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Jakob Horvat: „Ich habe keinen einzigen Reiseführer gelesen“

Menschen

6 Min.

02.04.2019

Foto: Jakob Horvat/ thousandfirststeps.com

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von Martin Foszczynski

Der Fernsehjournalist Jakob Horvat machte 14 Monate Pause vom Alltag und trampte durch die Welt. Zurückgekehrt ist er als anderer Mensch und voller tiefgreifender Erlebnisse, die er in seinem kürzlich erschienenen Buch schildert. Wir haben mit ihm über seine Reise (zu sich selbst) gesprochen und verlosen 3 Exemplare von: Weltnah. Raus aus der Komfortzone, rein ins Leben.

Er war zufrieden mit seinem Leben: erfolgreich im Job, ein komfortabler Alltag und viele gute Parties. Doch immer fehlte etwas, sein Ego war ständig auf der Suche nach mehr, gesteht der 1986 in St. Pölten geborene Weltenbummler. Gegenwärtig trinkt er keinen Alkohol mehr, meditiert täglich und unterrichtet Yoga. Es war eine abenteuerliche Reise um die Welt, die diesen Lebenswandel bewirkt hat. Er trampte durch Europa, segelte nach Amerika, stellte sich immer wieder bewusst seinen Ängsten, machte Platz für Veränderung. Und begegnete Menschen, die die Welt ein bisschen besser machen.

Bergwelten: Was hat dich dazu bewogen, deinen Job als TV-Journalist vorübergehend an den Nagel zu hängen und 14 Monate durch die Welt zu trampen?

Jakob Horvat: Als Innenpolitikjournalist habe ich das Jahr vor meiner Abreise größtenteils damit verbracht, über die Flüchtlingsbewegung und ihre Folgen zu berichten, über die Angst vor Fremden. Ich spürte die Enge meines geregelten Lebens und wollte hinaus in die Welt, um mit der Fremde auf Tuchfühlung zu gehen, so viele Menschen kennenzulernen wie möglich und mich vom Leben überraschen zu lassen. Da kam mir gemeinsam mit einem Freund aus Norwegen die Idee, per Anhalter von Wien nach Amerika zu reisen.

Wie viele Länder hast du im Zuge deiner Reise besucht?

Insgesamt habe ich 13 Länder auf vier Kontinenten und 13 Inseln bereist.

Du bist über den Atlantik gesegelt, warst im Dschungel und in der Wüste unterwegs. Was war dein größtes Abenteuer?

Die Atlantiküberquerung auf einem 13-Meter-Katamaran war schon das größte Abenteuer, das mir auch wirklich Angst gemacht hat. Ich war ja blutiger Anfänger im Segeln und dann steh ich kurz davor, knapp 5.000 Kilometer in die Karibik zu schippern und einem Skipper mein Leben anzuvertrauen, den ich kaum kenne, auf einem Boot, von dem ich nichts verstehe. Als wir dann aus dem sicheren Hafen Teneriffas ausgelaufen sind, waren die Ängste kleiner geworden, umso größer mein Abenteuergeist und meine Neugierde auf das, was vor uns liegt. Zehn Tage lang habe ich kein anderes Schiff und kein Flugzeug gesehen. Ich war so fasziniert von der Weite des Ozeans und dieser völligen Abgeschiedenheit da draußen. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Sonne ginge nur für uns auf und unter, weil niemand sonst das Schauspiel sehen konnte. Die Natur hat mich immer wieder tief berührt. Das hat mich sehr demütig gemacht und dankbar fürs Leben.

Wurde es jemals gefährlich? Hast du dich mal soweit aus deiner Komfortzone herausgewagt, dass dich die Angst überkam?

Wirklich heikel war es nur ein Mal: Auf dem Napali Coast Trail, einer 2-Tages-Wanderung im Nordwesten von Kauai. Ich habe mich verlaufen und wollte mir das nicht eingestehen. Bis ich mich in einem Steilhang an rotem Sandstein festhielt, der plötzlich weg bröckelte und zwanzig Meter weiter unten in den Abgrund stürzte. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr vor und nicht mehr zurück zu können. Da überkam mich die Panik. Zum Glück hatte ich einen Wanderstock dabei, mit dem ich mich vorsichtig zurück balancieren konnte.

Du reist mit einem sehr journalistischen Blick und interessierst dich für Lebensumstände der Menschen. Was hat bei dir den größten Eindruck hinterlassen?

Es hat mich tief berührt, wie viele Menschen da draußen ihr Leben in den Dienst anderer stellen, etwas beitragen zum größeren Ganzen, ganz gleich in welchem Teil der Welt. Ein 66-jähriger Kolumbianer zum Beispiel, der mit 150 Dollar pro Monat ein Altersheim für zwölf Obdachlose unterhält – seit über 35 Jahren. Einer, der selbst fast nichts hat, gibt sein Leben, um anderen zu helfen. Oder die Begegnung mit indigenen Menschen im Amazonas-Regenwald, wo ich mich so fremd gefühlt habe wie nie zuvor und dann – bei näherer Betrachtung – festgestellt habe, dass wir so viel mehr gemeinsam haben, als mir scheint.

Was war das schrägste Erlebnis auf deiner Reise?

In Agra haben mich drei Inder zum Abendessen eingeladen, einem von ihnen lag daran, mir danach noch seine Familie vorzustellen. Am Ende des Abends saß ich auf dessen Couch, rundherum eine indische Großfamilie, aufgefädelt im Halbkreis und mit Blicken, als wäre ich gerade vom Himmel gefallen. Es war das erste Mal, das ein Ausländer in ihrem Wohnzimmer sitzt. Neben mir der Hausherr, der mir stolz das Hochzeitsalbum seiner Tochter zeigt. Die Tochter stand daneben, lächelte verlegen und sagte kein Wort.

Was hat die Reise mit dir gemacht? Bist du als anderer Mensch heimgekehrt bzw. haben sich deine Zukunftspläne geändert?

Ich habe die Reise begonnen als jemand, der von seinem Ego getrieben ist und sein Glück permanent in der Außenwelt gesucht hat. Als ich in Kalifornien an einem mentalen Tiefpunkt angelangt war, mich Selbstzweifel überkamen und innere Leere, ist mir Yoga passiert. Eine Reise nach innen hat begonnen und das hat nicht nur den weiteren Reiseverlauf verändert, sondern mein Leben an sich. Ich bin ruhiger geworden und entspannter, mein Leben hat an Tiefe und an Bewusstsein gewonnen. Ich kann heute mehr zu meinen Fehlern und Schwächen stehen und urteile auch weniger über andere. Ich habe meine Arbeitszeit beim ORF reduziert und versuche, nichts mehr zu kaufen, was ich nicht brauche. Ich unterrichte Yoga, meditiere täglich und trinke für ein Jahr keinen Alkohol mehr.

Mich würde besonders interessieren, wie Indien auf dich gewirkt hat. Es gilt seit jeher als „Selbstfindungs-Ziel“ – viele, die einmal dort waren, wollen aber kein zweites Mal hin.

Ich glaube, der Unterschied zwischen denen, die Indien lieben und denen, die kein zweites Mal mehr hinwollen, ist der Grad der Offenheit. Indien hat mich dann genervt und verstört, wenn ich mit meiner Erwartungshaltung an der schrillen und teils überwältigenden Realität abgeprallt bin. Immer dann, wenn ich es schaffte, das Land so zu sehen, wie es ist und den Menschen ihr Anderssein zuzugestehen, hat mich Indien verzaubert und mir heilsame Einsichten geschenkt. Einer meiner Lieblingsautoren, Andreas Altmann, hat es sehr treffend formuliert: „Indien ist ein gigantischer Spiegel. Jeder darf hineinblicken und sich anschauen. Wer das Land im selben Zustand verlässt, wie er es betreten hat, kam schon als Leiche.“

Wie hast du dich auf deine Reise vorbereitet? Welche Tipps gibst du Leuten mit auf den Weg, die ebenfalls eine Weltreise machen möchten?

Ich habe mich in erster Linie weitergebildet, indem ich zum Beispiel eine Bootsmesse besucht und das kroatische Küstenpatent erworben habe, um ein paar nautische Basics zu verstehen. Außerdem habe ich kurz vor meiner Abreise ein Schreibseminar besucht und auch viel Vorarbeit in meine Website gesteckt und in meinen Reiseblog Thousand First Steps. Ich habe keinen einzigen Reiseführer gelesen und keine Routen geplant. Ich wollte mich einfach treiben lassen und schauen, was passiert.

Meine Tipps: Plane nur so viel wie unbedingt nötig und so wenig, wie irgendwie möglich. Probiere so viel Neues aus, wie du kannst und gib dem Leben Gelegenheit, dir neue Wege zu zeigen, neue Seiten an dir zu entdecken. Lass deine Vorurteile zu Hause, folge deiner Intuition und… enjoy the ride.

Auch deine Schwester Laura ist eine Weltenbummlerin und hat einen Bus Outdoor-tauglich umgebaut, um mobil leben zu können. Wie kommt es, dass ihr beide so ein Fernweh-Gen in euch trägt?

Laura hat mich schon mit ihren Reisen inspiriert, da habe ich es noch nicht einmal aus Europa raus geschafft. Sie hat mit Anfang 20 einfach mal in Thailand ein Café eröffnet und dann vier Jahre lang dort gelebt. Wir haben eine sehr innige Connection, dafür bin ich sehr dankbar. Wir inspirieren einander zu Abenteuern und mehr Tiefe im Leben und ich glaube, das ist das Schönste, was Geschwister füreinander tun können. Zu meinem Geburtstag hat sie mir ein großartiges Geschenk gemacht: ihren umgebauten Van, ihr Zuhause, für ein paar Wochen im Sommer.

Der Untertitel deines Buchs lautet: „Raus aus der Komfortzone, rein ins Leben“. Wie schwer ist es dir gefallen, wieder in den Alltag der Komfortzone zurückzukehren?

Das war gar nicht leicht und oft auch alles andere als komfortabel. Vor allem mein Job als Innenpolitikjournalist hat mich phasenweise kräftig herausgefordert. Mir fehlte die Weite der Welt und immer wieder wollte ich einfach nur weg. Aber ich habe dann begriffen, dass meine Reise zu Hause weitergeht und einfach abzuhauen Fahrerflucht wäre. Ich habe dann an einigen Schrauben gedreht und mich mit meinen wunden Punkten auseinandergesetzt. Mit diesem neuen Bewusstsein habe ich auch mein Buch „Weltnah“ geschrieben, um meine Erfahrungen zu teilen. Und zu zeigen, was alles möglich ist, wenn man der Welt und dem Leben und vor allem sich selbst vertraut.

Jakob Horvats Webseite: www.thousandfirststeps.com
Jakob auf Instagram: @1000firststeps


Wir verlosen 3 Buch-Exemplare!

Jakob Horvat: Weltnah. Raus aus der Komfortzone, rein ins Leben, 240 Seiten, Hardcover, 22 EUR (A + D), Kremayr & Scheriau, März 2019. Auch als E-Book erhältlich.

Seid ihr neugierig auf Jakob Horvats Buch geworden? Wir verlosen 3 mal 1 Exemplar.

Teilnahmeschluss ist der 14. April 2019. Viel Glück!