum Beispiel mit dem Schicksal, weil dich schon wieder ein Hexenschuss am Gipfelsturm hindert, lässt sie dich in der Sekunde spüren, was für ein Weichei du bist. Sie erzählt dann vielleicht von einem Klienten, der schon fünf Herzinfarkte, eine gebrochene Schulter und zwei zersplitterte Kniescheiben hatte, aber kein bisschen sudert, sondern fleißig trainiert, damit es wieder bergauf geht.

Möglicherweise sagt sie auch noch so was wie „Toller Mann!“, so mit Seufzer und bewunderndem Augenaufschlag. „Isch halte ih mehr fü eine Ottl“, lallte ich zurück – weil wenn dein Schädel in diesem engen, klobrillenartigen Loch steckt, kannst du ja auch den Kiefer nur schwer bewegen –, bereute meine Aufmüpfigkeit aber sofort. Denn nun befahl Zuchtmeisterin Daniela, ich darf sie übrigens Dani nennen, mich auf ihrer Folterbank umzudrehen, damit sie mich auch noch von Angesicht zu Angesicht fertig machen könne.

Nachdem sie mit der Gemessenheit eines Henkers ans Werk gegangen war, mein lahmes Bein mal hierhin, mal dahin gebogen und dabei jegliches Stöhnen und Händewacheln ignoriert hatte, öffnete sie ihren Schraubstock-Griff. Freilich nicht ohne mir vorher noch die Beichte abzunehmen (Ja, ich habe gesündigt und mich der Völlerei und dem Müßiggang hingegeben) und Buße aufzuerlegen: regelmäßiges Training!

Natürlich bei ihr. Sie veranstaltet da so einen Kurs, den sie harmlos Rücken-Fit nennt, der aber in Wahrheit ein beinhartes Zirkeltraining ist, das sie sich vermutlich von den Marines abgeschaut hat. Ich sage nur: Zwölf Stationen – und bei jeder reißt du drei mal fünfzehn Einheiten runter.

Zum Glück müssen die immer zu zweit bewältigt werden, man braucht also einen Partner im Platoon. Meiner ist Private Charly, ein Burgenländer, mit dem ich, wenn wir uns nicht gerade über Schweinsbraten, Bier oder handgeschöpfte Schokolade unterhalten, gerne die Kunst des Tarnens und Täuschens verfeinere.

Statt im Unterarmstütz zu zittern wie Hundertjährige versuchen wir zum Beispiel lieber, mittels Powernapping Kraft aufzubauen. Kaum aber sind Drill Sergeant Danis Blicke auf uns gerichtet, machen wir natürlich unsere Planks, zählen laut 13, 14, 15 und schreien „Fertiiig!“.

Unfassbar, wie allein diese von uns entwickelte Methode auf den Körper wirkt. Schon nach wenigen Trainingsstunden war ich mit meinen Fortschritten sehr zufrieden: „Wahnsinn! Wenn ich so weitermach, passt mir bald kein Hemd mehr!“, sagte ich und sah beglückt auf meinen Oberarm. „Stimmt!“, sagte die Dani und sah auf meinen Bauch.

Zum Autor: Der geborene Wiener Harald Nachförg ist Textchef beim Monatsmagazin Servus in Stadt & Land, Buchautor („Alles bestens“) und seit über 50 Jahren auf der Suche nach dem rechten Weg.


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