Zugspitze: 4 Jahreszeiten am höchsten Berg Deutschlands
Foto: Berg im Bild/Christian Riepler
Die Besteigung der Zugspitze über das Höllental ist die anspruchsvollste, aber auch abwechslungsreichste Route auf den höchsten Berg Deutschlands. Im Rahmen unseres Seven European Summits-Projekts wollten wir diese Tour eigentlich bereits Ende Mai unternehmen. Aufgrund der andauernden Schneefälle war der Klettersteig jedoch bis in den Juni hinein gesperrt. Am 18.06.2016 war es für uns dann aber endlich soweit: TOP OF GERMANY!
Die Dinge kommen oft anders als man denkt – manchmal auch deutlich anders als man denkt. Der Start unseres Seven European Summits-Projekts kam sogar extrem anders als wir dachten: Nämlich fast vier Wochen zu spät. Trotz meterologischen Sommers erleben wir alle vier Jahreszeiten am höchsten Berg Deutschlands, der Zugspitze (2.962 m).
Wir hatten unseren Start bereits dreimal verschoben und auch dieses Wochenende war die Wettervorhersage wieder äußerst ungenau, zweifelhaft und kritisch. Lediglich ein gewitter- und regenfreies Gap wurde für den Samstag-Morgen vorausgesagt. Wir stiegen daher bereits am Freitag-Abend von Hammersbach zur Höllentalangerhütte auf, die – komplett neu renoviert – in diesem Jahr endlich wieder ihre Pforten geöffnet hat. Wir hofften schnell genug zu sein, aber in der Höllentalklamm erwischte uns ein saftiges Gewitter mit anhaltendem Platzregen, Blitz und Donner – es gab also eine After-Work-Dusche for free.
Komplett durchnässt kamen wir als eine der Letzten auf der Höllentalangerhütte an, wo wir nur wenige andere Bergsteiger trafen, die es am nächsten Tag über den Klettersteig versuchen wollten. Die großen Schneemengen und die tief verschneiten, ungreifbaren Sicherungsseile hielten die Massen offensichtlich ab. Für uns war klar, dass wir es trotzdem versuchen wollten und wir entschieden uns, zum Sonnenaufgang aufzubrechen.
Der Wecker klingelte nach einer kurzen Nacht um 4:30 Uhr. Nach einem leckeren Thermofrühstück überraschte uns sowohl das Wetter, als auch der Blick hinauf in die Berge. Es war wolkenlos und ein perfektes Alpenglühen begrüßte uns zum Start unseres Aufstieges. Die Zeichen standen gut und wir marschierten motiviert und voller Tatendrang gen Gipfel. Wir hatten es im Gefühl: Wir würden es entgegen aller Zweifel, Prognosen und Warnungen heute schaffen.
Der Zustieg zum ersten Teil des Klettersteiges, Leiter und Brett, war komplett schneefrei und ohne Probleme machbar. Begleitet von atemberaubenden Blicken ins Höllental und auf die immer kleiner werdende Höllentalangerhütte, gewannen wir rasch an Höhe.
Wir querten einige harmlose Schneefelder, ab dem Ferner wurde es dann sehr schneereich. Ein Bergsteiger-Paar war an diesem Tag bereits vor uns aufgebrochen und so mussten wir zum Glück nicht mehr alles selber spuren. Bei strahlendem Sonnenschein umgingen wir ein paar harmlos aussehende Spalten und konnten auch die Randkluft dank des vielen Schnees ohne Probleme bewältigen.
Am eigentlichen Steig kamen wir ebenfalls bis etwa zur Hälfte sehr gut voran und hatten die langsam nachrückenden Gruppen und Seilschaften auf dem Ferner ständig im Blick. Mit dem Voranschreiten der Uhrzeit und dem Gewinnen an Höhe kamen der Nebel – und der Schnee. Wir wussten von Bergführerberichten der vorangegangenen Woche um die „winterlichen“ Verhältnisse im oberen Drittel des Steiges und waren dementsprechend vorbereitet.
Zwar waren die Sicherungsseile ab der Irmerscharte an vielen Stellen unter der geschlossenen Schneedecke begraben, aber der Schnee war von stabiler Beschaffenheit und die Wegfindung dank deutlicher Spuren nie wirklich problematisch. So kamen wir auch hier überraschend schnell und ohne den Gebrauch unserer Gletscherausrüstung voran. Die letzten Meter kletterten wir gefühlt senkrecht über einen sehr steilen Hang aus Schnee, in dem noch Abdrücke der Seile von einer der ersten Bergführer-Gruppen dieses Jahres zu sehen waren. Wenn man unsicher ist, wäre hier eine Stelle zum Nachsichern gewesen.
Nach rund 5 1/2 Stunden – und in einem kompletten White-Out – erreichten wir um kurz nach 11 Uhr den höchsten Punkt Deutschlands. Fast wären wir aufgrund der Sichtverhältnisse am Gipfelkreuz „vorbeigelaufen“. Aber: Wir hatten ihn dafür ganz für uns allein, den höchsten Berg Deutschlands. Von den zahlreichen Seilbahn-Besuchern am Sonnalpin wurden wir bejubelt und fotografiert – so komisch müssen wir gewirkt haben, als wir aus dem weißen Nichts hervorgekraxelt kamen.
Zusammenfassend lässt sich die Besteigung der Zugspitze durch das Höllental als wirklich alpines Highlight mit moderatem Schwierigkeitsgrad beschreiben, das bei schneereichen Verhältnissen nur trittsicheren und erfahrenen Bergsteigern zu empfehlen ist. Wir waren von der Vielfältigkeit gleichermaßen überrascht wie von der Schönheit der Zugspitzen-Gipfeltour.
Uns hat sie Lust auf mehr gemacht: Zum Glück war das hier erst der erste Streich, der Zweite folgt (fast) sogleich: Großglockner, wir kommen!
Alle Fotos: Peak Art Images
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