Von Einsamkeit am Berg und grenzenloser Freiheit
Eigentlich ist Einsamkeit ja nichts, was man sich wirklich wünscht. In den Bergen aber ist das anders. Da genießen wir es, allein inmitten von endlosen Gipfelketten zu wandeln. Das hat gute Gründe.
Es gibt viele Gründe dafür die Berge zu lieben. Einer davon ist die Abgeschiedenheit in der Natur, fern von Zivilisation und Bequemlichkeit. Dieser Umstand ist umso erstaunlicher, als die Einsamkeit nicht unbedingt den besten Ruf genießt und für gewöhnlich eher gemieden als bewusst aufgesucht wird.
Am Berg scheint sich die Einsamkeit hingegen in etwas Positives zu verwandeln, etwas, das man nicht mehr flieht, sondern gutheißt. Der Begriff der Einsamkeit ist zu Unrecht negativ besetzt, denn nicht jeder, der allein ist, muss sich darum auch gleich einsam fühlen. Im Gegenteil. Die Einsamkeit geht nicht selten mit einem vielfach intensiveren Erleben einher als die Geselligkeit. Es hat schon einen Grund, warum sich etliche bedeutende Denker in die Abgeschiedenheit flüchteten und ihre Philosophie um die Einsamkeit entsponnen.
Michel de Montaigne (1533-1592) etwa zog sich für ein ganzes Jahrzehnt lang aus der Welt zurück, um sein Leben auf sich selbst und auf die Ruhe zu richten. Friedrich Nietzsche (1844-1900) atmete gar „mit seligen Nüstern“ die „Berges-Freiheit“ in der Einsamkeit, die er immerhin „Heimat“ nannte. Und auch Epikur (341 v. Chr.-271 v. Chr.) lehrte in der Abgeschiedenheit seines Gartens, dass „der größte Gewinn der Selbstgenügsamkeit“ die Freiheit sei.
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Warum steigen wir auf Berge?
Freiheit scheint, wie Epikur bereits vor knapp 2.500 Jahren erkannte, eng mit der Einsamkeit verflochten zu sein. Und das ergibt durchaus Sinn. Wer allein und darüber hinaus auch noch glücklich sein kann, bleibt unabhängig von äußeren Einflüssen, ist sich also gewissermaßen selbst genug. Das erschließt schier grenzenlose Freiheit – wer sich in der Einsamkeit entfalten kann, braucht sie auch nicht mehr zu fürchten.
Besonders tief scheinen die Erlebnisse der Einsamkeit in der Natur zu gehen. Allein auf einem Stein zu sitzen und den Blick über die Gipfel der Berge schweifen zu lassen, ja, das eröffnet ungeahnte Tiefen des persönlichen Erlebens. In der Einsamkeit gibt es keine Ablenkungen, die Natur genießt unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Allein zu sein heißt darum auch, bewusst wahrzunehmen – etwa die Berge, die ganz unabhängig vom Menschen existieren und uns nicht zuletzt daran erinnern, worauf es wirklich ankommt.
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Vom Denken über die Berge