Eiger-Nordwand: 4 Fakten zur Heckmair-Route
Die Eiger-Nordwand: Für viele Alpinisten gilt eine Durchsteigung der 1.800 m hohen Kalkmauer auf der klassischen Heckmair-Route als Höhepunkt ihrer alpinen Karriere. Doch ist diese Wand heutzutage immer noch das, was sie mal war? Ist sie noch immer berüchtigt, gefährlich und nur den Besten vorbehalten, oder ist sie nur mehr eine Tour unter vielen? Die Alpinschule Tauernwind stellt uns diese alpine Herausforderung im Detail vor.
1. Die Nordwand heute
Die Wetterberichte werden immer besser und genauer, sind ständig am Handy abrufbar und wenn die Verhältnisse in der Wand stimmen, dann liest man in den sozialen Medien im Stundentakt Berichte über tolle und eigentlich recht „lockere“ Besteigungen. Die passenden Fotos dazu kurz „durchscrollen“ und schon ist man höchst motiviert und packt die Sachen für sein persönliches Eiger-Abenteuer.
Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht: Um die Nprdwand am Eiger zu erklimmen benötigt es weit mehr als ein Wetterbericht und ein paar halbseriöse Berichte aus dem Internet. Eine gute Kondition, ein sicheres und schnelles Klettern im kombinierten Gelände, ein gutes Seil- und Sicherungsmanagement und vor allem eine gehörige Portion Erfahrung sind hierfür erforderlich. Der „alpine Spürsinn“ für die Routenfindung ist selbsterklärend.
Anschließende Beschreibung soll also nicht als „Tourentipp“ für den nächsten Wochenendausflug verstanden werden, sondern soll als Anhalt für diejenigen dienen, die mit dem Gedanken einer Besteigung der Heckmair-Route spielen. Der Autor Harald Fichtinger hat sich als Bergführer seit 15 Jahren auf die Begehungen schwieriger Touren mit Kunden spezialisiert und ist auch auf der historischen Heckmair-Route regelmäßig unterwegs. Ein Vorbereitungsbeispiel für solche Anstiege findet man auf der Homepage seiner Alpinschule Tauernwind.
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2. Absicherung Eiger-Nordwand
Über den Absicherungszustand scheiden sich die Geister: Für die einen ist die Route wegen der vielen Fixseile (Schwieriger Riss, Hinterstoisser-Quergang, Schwalbennest, Ende Götterquergang und Cortibiwak) übersichert, für die anderen ist die Absicherung eher dürftig und schlecht.
Fakt ist, dass viele Haken stecken, diese jedoch von teils sehr schlechter Qualität sind. Zusätzliche Sicherungen sind aufgrund des eher geschlossenen Felses schwierig unterzubringen.Friend mittlerer Größe sind obligatorisch, die Fixseile im Hinterstoisser-Quergang zumeist von guter Qualität, die im weiteren Verlauf der Route folgenden sind mit Vorsicht zu genießen.
Vor allem im unteren Teil (Schwalbennest und Todesbiwak) gibt es viele Bohrhaken, die aus der Zeit der Live-Fernseh-Übertragung von 1999 stammen – diese bringen aber nichts für die eigene Sicherung.
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Am Ende der ersten Seillänge des Wasserfallkamins wurde vor einigen Jahren ein urtümlicher Stiftbohrhaken endlich gegen einen aktuellen Bohrhaken ausgetauscht. Dieser versteckt sich oft hinter Schnee!
Der Götterquergang ist immer noch miserabel abgesichert, vor allem bei wenig Trittschnee wird die Querung zu einem heiklen Balanceakt. Ein Ausrutscher zieht zumindest einen interessanten Pendelsturz nach sich, bei dem das Seil mit Sicherheit auf seine Kantenfestigkeit geprüft wird...
3. Verhältnisse und beste Jahreszeit
Neben dem eigenen Können sind gute Verhältnisse in der Wand ein wesentliches Kriterium für eine erfolgreiche Begehung. Diese ändern sich im Prinzip ständig, dennoch haben sich in den letzten Jahren einige Zeiträume als „ideal“ herausgestellt.
Die Heckmair-Route wurde im Juli 1938, also als Sommertour erstbegangen. Winterbegehungen waren bis in die 80iger Jahre eine Besonderheit und eher selten. Dies hat sich nun aufgrund diverser Umstände wie Temperaturanstieg und Ausrüstung entsprechend verändert oder gar umgekehrt. Die meisten Begehungen verzeichnet die Wand nun in den Monaten Februar bis April. Auch im Dezember können gute Verhältnisse herrschen jedoch sind die Tage zu diesem Zeitpunkt sehr kurz. Die Monate September/ Oktober eignen sich auch als gut, sofern die Nullgradgrenze nicht über 3.000 m liegt. Generell kann man aber davon ausgehen, dass im März und April weniger Blankeis und besserer Trittschnee in den Eisfeldern vorhanden ist.
Als „gute Verhältnisse“ wird folgendes bezeichnet:
- Schneefall und anschließende Erwärmung in großer Höhe (in den letzten Jahren oft nach einem Wettersturz im September oder Ende Jänner nach einer Föhnwetterlage), danach Rückgang der Temperatur und einpendeln der Nullgrad-Grenze um die 3.000 m (weniger Steinschlag).
- Viel, gesetzter Schnee im unteren Teil bis zum Schwierigen Riss (vereinfacht die ersten 600 Höhenmeter ungemein).
- Durchgehende Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Eisfeld, das ist der sogenannte „Eisschlauch“. Das Vorhandensein dieser Verbindung ist ein wesentliches Kriterium! Ansonsten zeigt sich diese Stelle als brüchig, glatt und äußerst unangenehm zu klettern.
- Trittschnee auf den Eisfeldern
- Eis im Wasserfallkamin
- Schnee im Götterquergang
- Eis in den Ausstiegsrissen
- Trittschnee im Gipfeleisfeld und am Gipfelgrat
- Schnee in der Westflanke, um leicht und ohne Steinschlag in den Bereich des ehemaligen Hängegletschers in der Westwand zu kommen (Winterabstieg).
Diese Verhältnisse sind alles andere als alltäglich. Sofern sie aber vorliegen, verzeichnet der Eiger seine meisten (Speed-)Begehungen.
4. Ausrüstung
Die Ausrüstung hängt von der Taktik und vom Leistungsstand der Seilschaft ab. Eine akribische Auswahl der richtigen Ausrüstung bewährt sich auf jeden Fall. Trotz allem gilt: Je weniger Gewicht, desto leichter fällt das Klettern.
Bergführer Harald Fichtinger von der Alpinschule Tauernwind hat seine Ausrüstung für eine Führungstour durch die Eiger-Nordwand auf der Heckmair-Route im Bild unten zusammengestellt.
- 60 m Seil (kann auch Einfachseil sein)
- 4 Eisschrauben
- 2 Eisgeräte
- Steigeisen für Mixed-Gelände (fast alles wird mittlerweile mit Steigeisen geklettert!)
- 3 bis 4 Friends mittlerer Größe
- 2 Haken
- 3 bis 4 Bandschlingen
- diverse Karabiner und 6 Expressschlingen
- Helm
- 30 L Rucksack
- entsprechende Bekleidung
- bei Bedarf Biwakausrüstung mit leichtem Schlafsack und einem kleinen Kocher
- Energieriegel
- Stirnlampe, Kleines Erste-Hilfe-Set, Notrufmöglichkeit und diverse andere Kleinigkeiten...
Die Tour im Detail
Eine ausführliche Tourenbeschreibung mit Details zu den einzelnen Abschnitten, dem Zustand der vorhandenen Sicherungselemente, zu den Biwakplätzen und viele wertvolle Tipps, findet ihr in der unten angeführten Tour, die von der Alpinschule Tauernwind zusammengestellt wurde. Auf einigen Bildern ist zudem der Routenverlauf genau eingezeichnet, was die Orientierung noch einmal erleichtern soll.