Teil 2: Bergan auf zwei Brettern
Foto: You are an Adventure Story
von Magdalena Kalus und Anja Kaiser
Maggy und Anja von You are an Adventure Story wagten sich diesen Winter als völlige Anfängerinnen an den Trendsport Skitourengehen – wie es ihnen dabei ergangen ist, lest ihr hier in einer dreiteiligen Serie.
Das Gefühl der Freiheit in den Bergen, der vielbesagte Spaß bei unberührten Pulverabfahrten und der sportliche Aspekt des „Wanderns auf Skiern“, das sind die Dinge, die uns am Skitourengehen reizen. Das Skifahren ist hierfür die Grundlage und die letzten Wochen haben wir fast jedes Wochenende geübt. Wir haben mittlerweile viele Pistenkilometer gesammelt und beim Ein-Tages-Touren-Crashkurs erste Theoriekenntnisse erworben und den Umgang mit Steighilfe, LVS-Gerät, Sonde und Schaufel gelernt. Auch die ersten Meter in unpräpariertem Terrain haben wir bereits hinter uns und dabei Lust auf mehr bekommen. Nach kaum zwei Monaten auf Skiern wollten wir nun weg von der Piste ins „Backcountry“ und den Tiefschnee – und endlich einmal auf richtige Berge hinaufgehen.
Zeit für echte Bergketten
Unseren ersten selbstständigen Tourenversuch unternahmen wir in Lermoos in der Tiroler Zugspitzarena. Nach einem Tag Akklimatisation auf den Pisten unterhalb der Zugspitze, bei dem wir dank des vielen Neuschnees auch immer wieder rechts und links der Pisten erste Kurvenversuche unternehmen konnten, starteten wir von der Talsation der Gondel zu einer pistennahen Skitour in ein waldiges Winterwunderland. Manche würden diesen Spaziergang in seicht ansteigendem Gelände vielleicht noch nicht als Skitour bezeichnen, aber wir übten fleißig Spitzkehren auch bei 20 Grad Hangneigung und hielten so das Risiko dank der geringen Steilheit und des Lawinenlageberichts so gering wie möglich. Soviel Kenntnisse in der Lawinenverschüttetensuche hatten wir nämlich noch nicht, als dass wir zu zweit direkt in schwieriges Gelände aufbrechen könnten. Wir lernten schnell, dass selbst beim vermeintlichen Winterspaziergang, bei dem uns auch der ein oder andere skilose Gassigeher zwischen den Almen begegnete, das Mitführen von LVS-Ausrüstung Pflicht ist: Sobald man Tourenski an den Füßen hat und nicht auf der Piste geht, muss ein Rucksack her!
Erster unverspurter Powder
Kaum aus den Leermoser Wäldern zurück, waren wir schon am Hochkönig zu Gast. Hier gingen wir zwar keine Skitour, es schneite aber fast einen ganzen Tag durch und wir kamen das erste Mal in den Genuss echten unverspurten Powders. Im Skigebiet über Dienten und Maria Alm waren an diesem Wochenende aufgrund der schlechten Sicht und des starken Schneefalls außer uns kaum Leute unterwegs. Für uns perfekte Bedingungen, um die erste richtige Tiefschneeerfahrung zu sammeln: Es gab viele Stürze, eingegrabene Ski – und eingegrabene Menschen. Die zwei Tage im Tiefschee brachten uns extrem weiter, da selbst die Verhältnisse auf den Pisten hier eher an Off-Piste erinnerten: Unzählige Buckel, teils hüfttiefer Schnee und versteckte Baumstümpfe waren genau das, worauf wir uns vorbereiten mussten. Schon am nächsten Wochenende sollte es uns in die Karten spielen.
Zu Gast im Skitourencamp
Wir waren beim Hagan Skitourencamp im Nationalpark Gesäuse und lernten in drei intensiven Tagen wirklich alles, was man fürs Tourengehen wissen muss. Vom Perfektionieren der Spitzkehre, hin zum Suchen vergrabener LVS-Geräte, dem korrekten Sondieren und der Spurenwahl im Gelände war alles dabei. Obwohl wir zum ersten Mal richtig abseits der Pisten unterwegs waren und auch das erste Mal nur im Gelände abfahren konnten, hielten wir unsere Gruppe kaum auf und waren ein bisschen stolz, dass wir mit teils jahrelang erfahrenen Skifahrern im Gelände mithalten konnten. Wir erreichten mit dem Gscheideggkogel auf 1.788 Metern außerdem unser erstes Gipfelkreuz auf Ski und wurden mit traumhaftem Wetter und einer tollen Aussicht auf die steirischen Berge belohnt!
Mehr davon gabs bei perfektem Bergwetter nur mit nicht ganz so viel Schnee am nächsten Wochenende in Saalfelden-Leogang und den Ausläufern des Skicircus Saalbach Fieberbrunn. Ein Tag Pistenfahren wechselte sich wieder ab mit einer Tour auf einen namenlosen Hügel im Schwarzleotal, der allerdings – nur weil er keinen Namen hatte – nicht weniger schön war, im Gegenteil: Die Sicht auf das Hochkönigmassiv war atemberaubend und ließ die Anstrengungen des Aufstieges unter sonniger Hitze schnell vergessen. Wir fanden trotz des Kaiserwetters und mäßigen Schneefalls der letzten Tage noch einen kaum verspurten Hang und hatten zudem unsere erste pistenferne Einkehrjause. Der theoretische Fokus an diesem Wochenende lag für uns auf der Schneedeckenbeurteilung und der Einschätzung und Abwägung der Lawinengefahr in verschiedenen Hanglagen. Wir buddelten wieder fleißig und sondierten was das Zeug hielt, um bald auch in alpinere Höhen vordringen zu können. Die Touren bis auf 2.000 Meter knapp über die Baumgrenze waren schön, aber uns reizten vor allem die weniger begangenen Gipfel mit kniffligeren Abfahrten.
Nach zwei Monaten intensiven Wochenendtrainings auf Skiern beginnt man sich sicher zu fühlen, das können wir zumindest für uns sagen. Sicher mit dem Umgang mit Equipment und Ski, sicherer beim Abfahren auch in zerspurtem und nassem Schnee und auf Firn und Plattenharsch.
Die kommenden Touren sollten länger, höher und ausdauernder werden und wir hatten Lust auf mehr Adrenalin und Herausforderungen in Form von steileren Hängen und Couloirs – auf richtiges „Freeriden“ eben. Ob und wie wir bei dieser Challenge vorangekommen sind, lest ihr demnächst hier.
Erster Teil der Blog-Serie:
Teil 1: Erste Schritte – Vom Pflug auf die „Direttissima“
10 Regeln für Pistenskitouren
5 Ideen fürs Ski-Recycling der anderen Art
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