9 Experten-Tipps für deine 4000er Besteigung
Einmal einen Viertausender zu besteigen – dieses Wunschziel haben wohl viele als Höhepunkt ihrer bergsteigerischen Karriere oder als langersehnter Bullet Point auf ihrer Liste. Mit folgendem Beitrag geben wir gemeinsam mit der Schweizer Bergführerin Caroline George einige Tipps, worauf bei der Besteigung dieses alpinistischen Ziels geachtet werden sollte.
Für alle Frauen gibt es die Möglichkeit bei der 100% Women Peak Challenge von Schweiz Tourismus teilzunehmen. Das Ziel: Alle 48 Viertausender sollen von reinen Frauenseilschaften bis 8. Oktober bestiegen werden. Die Initiative 100 % Women will Frauen im Bergsport und allgemein im Outdoorsport sichtbarer machen. Die Teilnahmebedingungen für die Challenge findest du am Ende des Artikels.
Jetzt versorgen wir euch mit Tipps für eure 4.000er-Besteigung:
1. Wer die Wahl hat …: das richtige Ziel auswählen
Zu Beginn jeder Tourenplanung steht die Auswahl des richtigen Ziels. In puncto lohnende Viertausender hat man in der Schweiz die Qual der Wahl: Unter den insgesamt 48 Viertausendern, die das kleine Alpenland zu bieten hat, gibt es natürlich leichtere und anspruchsvollere. Die leichteren definieren sich primär durch eine einfache Erreichbarkeit, geringere Höhendifferenz und einfachere technischen Anforderungen. Wobei die Besteigung eines Viertausenders ganz generell nie unterschätzt werden sollte. Die Einstufung der Touren gemäß der SAC-Schwierigkeitsskala gibt hier schon einen ersten Anhaltspunkt: Die Skala reicht von von L (leicht) bis S (sehr anspruchsvoll) – diese Einteilung sollte man bei der Auswahl der Tour im Auge haben.
Wähle deinen passenden Viertausender in der Schweiz auf Bergwelten.com.
Tipp: Frauen, die sich für eine Teilnahme an der 100% Women Peak Challenge interessieren, können den kostenlosen Beratungsservice der Bergführerin Caroline George in Anspruch nehmen. Hier kann man sich Tipps für die Gipfelwahl holen oder wird bei der Suche nach einer passenden Bergführerin unterstützt.
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2. Eine gute Tourenplanung ist Standard
Die Planung einer Hochtour auf einen Viertausender unterscheidet sich von jener einer „normalen“ Hochtour durch Höhe und meist auch die höheren technischen Anforderungen. Ergänzend zur standardmäßigen Hochtourenplanung müssen folgende Punkte beachtet werden:
- Durch die Höhe kommt das Thema Akklimatisation und Höhenverträglichkeit hinzu.
- Aufgrund der Höhe und vergletscherten Geländes kommen auch die Gefahren von tageszeitlicher Erwärmung sowie weitere (hoch)alpine Gefahren (Schnee, Lawinen) dazu.
- Das Wetter schlägt im Hochgebirge schneller um als im Tal – eine gute, laufende Information über aktuellen Wetterverhältnisse (z.B. per App) ist wichtig.
- Das Risiko von Schäden durch die erhöhte UV-Strahlung (Schneeblindheit, Sonnenbrand), Kälte (Erfrierungen vornehmlich an Händen und Füßen), Höhe und Dehydration ist ebenfalls auf Hochtouren höher und kann in Kombination zu kritischen Situationen führen. Vorsorge (Sonnenschutz, ausreichend Trinken) und die passende Ausrüstung (Fäustlinge, Mütze, Isolationsjacke) sind wichtig.
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3. Vollständige hochalpine Ausrüstung mitführen
Aufgrund der technischen Anforderungen setzt sich die Ausrüstung für die Besteigung eines Viertausenders aus der allgemeinen (Notfall-)Ausrüstung fürs Bergsteigen, der seiltechnischen Ausrüstung und den zusätzlichen notwendigen Ausrüstungsteilen wie steigeisenfesten Schuhen, Pickel, allenfalls Helm und einem hochtourentauglichen Rucksack zusammen.
4. Die richtige (Seil-)Technik kennen und anwenden können
Alle Viertausender der Schweizer Westalpen liegen im Hochgebirge. Das Wissen, die Erfahrung und eine gewisse Routine rund um Seiltechnik, Gehen am Gletscher und Hochtouren ist damit Voraussetzung. Wer dies nicht sicher beherrscht, dem ist das Begehen eines Gletschers nicht zu empfehlen – oder nur mit Bergführer/in.
Die notwendige seiltechnische Ausrüstung für den Gletscher umfasst folgende Gegenstände:
- Imprägniertes Seil (Richtwert: 50 m, wobei sich die Länge nach der Seilschaftsgröße richtet)
- Sitzgurt
- Pickel
- Steigeisen
- Eisschraube
- 3 Dyneema-Reepschnüre (1,5 m, 3 m und 5 m)
- 3 Bandschlinge (1x120 cm, 2x60 cm)
- 4 Schraubkarabiner
- 1 Twist-Lock-Karabiner zum Anseilen
- 2 Schnappkarabiner
- Tibloc und Micro Traxion als Seilklemme bzw. für den Notfall
5. Akklimatisation und Höhenkrankheit
Die Höhenkrankheit – auch Acute Mountain Sickness (AMS) genannt – ist eine Erkrankung, die ab etwa 2500m auftreten kann. Dabei übersteigt das Höhersteigen die persönliche Akklimatisationsfähigkeit.
Die Beschwerden sind vielfältig, es kann zu Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Antriebslosigkeit, Unwohlsein, Schlafstörungen sowie Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen kommen.
Weitere, andere höhenspezifisiche Erkrankungen sind denkbar, wie z.B. das Höhenlungenödem (HAPE) oder das höhenbedingte Hirnödem (HACE).
Zur Vermeidung einer Höhenkrankheit ist eine Akklimatisierungstaktik notwendig.
- Die Vermeidung begründet sich in erster Linie in der Entstehung der Höhenkrankheit, es gilt also langsam aufzusteigen und nach Möglichkeit nachts in tiefere Lagen abzusteigen bzw. sollte der Schlafhöhenunterschied 500m nicht überschreiten. Die letzte problemlose Schlafhöhe ist dabei für das weitere Höhersteigen entscheidend.
- Weitere präventive Maßnahmen sind bewusste Mehratmung sowie eine ausreichende Wasser- und Kohlenhydratzufuhr (beispielsweise isotonische Getränke).
- Von übermäßigem Wasserkonsum (vor allem ohne Salzaufnahme) wird abgeraten, da es zu gefährlichen Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes führen kann.
6. Anreise und Übernachtung
In den meisten Fällen wird eine Viertausender-Besteigung als Zwei-Tages-Tour geplant. Das heißt, dass man am Vortag aufsteigt und in einer Hütte übernachtet, um am nächsten Tag zum Gipfel zu starten.
Der Anstieg zur meist hochalpin gelegenen Hütte muss als eigene Tour geplant werden, denn in vielen Fällen handelt es sich schon dabei um eine anspruchsvolle und lange Unternehmung.
Eine Reservierung der Hütte ist derzeit obligatorisch, genauso wie das rechtzeitige Stornieren. Im Hochgebirge ist Trinkwasser oft Mangelware – beim Aufstieg können aber noch Flaschen aufgefüllt werden.
Die Anreise zur Hütte kann gerade in der Schweiz mit öffentlichen Verkehrsmitteln gestaltet werden. Neben weniger Stress und höhere Effizienz bei der An- und Abreise, dem Wegfall der Parkplatzsuche und damit verbundenen Kosten etc. kann die Tour auf diese Weise als Überschreitung oder mit einer Abstiegsmöglichkeit in ein anderes Tal durchgeführt werden.
7. Die richtige Vorbereitung: optimales Training für die Besteigung eines Viertausenders
Die Länge bzw. Dauer der Trainingsphase hängt vom jeweiligen Können, der Kondition und dem technischen Wissen ab. Im Allgemeinen kann sie in folgende Punkte unterteilt werden und muss natürlich an die Anforderungen des jeweilige Gipfelziels angepasst werden.
- Grundlagentraining
- Kraft und Ausgleich
- Gletscher- und Klettertechnik
- Seiltechnik
- Höhenmeter machen
- Tourenplanung
- Mit leichten Touren, die ähnlich, aber leichtere Anforderungen aufweisen, starten.
8. Wie starte ich am besten mit Viertausendern?
Erste Erfahrungen auf einem Viertausender sollten mit einem(r) Bergführer/in oder im Rahmen eines Kurses bei alpinen Vereinen oder Bergsteigerschulen gesammelt werden. So können alle Planungs- und Seiltechnikfragen beantwortet werden, die Theorie wird zugleich in die Praxis umgesetzt. Je länger man mit Experten unterwegs ist, desto mehr profitiert man von ihrem jahrelangen Know-how. Danach können individuelle Ziele gemäß dem eigenen Können ausgewählt, geplant und umgesetzt werden.
9. Tipps von Caroline für die Besteigung von 4000ern
Persönliche Tipps und Tricks:
- Wähle deine Gipfel progressiv aus. Das heißt, wenn du einen Gipfel mit einem bestimmten Schwierigkeitsgrad bestiegen hast, ist es sinnvoll, dir danach einen anstrengenderen Gipfel mit demselben Schwierigkeitsgrad vorzunehmen. Erst dann solltest du dich an eine schwierigere Tour wagen.
- Es ist wichtig, dass du planvoll und unter realen Bedingungen in Schnee, Fels und Eis trainierst, damit du auf jedem Gipfel die entsprechende Technik sicher anwenden kannst. Es ist elementar zu wissen, wie man mit Steigeisen geht und sich effizient in den Bergen bewegt. Das ist der Schlüssel zum Erfolg und ganz entscheidend für deine Sicherheit.
- Packe nur das ein, was du für die Besteigung wirklich brauchst – nicht mehr.
- Planung und Vorbereitung sind das A & O: Informiere dich über das Wetter und die aktuellen Bedingungen. Nutze dafür die einschlägigen Websites, frage bei den Hüttenwirten nach und kläre ab, mit wem du unterwegs bist. Die sogenannte 3x3-Methode als Reduktionsmethode für Lawinengefahr im Winter eignet sich auch bestens für den Sommer.
- Mein persönlich wichtigster Tipp: Nimm im Zweifelsfall immer eine zusätzliche Jacke mit, bei der du dich nicht entscheiden kannst, ob du sie mitnehmen oder zurücklassen sollst.
Tipps für schwierige Routen
- Gipfel, die technisch schwieriger sind, die etwas abseits liegen oder die einen besonders langen Aufstieg erfordern, werden in der Regel seltener bestiegen. Auf das Lauteraarhorn treffen alle drei Faktoren zu: Es ist abgelegen, es gibt keine einfachen Wege zum Gipfel und es ist ein verdammt langer Aufstieg und somit eine gute Wahl.
- Wer wird es im Rahmen der Peakchallenge besteigen? Ganz klar Frauen, die über Erfahrung verfügen, die den Willen und die Fähigkeit besitzen, sich am Berg richtig anzustrengen, die bereit sind, einen langen Tag auf einem Gipfel zu verbringen und die es auf sich nehmen, ihr eigenes Essen für das Biwak mit auf den Berg zu schleppen. Bedenke: Eine solche Besteigung stellt eine Mini-Expedition in den Alpen dar!
- Die meisten der schwierigeren Gipfel können über eine Normalroute sowie über weitere, oft technisch anspruchsvollere Routen bestiegen werden. Damit haben Bergfreunde und talentierte Alpinisten die Möglichkeit, den Gipfel jeweils entsprechend ihres eigenen Leistungs- und Technik-Niveaus zu besteigen.
- Was allerdings jeder braucht, sind gute Bedingungen. Das heißt trockenen Fels, gefrorenen Schnee und nicht zu viel Eis in den steileren Passagen. Die Jahreszeit jetzt ist normal perfekt und bietet genau diese Bedingungen. Es sei denn, du erwischst einen nassen und kalten Sommer wie dieses Jahr! Du musst dir darüber im Klaren sein, die Berge erfordern ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit. Aber wie sagt der Schweizer: „Mal ga Luege!“ In der Sprache einer einstigen Fußballer- und Trainer-Legende lautet die Übersetzung: „Schauen wir mal!“
Mach mit bei der 100% Women Peak Challenge von Schweiz Tourismus
Schweiz Tourismus ruft zusammen mit dem Schweizerischen Bergführerverband (SBV), dem Schweizer Alpen-Club (SAC) und Mammut Frauen aus aller Welt dazu auf, alle 48 Viertausender der Schweiz in reinen Frauenseilschaften zu besteigen.
Die Challenge läuft vom 8. März, dem Internationalen Tag der Frauen, bis am 8. Oktober 2021. Dreiviertel der 48 Viertausendergipfel der Schweiz sind bereits besteigen, unter anderem sind folgende Peaks noch zu meistern: Zinalrothorn, Weisshorn oder Täschhorn.
Die Peak Challenge ist Teil der Initiative 100 % Women. Schweiz Tourismus setzt sich damit für mehr weibliche Präsenz und Fokus im Outdoor- und Tourismusbereich ein.
Wer kann mitmachen?
Eingeladen sind alle Frauen und Frauenseilschaften, die ihre Viertausender über ein Gipfelselfie mit #peakchallengeNAMEVIERTAUSENDER in den sozialen Medien dokumentieren. Neben der Präsentation auf der Seite können die Finisher auch noch ein Goodie-Package bestellen und erhalten unter anderem ein T-Shirt und Karabiner von Mammut.
Beratungsservice
Mit der Bergführerin Caroline George wird ein kostenloser Beratungsservice angeboten – für die optimale Gipfelwahl oder für Unterstützung bei der Suche nach einer (weiblichen) Bergführerin.
Alle Infos auf der Seite von Schweiz Tourismus 100% Women Peak Challenge.