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Tränen im Paradies

4 Min.

20.07.2022

Foto: Akela

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Nach über einem Jahr in Zentralasien, umgeben von hohen Gebirgen und spektakulären Seen, brechen Leander, Maria und Lennox in die Tropen auf, wo sie am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, auf einem Feuerring zu leben. Und sie erkennen: Das Leben im Paradies ist nicht immer paradiesisch.

Japan weckt unsere Neugierde: Weiß gepuderte Geishas, kämpferische Samurai, Klöster, Tempel und Sushi. Wir entdecken all das und noch viel mehr. Das Leben vieler Japaners ist einfach. Sie sind pflichtbewusst, ehrlich und höflich. Während eines 12-tägigen Aufenthaltes in einer kleinen Werkstatt in Kyoto bekommen wir Einblick in japanische Familienverhältnisse. Sofern überhaupt Zeit für Familie bleibt. Durchschnittlich wird 80 Stunden die Woche gearbeitet.

Die Landschaft ist abwechslungsreich und beginnt im Süden hügelig und grün. Je nördlicher man gelangt, desto schroffer wird es. In Japan befinden sich einige der weltbesten Skigebiete, und man kann sie zu leistbaren Preisen besuchen. Danach wird in sogenannten Onsen, japanischen Badehäusern, entspannt.

Für die Kirschblüte reicht die Zeit leider nicht, die Visa laufen ab.

Borneo ist unser nächstes Ziel. Wenige Reisende verschlägt es in diese Ecke Asiens. Wir sind aufgeregt. Die Straßen außerhalb der Dörfer sind gesäumt von dichtem Dschungel. Bei offenen Fenstern nehmen wir während der Fahrt die Geräusche der Tiere wahr, die darin leben. Alles ist riesiger und greller, als wir es kennen. Schmetterlinge, Ameisen, Blumen. Bombastisch! Kein botanischer Garten kann da mithalten.


Bedrohter Urwald

Allerdings sehen wir nach einigen Tagen auch die Defizite und erkennen, dass Borneo ein massives Palmöl-Problem hat. Seit Jahrzehnten wird wertvoller Urwald für Palmölplantagen gerodet. Darin lebende Tiere wie der Orang-Utan, das Markenzeichen von Borneo, werden getötet, verkauft oder versklavt. Nur noch wenige Tiere leben in freier Wildnis.

Island-Hopping in Indonesien ist selbst mit einem Monster wie unserem Camper-Lastwagen Akela einfach. Wir beginnen mit Java. Großstädte wie Jakarta oder Surabaya sind erdrückend – viele Menschen auf wenig Raum. Es ist laut. Enge Straßen, tiefhängende Stromkabel und tausende Scooter machen das Fahren anstrengend. Steht der Lastwagen, sind wir der Mittelpunkt.

Zum Glück gibt es Orte, an denen man der Hektik entfliehen kann. Der aktive Vulkan Mount Bromo oder der Schwefelberg Mount Ijien eignen sich hervorragend dafür. Zweiterer zählt aber auch zu den gefährlichsten Arbeitsplätzen der Welt. Indonesien ist vielfältig, so viel steht fest.

Bali würde die Bezeichnung Perle des Indischen Ozeans redlich verdienen, wenn es nicht mittlerweile zum australischen Ballermann mutiert wäre.
Für die Überfahrt nach Australien haben wir uns einer größeren Gruppe angeschlossen – dafür gilt es einen festgelegten Termin einzuhalten. Wir setzen zunächst über nach Lombok und später nach Sumbawa – mit dem Endziel Timor Leste. Im Vergleich zu Bali sind diese Inseln natürlicher und touristisch nicht so erschlossen. Wir finden einsame Buchten und treffen tolle Menschen. Das Müllproblem ist das gleiche.


Ballermann und einsame Buchten

Bei einem Schnorchelausflug an einem vorgelagerten Riff verschwindet Lennox plötzlich. Wir finden ihn heulend am Strand wieder. Er ist aufgewühlt, weil er befürchtet, dass seine Kinder keine Fische mehr im Ozean sehen werden. Denn dieser ist genauso vermüllt und schmutzig wie das Land rings um uns.

Schon als Baby liebte Lennox das Wasser. Seine Leidenschaft zum Wasser bringt auch uns Eltern der Materie näher. Gemeinsam lernen und recherchieren wir viel über Umweltproblematiken und trudeln dabei in einem verworrenen Strom. Was ist richtig, was falsch? Mit der Zeit beginnen wir Zusammenhänge zu verstehen. Indonesien und das Meer sind uns dabei gute Lehrmeister.

Kurz vor der Verschiffung nach Australien mit der Gruppe platzt der Deal. Was tun? Beim Nachdenken hilft uns eine traumhaft schöne Bucht in Südsumbawa.

Am zweiten Tag werden wir durch heftiges Schaukeln des Trucks geweckt. Zuerst unterstellen wir Lennox, dass er uns mit Gehüpfe wecken wollte. Doch es stellt sich heraus, dass es ein heftiges Erdbeben auf der Nachbarinsel Lombok ist. Indonesien liegt auf einem geologischen Feuerring, der ständig brodelt.


Nachdenklich und aufgerüttelt

Unser neuer Plan sieht eine Verschiffung von Jakarta vor. Also die gesamte Strecke wieder zurück. Das Wetter ist stürmisch, doch unsere Fähre verlässt den Hafen Richtung Lombok.

Kaum sind wir draußen, schließt der Hafen. Das Schiff schwankt bedrohlich, Wasser stürzt herein, Fahrzeuge stürzen um. Wir haben Angst und packen ein Überlebenspaket, bestehend aus Seilen, Trinkwasser und Taucherbrillen, zusammen. Poseidon meint es gut mit uns. Nach sechs Höllenstunden erreichen wir den Hafen von Lombok und parken an einer Tankstelle. Lennox schläft bereits, als Akela plötzlich massiv durchgerüttelt wird. Draußen kracht es laut. Menschen laufen schreiend aus den Häusern. Stromausfall. Blackout. Es herrscht Chaos.

Aus Angst vor einem Tsunami flüchten die Leute in die Berge. Auch wir brechen auf. Der Stellplatz neben der Gastherme ist nicht sicher. Wir halten auf einer freistehenden Wiese und googeln erste Informationen. Ein erneutes Erdbeben der Stärke 7,6, nur wenige Kilometer von der Tankstelle entfernt, wo wir parkten. Heute scheint nicht unser Glückstag zu sein, oder doch? Wir leben noch.

Die schweren Erdbeben der vergangenen Tage fegten ganze Küstenabschnitte weg. Tausende Menschen sind der Katastrophe erlegen oder obdachlos. Hilfe dringt nur schleppend durch.

Der Schrecken der letzten Tage sitzt tief in den Knochen, doch wir müssen weiter. Der Verschiffungstermin rückt näher.

Zurück auf Bali putzen wir Akela fünf Wochen auf Teufel komm raus, um die Einreisebestimmungen für Australien zu erfüllen. In dieser Zeit schnuppert Lennox erstmals Schulluft und stellt dabei fest, dass die „Akela-Schule“ doch nicht so schlecht ist.

Bevor wir den Camper am Hafen abgeben, besuchen wir den Borobudur-Tempel in Yogjakarta. Schwermütig blicken wir über die atemberaubende Anlage. Der Abschied von Asien fällt uns schwer!

In den nächsten Wochen erzählen uns Leander, Maria und Lennox (Akela) auf bergwelten.com regelmäßig von den einzelnen Etappen ihres Weltreise-Abenteuers im Truck – bleibt also dran!

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