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Pater Karl Wallner: „Ein Mönch geht anders“

Menschen

4 Min.

21.12.2015

Foto: Pater Karl Wallner

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von Martin Foszczynski

Das Mönchsleben, ein Müßiggang? Weit gefehlt! Als Rektor der Hochschule Heiligenkreuz und Leiter des Kloster-eigenen Musiklabels muss Pater Karl Wallner Beten und Business unter einen Hut bringen. Zum Ausgleich geht er gerne wandern – oder genehmigt sich auch mal einen Zigarillo unter freiem Sternenhimmel. Was die Wallfahrt mit dem „echten Leben“ zu tun hat und ob ein Mönch anders geht, verrät er uns im Interview.

Bergwelten: Wann waren Sie zum letzten Mal am Berg?
 
Pater Karl Wallner: Vorigen Sonntag mit Freunden am Schneeberg. Der ist ja so was wie der Hausberg der Niederösterreicher und von unserem Stift aus gut zu erreichen.
 
Und wann zum ersten Mal?
 
Meine Eltern sind mit mir als Kind jeden Sonntag wandern gegangen – natürlich erst nach der Sonntagsmesse. Früher gab es noch die „Internationalen Wandertage“ – bei denen habe ich quadratmeterweise Medaillen gesammelt.
 
Sind Sie in den Bergen lieber alleine oder gemeinsam unterwegs?
 
Ganz klar gemeinsam. Ich sitze als Rektor und PR-Mönch täglich zehn Stunden vor dem Computer, stehe vier Stunden betend im Chorgestühl. Krafttraining und Wandern sind für mich eine willkommene Abwechslung, um sich in der Gemeinschaft zu bewegen.
 
Was darf in Ihrem Wanderrucksack auf keinen Fall fehlen?
 
Eigentlich nur etwas zu trinken. Früher habe ich auch massenhaft Wurstbrote und Jausen im Tupper-Geschirr mitgeschleppt – mittlerweile bevorzuge ich die Einkehr in einer Hütte.
 
Haben Sie denn eine Lieblingshütte oder ein Lieblingsschmankerl?
 
Ich esse eigentlich fast nie Süßigkeiten, beim Wandern überkommt mich aber regelmäßig die Lust auf Germknödel mit Mohn und Vanillesauce. Die Fischerhütte am Schneeberg kann ich jedem empfehlen.
 

Wenn Sie zurückdenken – was war die höchste Stelle, auf der Sie jemals gestanden sind?
 
Das muss der Gipfel des Hochreichhart (2.416 m) in den steirischen Seckauer Tauern gewesen sein. Wir sind rund drei Stunden aufgestiegen – das war für mich durchaus ein „Mount-Everest-Erlebnis“. Ich habe eigentlich Höhenangst. Beim Abstieg über den Grat hat man die ganze Zeit den Ingeringsee im Blick – das ließ mich die Steilheit ein wenig vergessen.
 
Was war die höchste Stelle, auf der Sie schon mal erkannt wurden?
 
Die höchste weiß ich nicht mehr, aber die ungewöhnlichste: Beim Schlammbaden auf der Insel Vulcano vor Sizilien. Dabei war ich da ganz schwarz vor Schlamm.
 
Haben Sie eine Lieblingswanderung?
 
Die Tour auf den Hochreichhart und zum Ingeringsee herab ist schon herrlich. Übrigens hat unser Herr Abt dort am See unlängst eine neue Kapelle eingeweiht – die ist nicht nur ein idealer Ausgangspunkt für Touren sondern auch ein schönes Ziel für alle, die sich mit einem Spaziergang begnügen und nicht unbedingt ins Hochgebirge wollen.
 
Sind Sie schon mal in Bergnot geraten?
 
Im Höllental hatte ich wirklich dramatische Erlebnisse! Ich bin damals als Jugendseelsorger auf die aberwitzige Idee gekommen, über das Höllental auf die Rax zu gehen. Plötzlich war der Gehweg zu Ende und wir standen vor senkrechten Leitern. Für die Jugendlichen war das gar kein Thema, aber ich hatte wirklich Todesangst. Als „Captain“ kannst du die Gruppe natürlich nicht verlassen – irgendwie sind wir dann doch raufgekommen.
 
Gibt es für Sie einen Schicksalsberg?
 
Am ehesten wäre das die Krugspitze, wieder in den Seckauer Tauern in der Steiermark. Dort gibt es den Krugsee auf fast 2.000 m, in dem ich früher immer gerne geschwommen bin. Wenn man dann auf der drüberen Seite absteigt, spürt man irgendwie die Schönheit des Lebens, und wie klein und beschränkt man als Mensch darin ist.
 
Waren das Momente der Berufung zum Mönchsein?
 
Wer die Natur liebt, ist in gewisser Weise automatisch religiös. In der Natur spürt man die Schönheit der Schöpfung. Das „Hinauf“ und „Oben“ steht für mich immer auch für Gott, während ja die unheilbringende Schlange im Garten Eden ganz erdverbunden am Boden kroch. Die Berge erheben uns über den Alltag. Meine Berufung fand ich aber ehrlich gesagt nicht auf einem Berg.
 

Wann haben Sie denn das letzte Mal unter freiem Himmel übernachtet?
 
Das war 2005 bei den Weltjugendtagen in Köln (katholisches Jugendtreffen mit rund. 800.000 Teilnehmern, Anm.). Dort war so ein Andrang, dass man gar nicht umhin kam, im Freien zu übernachten.
Aber bis spät in die Nacht bin ich häufig im Freien, nämlich bei uns am Löschteich vom Stift Heiligenkreuz, mitten im Wienerwald. Da gibt es ein Bankerl, auf dem ich im Sommer fast jeden Abend sitze und die Sterne betrachte. Manchmal auch mit einem Zigarillo und einem Gläschen Whiskey.
 
Welcher Weg ist schöner – bergauf oder bergab?
 
Lieber bergab, wenn man es schon hinter sich hat. Vorausgesetzt natürlich es ist nicht zu steil! Die sportliche Anstrengung beim Bergaufgehen hat aber sicher auch ihren Nutzen – so werde ich wieder ein paar Kilos los.

Was kann man am Berg für das Leben lernen?
 
Ohne Schweiß kein Preis. Alles, was man im Leben erreichen will, ist mit Anstrengung verbunden. Das ist auch etwas, dass ich meinen Studenten immer wieder einimpfe: Man darf das Ziel, den Gipfel, zwar nie aus den Augen verlieren – die Konzentration gilt aber immer dem nächsten Schritt. Nur wer Etappe für Etappe meistert, kommt irgendwann ans Ziel.
 
Geht ein Mönch anders als andere Menschen?
 
Ja, zielorientierter. Ein Mönch weiß, wohin er geht, hat immer das letzte Ziel vor Augen. Es ist kein Zufall, dass viele Mönche gerne wandern. Auf einer Wallfahrt gibt es auch ein klares Ziel – irgendwann, nach vielen mühevollen Kilometern, kommt man in Mariazell an. Es ist, als würde man das Leben im Kleinen nachspielen.

Mit dem Gregorianischen Choral auf CD haben Sie und Ihre Mitbrüder unglaubliche Chart-Erfolge gefeiert. Singen Sie auch beim Wandern?
 
Würde ich gerne, aber ich kann nicht, weil ich so viel schnaufen muss.

Was ist die beste Ausrede, um einen Wanderausflug zu „spritzen“?
 
Die viele Arbeit – unsere Hochschule wächst und wächst, ich habe wirklich alle Hände voll zu tun. Und das Älterwerden. Wenn ich heute mal einen Tag frei habe, gehe ich oft lieber in die Therme als Wandern.
 
Auch Mönche haben ein paar Tage Urlaub im Jahr – verbringen Sie den lieber in den Bergen oder am Meer?
 
Am Meer. Wasser in irgendeiner Form ist für mich essentiell. Das kann aber gelegentlich auch ein Bergsee sein.

Link: Stift Heiligenkreuz