Der große Trip: Eine Camping-Reise durch Oregon
von Lea Hajner
Der US-Bundesstaat Oregon ist ein Reise-Geheimtipp. Unsere Autorin Lea Hajner hat seine Natur-Wunder mit dem Auto erkundet. Nicht nur der grandiose Crater Lake, an dem auch Reese Whiterspoon im Weitwanderer-Kinofilm „Der große Trip – Wild“ vorbeikommt, hat es ihr angetan.
Das Staunen beginnt, nachdem wir mit dem Mietauto die Grenze zwischen Idaho und Oregon passiert haben. Immer grün und regnerisch hat es geheißen, doch jetzt durchqueren wir Wüsten-ähnliche Gebiete. Das erste Highlight am Weg, die Painted Hills im John Day Fossil Beds National Monument-Schutzgebiet, sind große sanfte Hügel. In ihrem Tonstein lagern Mineralien, die je nach Wetterlage und Jahreszeit ihre Farbe verändern: gelb, golden, schwarz und rot. Vom Tourismusbüro werden sie als eins der „Sieben Weltwunder Oregons“ vermarktet. „Naja“ sagt mein Freund und zuckt mit den Schultern. Nach ein paar Fotos steigen wir wieder ins Auto. Vielleicht sind wir auch einfach schon zu lange unterwegs gewesen, um große Begeisterung aufkommen zu lassen. Wir reisen weiter.
Der Smith Rock Nationalpark präsentiert sich schon wesentlich spektakulärer. Es ist bereits später Nachmittag und die letzten Kletterer seilen sich von den schroffen Felsen ab. „Walk in only“ steht am ersten Campingplatz, den wir erreichen – wir entscheiden uns dafür, zum nächsten weiterzufahren. Die Broschüre der State Park Campingplätze erweist sich bei der Suche nach einem Nachtlager als enorm hilfreich – auch wenn der Park recht klein und überschaubar ist.
Freundliche Hipster und frostiges Campen
Prineville Reservoire Camping heißt unser neues Tagesziel und ist nur eine halbe Stunde entfernt. Wir fahren über einen großen Hügel und laut Navi müssten wir spätestens jetzt den großen See erblicken. Tun wir aber nicht. Das Rätsel lüftet sich wenig später, als wir die kurvige Straße zum Wasser hinunter fahren. Der Stausee ist tief in einer Schlucht versteckt – ein ganz schön eindrucksvolles Bild. Der freundliche Ranger am Eingang sowie die vielen jungen Familien und Hipster auf Wochenendausflug machen den Ort gleich unglaublich sympathisch. Unser erstes, ganz persönliches Oregon-Wunder! Uns gefällt es hier.
„Wohin würdest du zum Campen fahren, wenn du zwei Tage Zeit hättest?“ fragen wir den Verkäufer in einem Fliegenfisch-Shop in Bend. Die Antwort fällt ihm nicht schwer. Fast jedes Wochenende packt er seine Sachen, sein Boot und seine Freunde ein und fährt in die Cascade Lakes. Schnell ist das Handy mit entsprechenden Fotos gezückt – wir sind überzeugt. Noch dazu, wo der Weg dorthin über eine landschaftlich besonders reizvolle „Scenic Route“ führt. Campen könnten wir dort überall am Wegrand, meint er – nur Feuer machen sei derzeit verboten, wegen der hohen Waldbrandgefahr.
Wir landen schließlich am Crane Prairie Reservoire, nicht weit weg vom Ursprung des berühmten Dechutes River. Das Thermometer zeigt 23 Grad Fahrenheit. Wir rechnen um – es sind -5 Grad Celsius... kein Wunder, dass es uns fröstelt. Gleich bei Sonnenaufgang kriechen wir aus unserem super leichten Reisezelt zurück ins Auto. „Ungewöhnlich kalt für die Jahreszeit“, sagt auch die Dame vom Wohnmobil nebenan. Ich bin unheimlich froh über die Sitzheizung in unserem Mietauto – was für ein Luxus!
Fischen am East Lake
Auf dem Weg zum Newberry Crater National Monument (rund 1h mit dem Auto von den Cascade Lakes entfernt) liegt der Nebel noch dicht über dem Boden. Fast gespenstig schaukelt bei unserem Frühstücks-Stop ein mit Raureif bedecktes kleines Belly Boat im Wasser. Dem Besitzer ist wohl doch noch zu kalt. Unsere Eierspeise schmeckt und wärmt fast so gut wie die Sitzheizung.
Beim East Lake mieten wir ein Elektroboot für einen halben Tag um 50 USD. Das schlägt ein ziemliches Loch in unser Reisebudget, aber wir werden auch reich belohnt: Nämlich indem zwei schöne Brown Trouts (Bachforellen) anbeißen – auf den Walmart-Köder mit dem schönen Namen „Flickershed“ ist Verlass. Den größten Fisch hab ich leider verloren – nicht so schlimm, für den müssen wir also irgendwann wiederkommen. Die zwei anderen braten wir mit etwas Geschick am Gaskocher.
Weitwanderer-Sehnsuchtsort Crater Lake
Ein weiteres der sieben Wunder Oregons – der Crater Lake – liegt im Oregon-Nationalpark, übrigen dem einzigen im Bundesstaat. Wir zahlen die Maut und fahren stetig bergauf – durch ein Gebiet, in dem noch vor einigen Tagen die letzten Wildbrände gewütet haben. Und dann stehen wir plötzlich am Rand des Vulkankraters in dem der 600 Meter tiefe See liegt. Für alle, die die Verfilmung des Romans „Der große Trip – Wild“ mit Reese Whiterspoon im Kino gesehen haben, kein ganz unbekannter Anblick. Hier führt der berüchtigte Pacific Crest Trail vorbei – ein Weitwanderweg, der in Mexiko seinen Anfang nimmt und entlang der US-Westküste bis nach Kanada verläuft.
Oregon wilde Pazifik-Küste
Die verbleibenden Tage unserer Reise werden weniger und uns lockt das Meer. Die wildromantische Pazifik-Küste Oregons wollen wir zum Abschluss der Reise unbedingt noch genießen.
In den Hafenstädten wie Florence, Newport oder Cannon Beach finden wir vor allem eins: köstliches Fish-Take-Aways. Die Cocktailsauce, die hierzulande aus einer Mischung aus Ketchup und Kren besteht, ist ebenfalls vorzüglich. Neben dem Meeresrauschen geben hier oft die Seelöwen den Ton an. Dutzende liegen auf den Anlagestellen im Hafen und grunzen und kreischen vor sich hin. Wir stoppen und staunen.
Schluchten-Abstecher
Bevor es ins hippe Portland geht, wo wir uns nach dreiwöchiger Reise von unserem Mietwagen verabschieden, fahren wir noch entlang des Columbia River Gorge. Von den vielen Stops am Wegesrand dieser „Scenic Route“ ist vor allem die Oneonto Gorge gut besucht. Meist in Bikinis und Bordshorts, denn das Ende der Schlucht ist nur zu erreichen wenn man eine tiefe Stelle quert. Für Kletterer ein Klacks, mit Flipflops hingegen eine Herausforderung. Am Ende werden wir mit einem Wasserfall belohnt und mit dem Gefühl, ein kleines Stück Fluss erforscht zu haben.
Nicht weit entfernt liegt Mount Hood – Sommer wie Winter ein beliebter Berg zum Wandern bzw. Skifahren. Die Portlander lieben auch einfach nur seinen Anblick, auf dem Unterkunfts-Portal Airbnb sind Zimmer mit Mt.-Hood-Blick extra ausgeschildert.
Zum Abschied bestätigt Oregon dann doch noch sein Vorurteil und es schüttet wie aus Eimern. Als wollte der Staat alle Besucher von sich fernhalten. Tja, nicht geglückt, liebes Oregon. Wir haben dich und deine mehr als nur sieben Wunder entdeckt – und befunden: Dich empfehlen wir weiter.
Infos und Adressen: Oregon, USA
- Beste Jahreszeit: Juni bis August
- Reisedauer: für ein paar Tage Portland und einen Roadtrip sollte man mindestens 2 Wochen einplanen
- Anreise: Condor fliegt zweimal die Woche nonstop von Frankfurt nach Portland. Delta Airlines über Amsterdam.
- Camping: Webseite der State Park Campingplätze (mit Online-Reservierung)
- Allgemeine Reiseinformationen: Travel Oregon
- Shops für Outdoor-Liebhaber: Danner: Wanderschuhe aus Leder, Polerstuff: Hippe Outdoor-Mode, Swood Shop: Coole Sonnenbrillen aus Holz.
- Routen und Ziele: gratis PDF
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