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Petra Freund: „Bergführen ist mehr als nur ein Job“

Menschen

3 Min.

20.05.2021

Foto: Reinhard Pühringer

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von Robert Maruna

Petra Freund, 50, ist eigentlich gelernte Optikerin, doch hat sie sich für ein Leben in und von den Bergen entschieden. Die quirlige Tirolerin mit der auffälligen Lockenpracht ist ein zutiefst naturverbundener Mensch, der am liebsten durch frischen Powder pflügt, an steilen Felswänden hängt oder in die Pedale ihres Mountainbikes tritt. Im Gespräch erzählt uns die staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin, die auch zweifache Mutter ist, warum sie die Berge nicht mehr loslassen und was ihren Beruf so faszinierend macht.

Bergwelten: Warum eigentlich Bergführerin?

Petra Freund: Die Faszination für die Berge verdanke ich vorwiegend meinem Vater: Er hat mich mit nach draußen genommen und mit ihm bin ich meine ersten Skitouren gegangen. Abseits präparierter Pisten sind wir gemeinsam ins Tal gerauscht und dieses Gefühl, wenn man über frischen Powder fliegt, das bereitete mir schon damals ein Gänsehaut. Irgendwo ganz oben zu stehen, aus eigner Kraft dort hinaufzukommen, den Horizont da oben zu genießen, dem Alltag zu entfliehen und über dem Rest der Welt zu stehen, begeistert mich heute noch. Und hat mich dazu bewogen Bergführerin zu werden. Es ist Leidenschaft, Beruf und Freiheit gleichermaßen.

Und diese Verbindung ist bis heute erhalten geblieben?

Bergführerin zu sein ist mehr als nur ein Job: Es ist meine Passion, mein Beruf und zenrales Thema meines Lebens. Im Einklang mit der Natur Menschen zu begleiten ist eine schöne, aber auch verantwortungsvolle Aufgabe. Als Bergführerin benötigt man ein hohes Maß an Flexibilität, um auf Situationen schnell reagieren zu können und eine Menge Feingefühl für Menschen, da jeder Gast andere Bedürfnisse und Wünsche hat. Im Grunde ist jeder Gast, mit dem ich am Seil unterwegs bin, eine neue Herausforderung. Es wird niemals langweilig, sondern bleibt immer spannend.

Ein abwechslungsreicher Beruf erfordert aber auch vielseitige Kompetenz, oder?

Die große Kunst des Bergführens ist es nicht nur den Berg oder den Fels richtig lesen zu können, sondern vor allem die Menschen, mit denen man gemeinsam am Weg ist. Unsere Gäste wollen an ihre persönlichen Grenzen geführt werden, aber nicht darüber hinaus. Das bedeutet die Menschen aus dem Tal hinauf zu begleiten, zu einem neuen Horizont.

Den Berg, die Natur, die damit verbundenen Situationen verantwortungsvoll einzuschätzen und ein einzigartiges Erlebnis daraus zu generieren, das ist meine Leidenschaft und der Grund für meine Berufswahl.

Wo bist du denn mit deinen Gästen am allerliebsten auf Tour?

Im Winter bin ich am liebsten mit meinen Gästen am Arlberg unterwegs. Das Freeride- und Skitourenpotential ist dort einfach einzigartig und die gesamte Region unglaublich schön. Ich bin schon viele Jahre dort unterwegs und als „Local Hero“ kenne ich jeden Winkel. In den Sommermonaten veranstalte ich Abenteuercamps und bin viel mit Jugendlichen zum Bikem, Klettern und Canyoning unterwegs.

Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag in deinem Leben als Bergführerin aus

Wir Bergführer haben eigentlich keinen Berufsalltag. Je nachdem wohin die Tour geht und zu welcher Jahreszeit wir unterwegs sind, ändern sich die Rahmenbedingungen. Wenn ich mit meinen Gästen zum Freeriden unterwegs bin, dann beginnt der Tag um Punkt 9:00 Uhr vor der Skischule und endet mit der letzten Liftfahrt. Bei hochalpinene Touren kann der Tag schon einmal beginnen, bevor es überhaupt hell wird, also so gegen 3:00 Uhr morgens. Und bei den Abenteuercamps im Sommer sind wir 24 Stunden am Tag für das Wohl der Kinder und Jugendlichen verantwortlich.

Das Bergführen ist ja sehr eng mit dem Reisen verbunden: Wie lässt sich denn deine Berufung mit Familie, Partnern und Freundschaften vereinbaren?

Freundschaften zu pflegen und gleichzeitig Bergführerin zu sein, das bekomme ich ganz gut hin. Außerdem bin ich zweifache Mutter und das ist eine echte Herausforderung. Das gesamte Paket in Balance zu halten erfordert viel Durchhaltevermögen, einen Haufen Energie und auch eine ordentliche Portion Mut.

Wieviel Zeit verbringst du denn auf nicht beruflicher Art und Weise in den Bergen?

Hin und wieder brauche ich wirklich einen Tag zum Rasten: Dann schlafe ich dann einmal richtig aus, gestalte den Tag ganz entspannt und genieße das Leben. Spätestens am nächsten Tag werde ich dann schon wieder langsam unrund und ich plane in Gedanken schon das nächste Abenteuer. Die schönsten Bergerlebnisse sind für mich immer die gemeinsam mit Freunden, aber vor allem mit meinen Kindern.

Klingt nach einem ausgeglichenen Leben. Aber bei all den Sonnenseiten, wirft der Beruf des Bergführens auch irgendwo Schatten?

Wir Bergführer sind – genauso wie unsere Gäste – den Launen der Natur ausgesetzt: draußen zu sein, bedeutet, sich der Unberechenbarkeit der Elemente zu stellen – genau in diesem Punkt ist unsere Kompetenz gefordert. Wir bieten den Gipfelgenuss in Kombination mit größtmöglicher Sicherheit, dennoch sind wir einem Restrisiko ausgesetzt, das ich sehr genau im Auge behalte.

Abschließende Frage: Wie siehst du die Zukunft der Bergführer?

Das Leben ist nie statisch, es ist ständig alles in Bewegung und dem Wandel der Zeit unterworfen. Die Zukunft können wir nur bedingt planen, das hat uns das letzte Jahr eindrücklich bewiesen – es hätte sich wohl keiner gedacht, dass wir über Monate hinweg nicht zu Hütten und auf Berge steigen dürfen. Geschweige denn keine Gäste in die Berge zu führen.

Insofern wird die bergführerische Kompetenz auch in Zukunft gefordert werden. Vor allem die klimatischen Veränderungen sind ein großes Thema: Permafrost wird das bestimmende Thema bei unseren zukünftigen Unternehmungen im Sommer werden.


Mehr über die Zukunft der Berge erfahrt ihr in unserem Bergwelten-Podcast