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Gemeinsam ganz oben

Aktuelles

4 Min.

06.07.2023

Foto: Jürgen Reinmüller

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von Klaus Haselböck

Der Bergwelten-Bergschule Praxiskurs „Mein erster 3.000er“:
Von einem lehrreichen Wochenende im Kärntner Teil des Nationalparks Hohe Tauern und dem Beginn einer neuen Passion.

„Profis machen Mauserlschritte“, sagt Jürgen Reinmüller, der selbst einer ist. Am Weg zum Arthur-von-Schmid-Haus zeigt er seiner Gruppe wie man sich im steileren Gelände möglichst ökonomisch und damit auch sicher bewegt. Ein Auge für die Orchideen am Wegesrand und so manches „Wetterzeichen“ hat er trotzdem noch: „An der Art wie die stärkeren Äste wachsen, seht ihr, dass hier der Westwind dominant ist.“ Mindestens genauso wichtig sind ihm die regelmäßigen Stops, um punktgenau den Standort auf der Karte zu finden. „Erstaunlich, was sich da alles herauslesen lässt“, so Wolfgang aus dem oberösterreichischen Ebensee für den es – wie die meisten der insgesamt 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland und Österreich – tatsächlich der erste Dreitausender sein wird, den sie im Rahmen dieses Wochenendes besteigen.

Nach dem Erfolg der Bergwelten Online-Bergschule „Mein erster 3.000er“ war es Zeit die digital vermittelten Kenntnisse ganz analog in die Praxis zu bringen und gemeinsam auf einen hohen Gipfel zu gehen. Die Kärntner Gemeinde Mallnitz stellte dafür das optimale Basislager da: Zwischen Ankogel- und Goldberggruppe gelegen, sind von hier aus reizvolle alpine Ziele unterschiedlicher Schwierigkeit im Nationalpark Hohe Tauern erreichbar. Die Wahl fiel auf das 3.086 Meter hohe Säuleck, bei dem man zuerst entlang von Seen durch die Vegetationsstufen wandert, um weiter oben über Blöcke und Schneefelder zum Gipfel zu gelangen. Mit „T4“, also „schwierig“ wird diese konditionell fordernde Hochtour bewertet.


Entspannt im Eggerhof

Damit das Vergnügen nicht auf der Strecke bleibt, begann die gemeinsame Zeit ganz entspannt im Hotel Eggerhof. Noch bevor es zum Abendessen mit lokalen Spezialitäten bis hin zum Reindling-Parfait auf einem Honig-Zimtspiegel ging, hatte die Bergwelten-Ernährungsexpertin Karin Rathschiller aus Innsbruck das Wort: „Wie viel Zucker kann der Körper überhaupt speichern?“ „Welches Eiweiß brauchen wir auf Tour?“ oder „Wie wichtig sind Supplemente?“ waren nur einige ihrer Themen, die oft in noch intensivere persönliche Gespräche mündeten.

Danach hatte Jürgen Reinmüller aus dem steirischen Admont das Wort. Der stellvertretender Ausbildungsleiter der österreichischen Bergführer ist der Bergwelten-Community über die Bergschule wohlbekannt. Seine Themen waren auch in Mallnitz das Handwerkszeug jedes Profis – die Tourenplanung, hier vor allem die Kartenkunde und die Einschätzung des Wetters, genauso wie die Ausrüstung und das richtige Packen des Rucksacks. Klar war von Anfang an, dass Jürgen – gemeinsam mit seinen drei Bergführer-Kollegen – mehr Berater als Guide für die Tour sein würde. Kurzum: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten nicht den Könnern nachmarschieren, sondern von ihnen das Rüstzeug und Know-How zum selbstständigen Bergsteigen bekommen.


Aufmerksames Beobachten

Entsprechend intensiv wurde am Samstag der Weg zur Hütte in den vier Gruppen zu einer regelmäßigen Standort-Bestimmung und einem aufmerksamen Beobachten der Umgebung genutzt. „Sind die Wolken weiß und waagrecht, ist alles gut“, so Jürgen. „Wenn sie dunkel sind und senkrecht stehen, wird’s gefährlich.“ Das Wetter dieses Wochenendes schien fast aus dem Lehrbuch geborgt, also ideal, um wieder Fragen zu stellen und aufmerksam zu bleiben: Nicht die simple Hochdruck-Nummer bei der man schwitzend unter krachblauem Himmel Höhenmeter für Höhenmeter macht, aber auch nicht zu anfällig für Gewitter oder Hagel und damit zu gefährlich für eine Hochtour. Vielmehr galt es den Slot, der sich am Samstag und Sonntag bot, klug für eine sichere Besteigung zu nutzen, aber trotzdem – wie im Gebirge üblich – auf der Hut zu sein. Spätestens als die ambitionierte Runde die Hütte erreichte, waren Schirme und Überhosen wieder weggepackt.

Nach den herrlichen Kaspressknödel, die Pia und Bernd als wunderbare Gastgeber auf dem frisch eingedeckten Arthur-von-Schmid-Haus servierten, ging es wieder hinaus ins Gelände: Das Blockgelände und die verbliebenen Schneefelder rund um die Hütte waren ideal, um das richtige Bewegen zu üben. Unter fachkundiger Anleitung wurde gestiegen, gesprungen und gerutscht. Das machte nicht nur richtig Spaß, sondern öffnete einigen auch neue Türen, was an Balance im jenseits der Baumgrenze möglich ist.


Die letzten 800 Höhenmeter

Abends ging es einmal mehr in die Tourenplanung für die letzten 800 Höhenmeter bis zum Gipfel: Den optimalen Starttermin ermittelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer – in Abstimmung mit dem aktuellen Wetterbericht und den Bergführern – selbst, errechneten die Dauer des Aufstiegs und identifizierten vorab mutmaßlichen Schlüsselstellen und Orientierungspunkte auf der Karte. Die Umsetzung war dann fast nur mehr Routine: „Bei den Übungen auf den Blöcken konnte ich gestern überhaupt nicht mehr richtig steigen“, so Kathrin aus Graz. „Aber heute funktioniert das perfekt.“

Gruppe für Gruppe kraxelten über die groben Platten höher und erreichten den Gipfel Säuleck oder zumindest die 3.000-Meter-Marke. Anerkennung für diese Leistung gab es auch vom Wetter, als der sanfte Wind so manche Wolke zur Seite schob und immer wieder herrliches Blau durchschimmern ließ. Die formschöne Hochalmspitze – auch „Tauernkönigin“ genannt und über den Detmolder Grat mit dem Säuleck verbunden – war plötzlich in Griffweite und ließ die Träume gleich in Richtung Großglockner oder vielleicht bis hin zum ersten Viertausender fliegen. Ziele, da waren sich nachher alle einig, gab es in den Alpen plötzlich sehr viele und durch den Praxiskurs von „Mein erster Dreitausender“ hat am Kärntner Säuleck die Passion für die Berge gerade erst begonnen.

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