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Spaltenrettung II: Seilrolle

Wissenswertes

3 Min.

27.04.2017

Foto: argonaut.pro

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von Peter Plattner

Im zweiten Teil unserer Serie zur Spaltenrettung stellen die Sicherheitsexperten Peter Plattner und Walter Würtl die Seilrolle – auch bekannt als „Lose Rolle“ oder „Österreichischer Flaschenzug“ – zur Bergung eines Gestürzten vor.

Der Mannschaftszug als einfachste und schnellste Spaltenrettung funktioniert nur, wenn mindestens 3-4 Personen „mitziehen“. Im Gegensatz dazu reicht bei der Seilrolle, einem einfachen Flaschenzugsystem, bereits die Kraft einer Person aus. Sie funktioniert:

  • ... auch bei einer Zweierseilschaft.
  • ... allerdings nur, wenn genügend Seilreserven zur Verfügung stehen. Das Restseil an der Oberfläche muss ausreichen, um zum Gestürzten hinunter und wieder hinauf an den Spaltenrand zu führen. Eine Zweierseilschaft muss also circa jeweils den doppelten Seilabstand zum Partner (im Rucksack) zur Verfügung haben.
  • ... nur wenn der Retter bis ganz an den Spaltenrand vorgehen kann und der Gestürzte fähig ist den heruntergelassenen Karabiner in seinen Gurt einzuhängen.
  • ... auch für einen schwächeren Retter, wenn der Gestürzte beim „Hochziehen“ mithilft oder wenn andere Personen oben beim Ziehen helfen.

1. Sturz halten und Verankerung aufbauen

Nachdem man den Sturz gehalten hat, gilt es eine solide Verankerung aufzubauen. Welche Methode man wählt richtet sich nach den Schneeverhältnissen und dem mitgeführten Material. Die besten Haltekräfte werden mit einem T-Anker erreicht: Pickel oder Ski werden rechtwinkelig zur Belastungsrichtung in den Schnee eingegraben, die mit einem Ankerstich daran fixierte Bandschlinge schaut aus dem Schnee heraus und kann belastet werden.

Bei einer Zweierseilschaft muss diese Verankerung während des Haltens der gestürzten Person hergestellt werden – nicht ganz einfach, aber mit etwas Übung (oder wenn die Bremsknoten einschneiden) meist kein Problem. Ist man in einer Dreier- oder Viererseilschaft unterwegs, so übernimmt die hintere Person den Großteil der Haltearbeit, während die vordere Person die Verankerung einrichtet.


2. Last übertragen

Am gespannten Seil zum Gestürzten wird nun eine Reepschnur mittels Klemmknoten („Prusik“) eingeknüpft und diese am besten direkt in die Bandschlinge der Verankerung mit einem Sackstich eingebunden oder alternativ mit einem Verschlusskarabiner dort eingehängt. Nun gibt man behutsam dem Seilzug zum Gestürzten nach, bis der Prusik der Reepschnur „greift“ und so die ganze Last auf die Verankerung übertragen wird.


3. Verankerung verbessern

Sobald das Gewicht des Gestürzten auf die Verankerung übertragen ist, geht der (falls vorhandene) Hintermann nach vorne und verbessert die Verankerung, indem er sich auf den T-Anker stellt. Er muss sich dort mittels Reepschnur/Bandschlinge selbst sichern, weil er sich aus dem Hauptseil ausbinden muss – dieses wird nämlich als Restseil für die weiteren Schritte benötigt. Ist man alleine und von der Qualität der Verankerung nicht restlos überzeugt, kann zum Beispiel noch eine weitere Verankerung aufgebaut und mit der ersten verbunden werden.

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4. Vorgehen zum Spaltenrand

Um gesichert zum Spaltenrand vorgehen zu können, legt der „Retter“ eine zweite Reepschnur (circa 3 m) in der Mitte mit einem Prusikknoten an das lose Restseil. Klassischer Fehler: den Prusik an das gespannte Seil knoten!

Ein Reepschnurstrang, der aus diesem Prusik kommt (die Selbstsicherung), wird nun armlang direkt oder mit einer Sackstichschlinge und einem Verschlusskarabiner in den Hüftgurt eingehängt. Jetzt kann sich der Retter aus dem Hauptseil aushängen und dieses mittels Achterschlinge und Verschlusskarabiner redundant zur Lastübertragung in die Verankerung einhängen. Der Retter kann nun den Prusik am losen Seil mitschiebend gesichert zum Spaltenrand vorgehen.


5. Bergung

Dort angekommen nimmt der Retter Kontakt mit dem Gestürzten auf und bereitet den Spaltenrand vorsichtig für die Bergung vor, indem er den überhängende Schnee in kleinen Portionen „abtretet“. Anschließend hängt der Retter einen Verschlusskarabiner in eine Seilschlinge des Restseils ein und lässt diesen zum Gestürzten hinunter. Dieser hängt den Karabiner in seinen Anseilring ein und verschließt ihn – damit ist eine „Seilrolle“ eingehängt.

Am Seil, das von diesem Karabiner hinaufführt, wird jetzt mit dem zweiten (freien) Reepschnurstrang eine Rücklaufsicherung mittels gestecktem Prusik oder einer Seilklemme (zum Beispiel Tibloc) angelegt. Damit ist das System fertig aufgebaut und die Bergung kann beginnen:

  • Der Retter positioniert sich stabil kniend im Schnee und stimmt seine Selbtsicherung optimal ab.
  • Er spannt die hinuntergelassene Seilschlinge – die Seilrolle – und schiebt die Rücklaufsicherung nach vorne.
  • Nun gibt er ein lautes Zugkommando für den Gestürzten. Auf „Ho-Ruck“ zieht er an der Seilrolle nach oben und blockiert die gewonnene Strecke sofort, indem er die Reepschnur mit der Rücklaufsperre nach vorne schiebt.
  • Mithelfen, also Ziehen, kann der Gestürzte am besten an dem Seil, das bei der Bergung locker wird – gleichzeitig kann er es dabei auch aus dem eingeschnittenen Spaltenrand befreien.

Je nach Reibung muss durch das Flaschenzugprinzip etwas mehr als die Hälfte des Gewichts des Gestürzten gezogen werden – eine optimale Abstimmung der Reepschnurlängen (Selbstsicherung und Rücklaufsperre), eine ideale „Zugposition“ (mit den Oberschenkeln arbeiten, nicht aus dem Kreuz heraus) und eine gute Zusammenarbeit zwischen Mannschaft und gestürzter Person erleichtern das Unterfangen ungemein!


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