Stefan Glowacz: „In der Karibik würde ich durchdrehen“
Foto: Klaus Fengler/Red Bull Content Pool
von Simon Schöpf
Es ist schwer, als Bergbegeisterter Stefan Glowacz nicht zu kennen – ein Jäger des Augenblicks, einer, der Into the Light klettert. Mit dem Namen Stefan Glowacz verbindet man gemeinhin das Extreme, das scheinbar Unmögliche – doch geht auch ein Abenteurer von Weltrang einfach mal gemütlich auf den Hausberg spazieren? Wir haben versucht, die „gemütliche“ Seite von Stefan Glowacz im Gespräch zu finden.
Bergwelten: Stefan, man kennt dich als Mann der Extreme. Geht’s bei dir auch mal gemütlich auf den Berg?
Stefan Glowacz: Da muss ich ein wenig ausholen: Ich bin eigentlich wegen meiner bergbegeistern Eltern zum Bergsteigen gekommen, die waren Wanderer. Wir waren auch jedes Wochenende draußen, aus einem Spaziergang ist eigentlich immer gleich eine satte Bergtour geworden. Mein Vater und ich haben dann irgendwann mal einen Klettersteig gemacht, und das fand ich sofort unglaublich spannend. Mittlerweile ist für mich Wandern Mittel zum Zweck, um ein Ziel zu erreichen, um meine Leidenschaft in der vertikalen Wand ausleben zu können.
Aber einfach nur so spazieren gehen, wenn meine Frau sagt, lass uns mal spazieren gehen: Da grieg’ ich schon Pickel! Kann ich überhaupt nicht ertragen! Einfach so den Berg hochlaufen, das mach ich nicht mehr.
Deine Eltern haben dir die Liebe zu den Bergen quasi vorgelebt. Wie wichtig war für dich dieser Nährboden für Naturbegeisterung?
Extrem wichtig! Ich glaube, dass Eltern immer die größten Vorbilder für ihre Kinder sind und ganz genau Acht geben, was du für eine Leidenschaft hast. Und wenn du deinen Kindern auch vorleben kannst, was es bedeutet, eine Leidenschaft zu haben, die du auch leben kannst, dann ist das ein ganz großes Privileg. Nicht nur für den, der die Leidenschaft lebt, sondern auch für das familiäre Umfeld, das daran partizipiert! In gewisser Weise will man die Kinder dazu angehalten, selbst nach ihrer eigenen Leidenschaft zu suchen, ihrer eigenen Identität.
Du hast ja selbst Drillinge zu Hause. Fruchtet das bei denen?
Also klettermäßig überhaupt nicht (lacht)! Das ist auch gut so, und das muss man dann akzeptieren. Wenn man selber so eine extreme Leidenschaft hat, dann ist es glaub ich ganz natürlich, dass sich Kinder dann was eigenes, was Neues suchen, damit sie sich nicht immer mit den Alten messen müssen. Weil es ja immer heißt „du bist doch der Sohn von ...“, da hätt ich auch keine Lust drauf!
Für mich war es nur immer wichtig, dass meine Kinder sehen was es heißt, eine Leidenschaft zu haben. Meine Jungs sind begeisterte Skifahrer und Freestyler, haben ihnen Spaß und sind in einer guten Szene drin, sind draußen. Das ist das Wichtigste.
Hast du eine spezielle Lieblings-Bergregion?
Jeder Berg hat halt seinen eigenen, ganz besonderen Reiz! Für mich ist die Verdon-Schlucht in Frankreich so ein Rückzugsort, eine Oase, in die ich gerne zurückkehre und meine Seele baumeln lasse. Ich glaube, das ist bei jedem Menschen so, dass es einen bestimmten Ort gibt, an dem man einfach das Gefühl hat, nach Hause zu kommen. Bei mir kommt dieses Gefühl in der Verdon-Schlucht.
Und eine Lieblingstour?
Das Oberreintal! Das ist zwar der Ausgangspunkt für ganz viele alpine Sportklettereien, wo ich auch als Alpinkletterer groß geworden bin, aber dort gibt’s auch eine wunderschöne Hütte! Die Oberreintalhütte ist die schönste Hütte der Welt, für mich persönlich zumindest. Mit dem Hüttenwirt, dem Bader Hans, und der Landschaft, das passt da alles zusammen. Weißt du, wenn’s dann oben so ums Eck rumkommst, dann ist das so ein Highlight, das ist einfach immer wieder sehr sehr schön. Ich fahr dann mit dem Mountainbike die Forststraße hoch, versteck’ es dann im Wald und wandere zu der Hütte hoch. Das hab ich früher immer wieder gemacht, auch ganz alleine und im strömenden Regen, weil es für mich so ein symbolisches Gebiet ist.
Videoportrait: Oberreintalhütte
Gibt’s auf der Hütte dann ein Lieblingsschmankerl?
Auf der Oberreintalhütte muss man ja selber kochen, aber wenn dann ist es halt das klassische Bergsteigeressen, Spaghetti oder irgend eine Suppe, das schmeckt ja dann alles. Wenn man vorher viel gemacht hat, da schmeckt dann sogar das Stamperl Schnaps, das sie einen hinstellen!
Gibt’s für Stefan Glowacz auch einen Schicksalsberg?
Ja, da gibt’s viele Schicksalsberge! Momentan ist es die Schwarze Wand im Höllental, wo wir schon seit über 10 Jahren an einer Erstbegehung arbeiten. Wir waren dieses Jahr bestimmt schon 20 Mal an der Höllentalangerhütte im Wetterstein oben um da diese Wand frei zu klettern, aber es hat halt ums Verrecken nicht gepasst. So hat man dann schon immer wieder seine Schicksalswand, zu der man dann oft hinläuft.
Ich bin mir auch sicher, dass es irgendwann eine Schicksalswand geben wird, die auch für immer eine Schicksalswand bleiben wird. Irgendwann wird man an den Punkt kommen wo man sagt, okey jetzt muss da ein Junger ran, der das Zepter übernimmt. Auf das bereite ich mich gerade vor, und die Schwarze Wand ist das beste Beispiel dafür.
Karibik oder Karwendel?
Karwendel, ganz klar!
Gibt’s für Stefan Glowacz auch ein Leben ohne Berge?
Ja, schon! Meine Frau kommt aus der Modebranche und hat mit klettern überhaupt nichts am Hut. Da ist dann auch jedes Jahr ein obligatorischer Strandurlaub am Plan, meistens zu Pfingsten nach Formentera. Zwar eine wunderbare Insel, aber nach zwei, drei Tagen werd’ ich nervös. Da hab ich zwar schon meinen ganzen Trainingsparcours mit und im Wald aufgebaut, aber irgendwie brauch ich dann doch schnell richtige Felsen. Da gibt’s dann auch ein paar Felsen über dem Wasser, wo ich ein bisschen rumbouldern kann, aber einfach so in die Karibik fahren und zwei Wochen rumliegen, da würde ich durchdrehen!
Dann am besten schnell auf in die Berge! Stefan, vielen Dank für deine Zeit und viel Erfolg an der Schwarzen Wand!
Interview: Verdon
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Oberreintalhütte
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