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Atemlos durch die Nacht

Menschen

2 Min.

23.01.2017

Foto: Martin Kreil

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von Harald Nachförg

Viii-va Colooonia! Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust! Warum es bei Hüttenkrachern mit unserem Autor verlässlich durchgeht.

Seit wann hasst du Skihütten?, fragte mich die Geliebte nougatlikörsüß, aber verschlagen wie die Schlange Kaa im „Dschungelbuch“. Sie hatte meine Kolumne in der vorigen Ausgabe gelesen, und noch ehe sie mir Zeit zum Herumstottern ließ, fixierte sie mich auch schon mit hypnotisierendem Blick und schalmeite: Schreib doch die Wahrheit, mein Liebling! So schreib sie doch!

Na gut, ich bin zu schwach, um mich ihren Befehlen zu widersetzen. Erzähl ich eben auch die andere Wahrheit. Denn gelogen hab ich ja nicht, als ich sagte, Skihütten sind nix für mich. Also diese Autobahnraststätten. Die anderen aber, in denen man sich zum Après-Ski trifft – vielleicht sogar schon mittags –, die ziehen mich leider an wie das Licht die Motte.

Nicht wegen des Alkohols, das muss ich betonen. Der ist nur eine Nebenerscheinung. Es liegt an der Musik. Sie verwandelt mich. Möglicherweise hab ich da was von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, oder vielleicht bin ich auch nur sehr, sehr einfach gestrickt – aber bei Hüttenkrachern, da legt sich ein Schalter um.

Weil: Da simmer dabei! Dat is priii-i-ma! Viii-va Colooonia! Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust, wir glauben an den lieben Gott und ham auch immer Durst...

Äh… Verzeihung, jetzt ist es mit mir durchgegangen. Aber ich kann das auswendig und mich wie gesagt nicht beherrschen. Es ist wie ein Zwang. Als hätte ich – Alice? Alice? Who the fuck is Alice?  – das Tourette-Syndrom.

Oder als wäre ich sonst irgendwie nicht bei Sinnen. Selbst in der Warteschlange vorm Lift noch ein Sir, mutiere ich bei Komm, hol das Lasso raus  oder Joana zum grunzenden Neandertaler.

Ich kann auch all die sensiblen Musikliebhaber gut verstehen, die mit entblößtem Oberkörper und Skischuhen oben am Tresen entlangtaumeln. Die Gefühle reißen einen einfach mit. Du hast mich tau-sendmal be-logen… zum Beispiel. Freunde, das singt man nicht aus Spaß, da gehört man zu den Unglückseligen dazu!

Das geht ans Herz. So wie wenn du hinaufschaust und oben den weißen Kondor einsam ziehen siehst. Da schwenk ich dann auch das Feuerzeug und brülle ergriffen: Sie-rra, Sie-rra Maaaa-a-dre. Oh, oh, Sie-rra…

Der Meinigen ist das natürlich peinlich – einerseits. Andererseits: Ein Steaaaaan, ihr persönlich gewidmet, und sie schmilzt dahin wie Schnee in der Sonne. Erst recht, wenn es vom Skilehrer gekrächzt wird (singen kann man das ja nicht nennen).

Das sollte ich einmal machen. Kokett lächeln, wenn mir so eine bärige, tief dekolletierte Kellnerin das Bier hinstellt, während es Eine Frau, die mich nach Hause trägt und sich mit mir schlafen legt spielt.

Beziehungstechnisch muss man ja furchtbar aufpassen. Bei Heeee-e-ey Baby! Uuuuh, ahhhhh, I wanna beeee your määään! zum Beispiel empfiehlt es sich, ausschließlich in Richtung der eigenen Frau zu grölen. Man erspart sich dadurch lange Diskussionen zu Hause, glauben Sie mir.

Ich hab mir mittlerweile sogar abgewöhnt, Atemlos durch die Nacht zu trällern. Nicht weil ich stimmlich nicht so hoch raufkomm, sondern weil Madame auf die Helene Fischer reagiert wie komischerweise viele Frauen.

Da spielt’s schnell Granada, wenn man wegen der glasige Augen kriegt. Und dann kannst du mit Wolfgang Petry heulen: Wahn-sinn, warum schickst du mich in die Hö-lle, Hölle, Hölle, Hölle?

Zum Autor: Harald Nachförg, geboren 1961 in Wien, ist Kolumnist, Autor und leidenschaftlicher Wanderer mit leichtem Hang zum Fehltritt. Seine Kolumne „Abwärts mit Nachförg“ erscheint seit 2015 regelmäßig im Bergwelten-Magazin, wo er mit viel Witz und Freude erzählt, worüber er so stolpert auf seinem Weg zum Gipfel.


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