Kapellen und Andachtsräume: 4 Hütten zum Anbeten
Foto: Friederike Kaiser / Deutscher Alpenverein
von Christina Geyer
Als gläubiger Christ hat man sonntags dem Gottesdienst beizuwohnen. Zumindest war das noch vor nicht allzu langer Zeit so. Was das mit den Bergen zu tun hat? Nun. Eine ganze Menge. Wir stellen euch 4 Hütten vor, die eine Brücke aus den Bergen direkt in den Himmel schlagen.
„Du sollst den Tag des Herrn heiligen“, mahnt das dritte Gebot. Sonntags gilt es zu ruhen, die Arbeit niederzulegen – und zu beten. Das Problem daran: Gottesfürchtige Bergführer konnten sonntags keine Touren führen. Das bedeutete nicht nur finanzielle Einbußen, sondern auch eine Einschränkung für berghungrige Touristen.
Die Berge oder Gott?
Keine leichte Entscheidung. Sie wurde auch nicht gefällt. Stattdessen fand man einen Kompromiss und errichtete in ausgewählten Hütten Andachtsräume oder sogar angeschlossene Kapellen, in denen am Sonntag frühmorgens schon Messen abgehalten werden konnten. Der angenehme Nebeneffekt: Nachdem man den Herrn ausgiebig gepriesen hatte, konnte man direkt weiter in die Berge starten.
Bis heute zeugen vereinzelte Andachtsräume und Kapellen von dieser Zeit. Beispielsweise in den 4 folgenden Hütten.
1. Gepatschhaus, 1.928 m
Ötztaler Alpen / Tirol
Gepatschhaus
Das Gepatschhaus liegt im hinteren Kaunertal in Tirol und zählt zu den ältesten Alpenvereinshütten Österreichs. Erbaut wurde sie 1873, rund 20 Jahre später folgte der Bau einer kleinen Kapelle. Die erste Trauung auf knapp 2.000 m fand dort 1924 statt. Die Feier anlässlich ihrer Silberhochzeit richtete das Paar aus Waidhofen an der Ybbs übrigens wieder in der Kapelle aus.
2. Becherhaus, 3.195 m
Stubaier Alpen / Südtirol
Becherhaus
Das Becherhaus wurde 1894 unter den Namen Kaiserin Elisabeth-Schutzhaus erbaut, sein späterer Name leitet sich vom Gipfel (dem „Becher“) ab, der die Hütte am Südgrat des Wilden Freigers (3.418 m) beheimatet. 1905 wurde im Zuge baulicher Erweiterungen auch ein Kapellenraum innerhalb der Hütte geschaffen. Das Altarbild zeigt die heilige Muttergottes mit unbeflecktem Herzen, auch bekannt als „Maria im Schnee“ – passend zur schneereichen Umgebung des Becherhauses.
3. Dresdner Hütte, 2.302 m
Stubaier Alpen / Tirol
Dresdner Hütte
Auch die Dresdner Hütte in den Stubaier Alpen erhielt im Zuge baulicher Erweiterungen 1926 einen holzverkleideten Kapellenraum. Er wurde im Heulager unter dem Dach angesiedelt. Ein Jahr später folgte die Weihung, die Sonntagsmesse wurde schließlich wöchentlich von einem Geistlichen aus Neustift gelesen.
Wegen Baufälligkeit musste die Hütte allerdings in den 60er-Jahren samt Kapellenraum abgerissen und durch einen neuen Bau ersetzt werden. Immerhin: Die DAV-Sektion Dresden plant gemeinsam mit der Pächtersfamilie die Errichtung einer neuen Kapelle.
4. Vernagthütte, 2.755 m
Ötztaler Alpen / Tirol
Vernagthütte
Die Vernagthütte liegt im namensgebenden Vernagttal zwischen Guslar- und Vernagtgletscher. 1932 erhielt sie – ebenfalls im Rahmen baulicher Erweiterungen – einen Andachtsraum sowie einen geweihten Altar, der sich in einem schrankartigen Gehäuse verbirgt. Improvisation ist bekanntlich alles und so wurde die Stube kurzerhand auch zum Kapellenraum umfunktioniert.
Tipp
Weitere Informationen rund um das Thema Kapellen und Andachtsräume am Berg sowie viel Wissenswertes rund um Hütten und Wege im Alpenraum findet ihr in der Publikation des Deutschen Alpenvereins, Österreichischen Alpenvereins und des Alpenvereins Südtirol:
7 denkmalgeschützte Hütten in den Alpen
Die Berliner Hütte
Die 7 ältesten Alpenwege
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TV-Tipp: Über den Wolken – Südtirols höchste Schutzhütten
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Die 20 beliebtesten Hütten: Das Becherhaus
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