Das Beste aus Italien: Bergsteigen im Trentino
Foto: Christina Geyer
von Christina Geyer
Im Trentino versammelt sich das Beste aus Italien: Richtig gute Geschichten, richtig gute Küche, richtig guter Wein – und natürlich: richtig schöne Berge. Die Geschichte eines Bergwanderführers, der das Trentino als Nabel der Welt bezeichnet.
Es war wohl Bestimmung, dass Oliviero Smaniotto Bergwanderführer geworden ist. Schon als kleines Kind übten die Berge eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. Zwei Mal verirrte er sich damals und musste allein im Freien nächtigen. Beim ersten Mal war er gerade sechs, beim zweiten Mal acht Jahre alt. Angst habe er damals keine gehabt, erzählt Oliviero. Unter einem Baum liegend fühlte er sich sogar ziemlich sicher und geborgen: „Der Baum war wie meine Papa“.
Mittlerweile ist Oliviero seit über 40 Jahren Bergwanderführer – und verirrt sich glücklicherweise nicht mehr. „Ich war eine Bandito! Ich bin immer noch eine Bandito, die größte von allen!“, lacht er. In Olivieros Augen ist aber eigentlich jeder ein Bandito: Seine Hunde, die beide Lupo heißen, folgen nicht augenblicklich? Banditi! Seine Nachbarn schielen auf ein weiteres Glas Lagrein? Banditi!
Oliviero ist ein großer Geschichtenerzähler. Für jede Situation hat er die passende Anekdote parat. Und er hat einen starken Willen. So schnell redet man diesem Mann nichts aus. Mit schelmischem Blick umreißt Oliviero frech die Grundzüge seines Charakters: „Ich bin eine demokratische Diktator. Zuerst frage ich, dann mache ich was ich will!“. Er ist Vollblut-Italiener. Sein Herz gehört dem Trentino, obwohl er im Zuge der Neuansiedlungen in Südtirol geboren wurde – „aber nur geboren“, wie er beharrt. Das Trentino ist seine wahre Heimat, der „Nabel der Welt“, wie sich der Bergwanderführer sicher ist.
Vor über 14 Jahren gründete er schließlich ein Bergwanderhaus in Garniga Vecchia, einem verschlafenen Nest hoch über Aldeno bei Trient. Nach zwei Tagen kennt man hier bereits sogut wie alle Bewohner. Die Liebe hat Oliviero vor vielen Jahren nach Garniga Vecchia geführt: Marina Smaniotto, seine Frau, stammt von hier. Das Bergwanderhaus ist ihr Elternhaus. Mittlerweile hängt Oliviero mehr daran als Marina. Er plant bereits die Eröffnung eines zweiten Bergwanderhauses. „Mein Welt ist hier hier!“, sagt er.
Frisch aus den Bergen
Aber ohne Marina läuft gar nichts. Sie ist die gute Seele des Hauses und eine begnadete Köchin. In ihren Töpfen landen Zutaten, die Oliviero von seinen Streifzügen durch die Trentiner Berge mit nach Hause bringt. „Ich bin keine Bauer“, sagt Oliviero. Er hat Recht. Zwar produziert er sein eigenes Olivenöl und einen herrlichen Lagrein, aber eigentlich ist Oliviero ein ewiger Jäger und Sammler. Jäger ist er wirklich, jeden freien Tag nutzt er für die Jagd mit seinen Lupos. Und Sammler ist er auch wirklich, weil er sich verdammt gut auskennt und kein noch so unscheinbares Kraut seinem Blick entgeht.
Bei der Überschreitung der „Tre Cime del Bondone“ (Drei Zinnen von Bondone), dem „Herzstück von Monte Bondone“, wie Oliviero sagt, findet er wilden Spinat, aus dem Marina abends „Strangolapreti“ zaubert: Ein Gericht aus dem 16. Jahrhundert, das übersetzt soviel wie „Priesterwürger“ heißt. Es soll so gut schmecken, dass sich seinerzeit regelmäßig Priester daran überaßen – und erstickten. Wir kosten. Und verstehen.
Tre Cime del Bondone
Es ist die Tour in der Berggruppe Bondone-Stivo: Die Überschreitung der Drei Zinnen am Monte Bondone, dem Hausberg von Trient. Seine drei Gipfel, bestehend aus dem Monte Cornetto (2.180 m), dem Doss D'Abramo (2.140 m) und der Cima Verde (2.102 m), zeichnen sich durch ihre außergewöhnliche Schönheit aus, die zwischen sanfter Hochebene, sattgrünen Bergrücken und schroffem Fels changiert.
Die Tour im Detail:
Tre Cime del Bondone
Eine Katze läuft durch die offene Haustüre hinein ins Haus. „Bandito!“, entfährt es Oliviero – wieder einmal. Schulterzucken, ein Schluck Lagrein. „Egal. Meine Haus steht allen offen.“ Marina stellt der Katze eine Schüssel mit Futter hin. „Meine Frau ist heiliger als San Francesco!", lacht Oliviero. Am nächsten Tag wird er wieder mit seinen Lupos in die Berge aufbrechen, Kräuter sammeln und Geschichten erzählen. Bestimmt wird darin zumindest auch ein Bandito vorkommen.
Infos und Adressen: Garniga Vecchia, Trentino (Italien)
Anreise: Aus Trient rund 30 Minuten mit dem Auto nach Garniga Vecchia.
Bergwanderhaus: Informationen und Termine rund um einen Aufenthalt bei Oliviero und Marina Smaniotto findet ihr hier oder über ASI Reisen.
Touren rund um Garniga Vecchia:
Garniga Vecchia zur Chiesa di S. Osvaldo
Lago di Cei
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